Die böhmische Braumethode ist sehr alt. Die älteste Urkunde über die böhmische Bierbrauerei ist aus dem Jahre 1086. Freilich hat diese Methode im Laufe der Zeiten so manche Änderungen erfahren, sie bildet aber trotzdem im Großen und Ganzen durch ihren Eigentum etwas Besonderes. Früher wurde das zum Maischen bestimmte Wasser vor seiner Verwendung ein bis anderthalb Stunden gekocht, um es von allen schädlichen Bestandteilen zu befreien. Doch ist man an vielen Orten davon zurückgekommen und mit Recht, denn wenn das Wasser klar ist und keine doppelkohlensauren Salze enthält, ist dessen Kochen nicht notwendig, weil man auch ohne dasselbe ebenso gut klare und haltbare Biere erzeugt.
Das ist ein Auszug aus dem österreichisch-ungarischen Volksblatt für Stadt und Land, politische Zeitschrift aus 1883.
- Begrüßung und Vorstellung heutiges Thema
- Braudoc
- Bayerisches Bier vs. Tschechiches Bier 1. Hälfte des 19 Jahrhunderts
- Bierpause
- Brauverfahren 19 Jahrhundert
- Bayerisches Bier vs. Tschechiches Bier 2. Hälfte des 19 Jahrhunderts
- Bier des Monats
- Quellen:
Begrüßung und Vorstellung heutiges Thema
Paul Und damit herzlich willkommen zur mittlerweile achten Folge Brautag, eurem Podcast über Bier und Braukunst. Und ich würde sagen, ich lehne mich mal so weit aus dem Fenster jetzt schon, dass diese Folge, glaube ich, die Geschichtsnerds unter den Bierkennern und Liebhabern, die werden voll auf ihre Kosten kommen. Ich freue mich mega. Wir haben heute einen super spannenden Gast da. Kommen wir aber gleich zu. Ich würde sagen, es geht um die Braumethoden des 19. Jahrhunderts und den ersten Freak. Den muss ich, glaube ich, gar nicht mehr groß vorstellen. Das ist mein Podcast-Partner, der Florian Erdel. Flo, grüß dich. Wie geht’s dir? Hast du schon ein Bier im Glas?
Flo Hi Paul, grüß dich. Natürlich habe ich ein Bier im Glas. Ein sehr spannendes Bier von einem Hobbybrauer-Kollege, Brauamt Mosbach. Grüße gehen raus an den Matthias. Ein Session-Saison mit der Spooky-Saison von Escarpment Labs [2] vergoren. Richtig schön spritzig, fruchtig. Knochentrocken. Ein sehr schönes Bier, um in den Abend reinzukommen. Und ja, wie du es gesagt hast, heute geht es mit Sicherheit um viele geschichtliche Themen. Deswegen freue ich mich genauso wie du auf die Folge. Aber bevor wir weitermachen, hast du auch was im Glas?
Paul Ich habe auch was im Glas. Ich habe ein recht klassisches, selbstgebrautes, also von mir selbstgebrautes Pale Ale im Glas. Ist quasi nichts Besonderes in dem Sinne, aber einfach nur ein leckerer Durstlöscher. Ein Pale Ale mit einer leichten Citrusnote. Das war’s. Dachte ich, so ein schöner Einstieg. Und ich habe mir aber auch noch ein bisschen was anderes bereitgestellt für die Folge. Ich bin gespannt, was die Folge so bringt und ob die Biere gut passen. Und ich würde sagen, spannen wir euch da draußen nicht weiter auf die Folter, oder?
Flo Genau. Holen wir den dritten Mann für heute Abend ins Boot und begrüßen recht herzlich den Andreas Krennmair in der Runde. Wer ihn nicht kennt, ganz kurz, er ist, ich würde sagen, Bierhistoriker, Buchautor, Blogger und natürlich Hobbybrauer. Aber Andreas, am besten sagst du selbst noch ein paar Worte zu dir, damit die, die dich noch nicht von unserer Community kennen, gleich besser kennenlernen.
Andreas Ja, hallo. Mein Name ist Andreas Krennmair. Ich bin ursprünglich aus Österreich, wohne allerdings seit 14, 15 Jahren in Berlin. Bin in der IT tätig und wie sehr viele ITler bin ich so vor über zehn Jahren ins Hobbybrauen gekommen und hatte eigentlich immer so ein Interesse für Geschichte. Und irgendwann hat sich das verbunden. Ich habe angefangen, da einfach mehr Recherche zu betreiben in irgendwie so geschichtliche Themen und auch darüber zu schreiben, hauptsächlich auf Englisch. Und ja, da sind dann bisher drei, drei selbst verlegte Bücher draus geworden.
Paul Ja, und bevor wir jetzt in die Folge so richtig rein starten, kommen wir noch zu einer Rubrik und zwar dem allseits beliebten.
Braudoc
Zu süß, zu schlank, zu bitter, kein Schaum, oxidiert, kontaminiert. Hier kommt der Braudoc.
Paul Und ich muss zu meiner Schande direkt erstmal was beichten und zwar das Bier, was wir jetzt verkosten werden. Ich habe es eigentlich schon schon mal gekostet. Ich habe es schon mal gekostet. Ich habe es einfach nicht mehr gefunden. Also wenn es noch auftaucht, dann werde ich meine Verkostungsnotizen machen und dann die natürlich noch nachreichen. Bilateral, so würde ich es jetzt mal formulieren. Aber der Flo hat alle Gerätschaften aufgebaut. Er hat das Bier im Glas und kann jetzt auf jeden Fall aus den Vollen schöpfen. Und Flo, was haben wir denn da Schönes oder was hast du Schönes im Glas?
Flo Genau, also der Pascal Häusler, Grüße gehen raus, der hat uns sozusagen seinen Jungfernsud geschickt, den er mit einem Kollegen eingebraut hat. Es ist ein englisches Pale Ale, also traditionell angehaucht, mit englischen Hopfensorten, mit Fuggles und Goldings. Beides während dem Kochen zugegeben. Ansonsten, ja, klassisches Maischprofil, hauptsächlich Pale Ale Malz in der Schüttung und noch ein bisschen Carapils. Vergoren mit einer englischen Alehefe, Wyeast 1098 [3]. Ja, viel mehr, glaube ich, gibt es zum Rezept nicht zu sagen. Ich habe es hier gerade im Glas eingeschenkt, hat so eine Bernsteinfarbe mit einer leichten Trübung, feinporiger, weißer Schaum, der sich auch lange hält, weil ich habe es vor zwei, drei Minuten eingeschenkt, bevor ich mit den Messungen parallel angefangen habe. Und ja, nehmen wir mal eine Nase. Hat es auf jeden Fall solche Fruchtige Nuancen, Fruchtester würde ich so ein bisschen in die Orangenecke schieben, aber auch was leicht Brotiges, eine Malzsüße, ein bisschen Honig, ein bisschen Honigaromatik und auch für mich so eine, ja, so hefige Aromen, wie ich es eigentlich eher von der Nottingham Alehefe kenne, aus meiner Anfangszeit und auch so ein bisschen Säure.
Paul Okay.
Flo Ich würde es jetzt nicht als grüner Apfel bezeichnen, aber mich erinnert es zumindest daran. Geht auch so ein bisschen mit diesem Hefe. Hefearomen.
Paul Was ja gegen das Alter sprechen würde, ne? Also Jungbieraroma gegen, ist ja schon ein bisschen älter.
Flo Richtig, ja, genau. Das ist im November 2023 gebraut, also richtig, ja, deswegen Jungbieraromen sollten da, war auch die ganze Zeit im Kühlschrank, die sollten nicht mehr vorhanden sein. Nehmen wir mal einen Schluck. Geschmack, keinerlei Störgeräusche, cleanes Hefeprofil, eine sehr dezente Bittere. Blind hätte ich nicht auf den Pale Ale getippt. Man hat…Durchaus diese klassischeren Hopfenaromen, das heißt ganz leichte, erdige, teeige, kräuterige Aromen, aber alles sehr, sehr, sehr dezent. Das Geschmacksprofil wird eigentlich am meisten durch eine ziemlich spürbare Restsüße dominiert. Die Malzaromen sind auch sehr dezent, also die Restsüße ist eigentlich so jetzt nach dem ersten Schluck. Ich nehme nur mal einen. Ja, also Bittere ist schon da, aber die Süße überwiegt. Genau, und schauen wir uns mal die Messwerte an. Der Pascal war auch so freundlich, hat uns da ein paar Sachen mitgeschickt, was er so gemessen hat. Er hat 12,2 Stammwürze gehabt, ein Restextrakt von 4 Grad Plato, das heißt ein Alkoholgehalt von 4,4 und errechnete IBUs von 22, was ja auch für einen Pale Ale relativ niedrig ist oder am niedrigen Band, von daher passt es ja zu den Eindrücken. Rein rechnerisch bezüglich der Werte, die er geliefert hat, kommen wir damit auf einen scheinbaren Vergährungsgrad. Gerade von 67 Prozent, was auch relativ niedrig ist, was auch wieder zu der Restsüße passt. Die 1098 ist laut Hersteller in einem Range zwischen 73 und 75 Prozent angegeben. Und wir haben das, wie ihr es schon kennt, mit dem EasyDens und mit dem SmartRef alles nachgerechnet und haben auch den pH gemessen. pH ist relativ hoch mit 4,75, das heißt, das deutet für mich schon so ein bisschen darauf hin, passt jetzt, wird es zu einem niedrigen Endvergärungsgrad? Passend, dass die Hefe vielleicht nicht ganz so ihren Job gemacht hat. Ja, genau. Und auch der EasyDens und SmartRef liefern bezüglich Vergärungsgrad ein ähnliches Ergebnis, wie die Messdaten von Pascal sind bezüglich Restextrakt, Stammwürze bei 3,7 Grad Plato und bei einer Original-Stammwürze von 13,6, da sind wir ein bisschen höher gekommen, also auch alkoholtechnisch fast ein Prozent höher raus als seine Messdaten. Aber zumindest dieses Vergärungsgrad-Thema, das passt zusammen. Und wie gesagt, zusammen mit dem pH-Wert deutet das darauf hin, dass bei der Gärung vielleicht die Bedingungen nicht so optimal waren, würde ich darauf schließen. Und deswegen auch der niedrigere Vergärungsgrad, das heißt auch, ja, letztendlich während es die Empfehlungen, ich glaube gerade am Anfang vom Brauen sind es ja glaube ich auch, das war bei mir zumindest auch so, dass man noch nicht so richtig weiß oder auch noch nicht in dem Detail darauf achtet, wie viele Hefezellen, man pitched, dass man vermutlich auch noch gar keine Möglichkeit hat, die Temperatur zu kontrollieren. Und ich glaube, das wären auch die Punkte hier, zusammen mit ein bisschen mehr Bittere und ein bisschen mehr Hopfenaromatik reinzubekommen, dass das Bier insgesamt nochmal einen Sprung machen kann. Aber für das erste Bier trotzdem würde ich es als gelungen bezeichnen, weil man eben im Geschmack gar keinerlei Störgeräusche hat, im Geruch ein bisschen was, was so ein bisschen dann, denke ich, zu dem Thema passt, was sich ja als Hefearomen, leichte Säure beschrieben hat. Ich glaube, das passt dann auch dazu, dass die Hefe einfach nicht die optimalen Bedingungen hatte.
Paul Ja, ich glaube, da sind jetzt viele Infos drin für den Pascal. Ich bin gespannt, ob ich das Bier auch noch finde im Nachgang. Dann würde ich auch nochmal mich reinverkosten und das nochmal nachreichen. Aber ja, ich denke, damit kann man auf jeden Fall schon mal was machen. Stichwort Hefemanagement, Stichwort Gärtemperatur, da so ein bisschen einfach mal ansetzen, gucken, dass es passt. Und vielleicht den pH-Wert, wenn möglich, mal checken, beziehungsweise in Richtung Wasser gucken. Flo, dir fällt noch was ein?
Flo Mir fällt noch was ein, weil ich habe gerade die Gelegenheit genutzt und habe nochmal ins Rezept reingeguckt. Und da ist mir eine Sache gleich aufgefallen. Die altbekannte Läuterrast, wie sie oft genannt wird, bei 78 Grad, 10 Minuten, hört man ja immer wieder, findet immer wieder mal ein Rezept. 10 Minuten?
Paul Okay, ja.
Flo Ja, ich meine, da findet man 10 Minuten, 20, alles Mögliche. Unterm Strich, ich weiß nicht, wie du das machst, aber seit ich auf der HERMs bin, bei 76 Grad, ungefähr 75, 76, läutere ich ab. Und auch Rasten bei 78 würde mir nichts einfallen, außer dass die Viskosität beeinflusst wird, dass das irgendwie förderlich ist für den Prozess.
Paul Also ich bin noch fauler, Flo, ich gebe es zu. Also wenn ich eine Kombirast mache bei 67 Grad oder so, dann läutere ich auch bei 67 Grad ab.
Flo Ja, richtig.
Paul Ich fahre dann da nicht nochmal hoch, aber wenn ich jetzt nochmal bei 72, also wenn ich klassisch raste quasi bei 72, dann ist es halt 72. Also ich fahre das nicht nochmal hoch, nee.
Flo Genau. Gut. Ja, das liest man ja immer wieder, perfekt.
Paul Ja, ja, definitiv. Aber auch immer so lang. Also ich kenne das noch aus den alten Rezepten, dass man einfach auf 78 und ab und dann quasi das Läutern beginnt. Aber können wir vielleicht nochmal irgendwie drauf eingehen, aber kontraproduktiv.
Flo Ja, gerade im Gegenteil, für Leute, die neu mit dem Brauen anfangen, ist es ja sogar, birgt es ja eigentlich Risiken. Weil vermutlich hat man auch die Temperatursteuerung noch nicht so im Griff, wo man ist. Und sobald du da drüber schießt. Genau, hast dann vielleicht nochmal Stärke drin und vielleicht spielt das hier sogar eine Rolle. Ich meine, es hat eine gewisse Trübe, wir haben eine Restsüße. Vielleicht hat man auch dadurch der Hefe nochmal was ins Buffet serviert, was ich einfach gar nicht verknuspern konnte.
Paul Ja, genau. Guter Punkt nochmal. Alles klar, das war unser Braudog.
Bayerisches Bier vs. Tschechiches Bier 1. Hälfte des 19 Jahrhunderts
Flo Legen wir los, gehen direkt in die Folge rein. In unserer allerersten Folge, ersten richtigen Folge des Podcasts, Folge 1.01, um genau zu sein, haben wir euch schon die spannende Geschichte und die Entstehung unseres Staffelbierstils, das Pilsener, nähergebracht. Sind da relativ tief eingetaucht. Aber ich glaube, die Folge wird zeigen, dass an der einen oder anderen Stelle, auch aufgrund der Zeit, wir können ja keine 3-4-Stunden-Podcasts machen, das möchten wir niemandem zumuten,
Paul Können wir schon, Flo.
Flo Ja, wir könnten, aber ich glaube, in Brotscheiben das zur Verfügung zu stellen, ist, glaube ich, besser. Und deswegen gibt es heute sicherlich noch das eine oder andere, was neu ist und super spannend, das werden wir sehen. Und wie ihr das alle kennt, machen wir das am besten, indem wir heute mit Andreas zusammen nochmal ein bisschen am Zeitrad drehen und uns jetzt zu Beginn in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, begeben und so ein bisschen mit euch zusammen die Bierwelt in Bayern und Böhmen beleuchten, bevor dann Mitte des 19. Jahrhunderts unter anderem das Grollsche Bier das Licht der Welt erblickt hat und nachhaltig dadurch die Bierwelt verändert hat. Aber ich würde sagen, thematisch steigen wir in Bayern ein und da schaue ich virtuell zu Andreasund frage so ein bisschen, ob er uns erklären kann und näher bringen. Wie anfangen vom 19. Jahrhundert die Bierwelt in Bayern, in München ausgesehen hat? Welche Biere wurden da getrunken und was hat da vielleicht auch eine Rolle gespielt, technologisch, dass die Biere waren, wie sie waren?
Andreas Also fangen wir einfach mal an bei den Biertypen. Im Wesentlichen gab es zwei Arten von Typen, nämlich das Braunbier und das Weißbier, die sich einfach dadurch unterscheiden. Welche Art von Malz verwendet wurde, also Braunbier war immer gedarrtes Malz und Weißbier war luftgetrocknetes Malz. Die klassische Annahme war, dass während des 19. Jahrhunderts die dunklen Biere unter den Braunbieren einfach der absolute Standard waren in München und Umgebung. Aber dem ist eigentlich nicht so. Also es gab… Es gibt so ein paar Überlieferungen, die sagen, so in den 1820er-Jahren und 1830er-Jahren waren so, wie es beschrieben ist, blasse hellgelbe Biere absolute Mode in München. Und es gibt da sogar eine sehr konkrete Statistik von 1829 in einer Zeitung, die hieß der wöchentliche Anzeiger für Biertrinker und in der steht, dass von 51 Bieren 28 in München weingelb waren. Diese hellen…Weingelben Biere zählten nominell aber trotzdem zu den Braunbieren, einfach weil das Malz gedarrt war. Ja, das Weißbier war immer so eine Nischensache. Im Gegensatz zum Braunbier war es mehr ein Sommerbier. Also in dem Sinne, dass es im Sommer gebraut und konsumiert wurde, während das Braunbier ist zur damaligen Zeit ausschließlich im Winter, also Spätherbst bis Frühling produziert.
Flo Und um da noch vielleicht ein bisschen drauf einzugehen, ich glaube, das können auch die Zuhörer, das haben wir auch schon erklärt während des Podcasts, dass eben Luftmalz gerade in der frühen Zeit, bevor auch die englische Darre eingeführt wurde, im Prinzip das Mittel der Wahl war, auch wirklich helle Biere herzustellen. Diese weingelben Biere, die du beschrieben hast, die auch mit Darrmalz gearbeitet haben, waren das dann auch, oder weiß man, mit welcher Darrtechnologie diese Biere hergestellt wurden? War das dann auch schon in Verbindung mit der englischen Darre zu sehen?
Andreas Das kann man vermuten. Die Quellen sind da aber so vage, die gehen leider auf solche Details nicht ein. Ich würde es gerne selbst wissen. Meine Vermutung ist, dass da einfach, ja, ich sag mal, auf gut Glück halt mit sehr niedrigen Temperaturen gearbeitet wurde, dass da vermutlich sehr luftmalzähnliche Malze hergestellt wurden, die aber trotzdem von der Darre kamen. Tatsächlich kann man es aber nicht sagen, weil die Aufzeichnungen aus der Zeit, also die Quellenlage, ist wirklich keine gute. Das war noch eine Zeit, wo Brauer Thermometer kaum eingesetzt haben, auch noch nicht so auf diesen rationalen Standpunkt waren, dass man alles möglichst im Detail dokumentiert, um es quasi nachvollziehbar und reproduzierbar zu machen.
Flo Und geben die Quellen über das, was du gesagt hast, noch irgendwelche anderen Details her? Also waren diese weingelben Biere eher auf der untergärigen Seite der bayerischen Brauart oder waren das wie die, sag ich mal, die Schwestern und Brüder aus der klassischen Weißbierecke, wie man es kennt, was damals mit Luftmalz gemacht war, eher mit obergärigen, vielleicht auch phenolischen Hefen hergestellt? Weiß man da irgendwas darüber?
Andreas Also es ist so, wenn ich die, die Quellen kenne und gerade diese eine Beschreibung, die sagt von den 1820er und 1830er, ja, dass das helle Bier da in München Mode war, die spricht schon spezifisch von den Herstellungsmethoden zu eigentlich Braunbier. Braunbier war auch immer assoziiert mit Untergärig. Also das ist so eine Kategorie oder es sind halt zwei Merkmale von einem Bier, die quasi eine Kategorie gebildet haben. Von daher, muss man sehr stark annehmen, dass diese doch sehr hellen Biere einfach untergärig waren. Ob die jetzt eher zum Beispiel Malz betont waren oder Hopfen betont, darüber gibt es jetzt auch keine direkten Aufzeichnungen. Generell muss man aber sagen, dass weit bis ins 19. Jahrhundert Hopfen eigentlich nur zum Bittern verwendet wurde. Nämlich ganz konkret, um das Bier haltbarer zu machen. Das findet sich durchwegs, alle historischen Rezepte so etwas wie irgendwie so eine späte Hopfung spezifisch für Hopfenaroma war damals absolut nicht üblich. Man kann also annehmen, dass das Bier zum Bitter war, aber nicht Hopfen aromatisch und das dadurch vermutlich eher ein Malz Charakter durchgekommen ist. Nachdem die Biere auch sehr lange gelagert wurden. Also wir reden da jetzt nicht von was heutzutage irgendwie Standard wäre von irgendwie vier, sechs, acht Wochen oder so, sondern das, das waren drei Monate, acht Monate, zehn Monate, je nachdem wie lange halt der verfügbare Keller halt kalt genug war und wie schnell das Bier ausgetrunken worden ist über die Saison. Und da wird vermutlich auch relativ viel von diesem Hopfen Charakter, also rein von dieser Hopfen Bittere einfach weicher geworden sein. Also es waren vermutlich eher Malz betonte Biere.
Flo Und vermutlich auch das, was man über das Brauwasser weiß, das wird ja auch nochmal in die Kerbe schlagen, dass die Bitter, dass die Biere bitter waren, aber natürlich nicht auf einem bitteren Niveau wie es dann Kroll einige Jahrzehnte später machen konnte mit dem Pilsener Wasser. Aber das ist ja insgesamt super spannend und denke ich auch, auch wenn die Dokumentationslage oder die Literaturquellen an der Stelle jetzt keine mega Details preisgeben, aber ist ja der Sachverhalt trotzdem spannend, dass ja zu der Zeit in Bayern offensichtlich in München, in den 1830er Jahren durchaus auch hellere, untergärige Biere schon existent waren. Das wird ja Bier geschichtlich häufig vergessen, weil ja ja unter anderem Dreher und Groll dann sag ich mal die ersten helleren Lager Biere zugeschrieben werden. Weiß man, warum du hast ja gesagt, die waren in Mode zu der Zeit, warum das Ganze dann wieder nachgelassen hat? Und die die braunen Biere dann in München erst mal dominierten?
Andreas Um ganz ehrlich zu sein, da habe ich auch nichts Konkretes finden können. Das ist so ein wirklich großes Mysterium für mich. Und ich kenne auch niemanden, der weiter ins Detail irgendwie so recherchiert hat. Es gibt da so eine, ich sage es mal irgendwie kollektive Amnesie. Es scheint nur sehr wenige Quellen zu geben, die sich, die sich auf dieses auf dieses helle Bier in München damals, die sich auf dieses helle Bier in München damals, die sich auf dieses helle Bier in München damals, berufen. Meine Vermutung ist einfach, dass es eine Modeerscheinung war und dass das irgendwann mal einfach so der Geschmack für die für die sehr dunklen, sehr malzigen Biere einfach wieder als die nächste Mode quasi erschienen ist und sich da einfach sehr, sehr dominant durchgesetzt hat. Man liest ja auch immer wieder, also diese Vorstellung gibt es auch heute noch so, dass die dunklen Biere eher stärker sind, auch wenn es da jetzt keine Basis dafür gibt. Und das war immer so eine Annahme. Und ich glaube, es wars Gabriel Sedlmayr oder der Anton Dreher, wie die das erste Mal mit einem einen Saccharometer Biere messen konnten, haben sie mal geschaut, wie sind denn jetzt so diese Münchner Biere? Und ich war dann eigentlich schockiert, wie schwach die unter Anführungszeichen waren von der Stammwürze. Also einer von den beiden hat dann so eine Stammwürze von umgerechnet etwa 12, 12,5 Grad Plato gemessen und hätte sich das als hätte sich das Bier als als viel stärker erwartet.
Flo Ja, ich denke, das kennt ja auch jeder Hobbybrauer, der zuhört, dass man sich da leicht vertan kann. Und da kann man sich ja gut in die Lage von Sedlmayr, Dreher und Co. am Anfang vom 19. Jahrhundert, denke ich, versetzen, wo diese neuen Messgeräte dann auch über England, nach Kontinentaleuropa geschwappt sind, dass das halt viel, viel verändert hat. Auch, dass wahrscheinlich erst dadurch auch der Prozess gut verstanden werden konnte und bis zu Malzqualitäten. Ich glaube, das hat für die damaligen Brauer doch sehr, sehr, sehr viel verändert und ja auch letztendlich vermutlich die ganze Bierentwicklung über das ganze 19. Jahrhundert in irgendeiner Art und Weise ist natürlich heute vermutlich auch schwierig quantifiziert. Aber sicherlich hat das Ganze, ja, das Ganze sehr geprägt und einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Paul Absolut. Also das, wie du es jetzt genannt hast, dass das helle Bier damals oder erst mal eine Modeerscheinung war, das könnte ich mir, glaube ich, auch ganz gut vorstellen. Zumal ich es mir damals und heute ja genauso relativ schwer vorstelle, die alteingesessenen Bayern und Münchner von einem anderen Bier zu überzeugen, vor allen Dingen, wenn es auch noch eine andere Farbe hat und dass sich da die alten Gepflogenheiten vielleicht dann doch irgendwann wieder durchgesetzt haben. Das mag in dem Zusammenhang sein. Aber irgendwann kam ja dann das hellere Bier, das hellere, untergärige Bier. Bevor wir das näher aufgreifen, würde ich sagen, gehen wir weiter nach Tschechien oder hast du noch was zu Bayern und München, Flo?
Flo Nee, wir können gern die Reise fortsetzen.
Paul Wir können weiterreisen, ja. Dann, ich packe meinen Koffer und nehme mit. Nein, also ab geht’s nach Tschechien beziehungsweise nach Böhmen in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts. Und auch hier sind wir gespannt, Andreas, ob du uns mit noch mal ein paar extra Informationen deinerseits ausstatten kannst und noch mal den Blick auf die Bierwelt zu dieser Zeit in diesem Land, in dieser Region für uns und für unsere Zuhörer natürlich schärfen kannst. Also was haben dafür? Wie sahen die Biere vor der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dominiert? Oder wie sahen die Biere aus? Und vielleicht in dem Zusammenhang dann auch, wann hat es denn die untergärige Brauweise dann auch nach Tschechien geschafft?
Andreas So in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Bier in Böhmen hauptsächlich obergärig. Es gibt zwar so vereinzelte Betreibungen, dass das auch untergärig gegärt wurde in Böhmen. Das war schon seit dem 15. Jahrhundert, aber das waren immer nur so punktuell einzelne Orte, wo dann auch nicht jetzt klar ist, war es tatsächlich Untergärung in der Art und Weise, wie wir es heute kennen, so mit einer speziellen Hefe oder bezieht sich das primär darauf, wie die Hefe geerntet wurde? Das ist ja so eine Sache, dass diese Obergärung, diese obergärige Hefe und untergärige Hefe, diese Beschreibungen beziehen sich ja darauf, wie die Hefe geerntet wurde. Und deswegen kann man da nie so hundertprozentig sicher sein, ob das jetzt eine untergärige Hefe im modernen Sinn war oder nicht. Was die Biere selbst angeht, die waren tendenziell dunkel. Also die dunklen Biere, die waren wohl ziemlich dominant hergestellt worden, sind generell mit Dekoktionen, mit Dekoktionsmaischen. Also da gibt es so verschiedene Beschreibungen. Vermutlich war das auch so eine Sache, die sich, wo es, glaube ich, so einen gewissen Einfluss gegeben hat aus Bayern. Also ich kann mich erinnern an eine Beschreibung,die die zwei Dekoktionsmaischen beschreibt. Eine etwas spätere Quelle sagt, für Böhmen sind drei Dickmaischen, also eine Dekoktionsmaische mit drei Dickmaischen eher üblich. Ich habe erst vor kurzem auch etwas gesehen, die von, von vier Maischen spricht. Also es ist alles etwas etwas etwas vage. Es war nicht ganz so einheitlich, aber man sieht auf jeden Fall den bayerischen Einfluss oder höchstwahrscheinlich einen bayerischen Einfluss durch die Dekoktionsmaischenn selbst, weil das war im größeren Kontext eigentlich eine sehr bayerische Technik. Zur Gärung, also obergärige Hefe habe ich ja schon gesagt, was damit auch noch einhergegangen ist, ist die Spundgärung. Also, Spundgärung heißt, man, man hatte ein Fass, wo die, wo die Würze reingekommen ist, dann ist da die Hefe rein und dann hat man nur so einen kleinen Spund und sämtliche Hefe, die quasi so auftreibt, ist über dieses, über dieses Spundloch ausgestoßen worden und, und ja, aufgefangen worden. Alles, was irgendwie so an Bier auch noch quasi damit aufgefangen wurde, wurde teilweise zurückgekippt, dass im Gegensatz zur, zur Bottichgärung, wie sie damals in Bayern üblich war, wo man einfach in einem offenen, offenen Bottich vergärt und dann nur zur, zur, zur Nachgärung, zur Lagerung in ein großes Lagerfass mit, mit Spund umfüllt. Die Untergärung in Böhmen, abgesehen von diesen, von diesen vereinzelten Orten, von denen es dokumentiert ist, ist so langsam ab den 1830er Jahren, 1840er Jahren eingeführt worden, was von, also zumindest einem böhmischen Autor sehr konkret darauf zurückgeführt, wird, dass der Anton Dreher mit seinem Wiener Lager einfach unglaublich erfolgreich war. Das, das war ja ein, ein, ein kometenhafter Aufstieg und, und das, das ist natürlich nicht, nicht spurlos an, an Böhmen vorbeigegangen oder auch, weil der, weil der Anton Dreher ja dann auch eine, ein Anwesen in, in Böhmen erworben hat, in der Nähe von Saaz, also im, im Ort Michelob und dort eigenen Hopfen angebaut hat und auch eigenes Bier gebraut hat. Das war so ab 1859 und das ist auch so ungefähr die Zeit, wo man so merkt, da fängt es an, dass die, die Brauereien in Böhmen von der Obergärung auf die Untergärung umsteigen. Da gibt es eine sehr schöne Statistik und zwar gab es 1860 in Böhmen 1040 Brauereien, von denen haben 10% rein untergärig gebraut, 30% rein obergärig und der Rest, also, äh, 60% haben eine Mischung aus, aus Obergärung und Untergärung verwendet. Also vermutlich war das so eine Sache, im Winter braut man eher untergärig, im Sommer braut man obergärig, einfach aus, aus praktischen Gründen mit, mit, mit Kühlung und so. Und der, der Anton Dreher hat das ja in seiner Anfangszeit auch gemacht, als er noch keine Lage klar hatte. 10 Jahre später, also 1870, hat sich das Ganze allerdings schon, schon vollkommen in eine andere Richtung bewegt. Und zwar gab es damals, damals 968 Brauereien in, in Böhmen, von denen waren 86% rein untergärig, 12% hatten noch so, so quasi zwei, zwei Kulturen und nur 2% waren noch rein obergärig.
Paul Krass, in 10 Jahren.
Andreas Ja und, und 6 Jahre später, die Zahl der Brauereien ist wieder etwas geschrumpft, 927 Brauereien und davon war eine rein obergärig, reine ober-, eine ober- und untergärig und der Rest waren alle rein untergärig. Also das ist ein, ein Prozess von, von 16 Jahren, wo wir von, von quasi 90% der Brauereien, die zumindest teilweise obergärig brauen, auf, auf quasi alle, die vollkommen auf, auf Unterklärung umgestiegen sind. Also ein, ein doch ziemlich, ziemlich schneller Umstieg in der gesamten Industrie.
Paul Wahnsinn. Also das ist ja mal in, in einem Affenzahn quasi einmal alles umgeschmissen, aber da sieht man, was damals los war, ne? Also was da so für eine Umbruchszeit war. Wenn wir uns jetzt die, die Bierfarbe nochmal angucken, dann könnte man auch sagen, dass das, dass das Helle-Grollsche-Pilsner-Bier eigentlich nur für Böhmen eine neue Erfindung war, weil in, in Bayern war es ja durchaus schon, schon bekannt, oder?
Andreas Ja, kann man, kann man so sehen. Es ist nicht so hundertprozentig klar, woher jetzt mal die, die Rezeptur vom, vom Josef Groll in allen ihren Details gekommen ist. Er, er hat da sicherlich nicht in einem Vakuum gearbeitet. Also der, der hat sicherlich die, die, die, die damalige Bierindustrie auch relativ gut gekannt,wird vermutlich auch die, die englischen Damen aus, aus München oder den, den Einsatz auch schon gekannt haben. Und, und hat da vermutlich einfach mal das, was er, das, was er technologisch für am zweckmäßigsten gehalten hat, einfach kombiniert, auch in dem Kontext, was ihm quasi zur Verfügung gestellt wurde mit, also mit dem ganzen Brauhaus, das, das von den, von den Pilsner Bürgern gebaut wurde und, und hat damit vermutlich genau das, die Rezeptur zusammengestellt oder da die, die Kombination von, von Verfahren einfach entwickelt, wo er sich dachte, das ist ein, ein, ein sehr gutes Bier. Genau.
Flo Und Glück war wahrscheinlich auch noch ein bisschen dabei, so wie wir es am Anfang unserer Staffel beschrieben haben. Es kam halt einfach auch zu der damaligen Zeit vieles zusammen, was wir damals im Detail erwähnt hatten, was dazu geführt hat, dass insbesondere gerade das Pilsner eben, ja, aus heutiger Sicht so ein, so ein Riesenerfolg hatte. Und das ist zum Beispiel nicht das Wiener Lager wurde, was, ja, in den im zwanzigsten Jahrhundert weltweit den Stellenwert erreicht hat, wie das Pilsner. Wobei, das haben wir auch beleuchtet, das Wiener Lager ist ein super leckeres Bier. Also es wäre schön, wenn es da mehr davon geben würde, um ehrlich zu sein.
Andreas Aber ich, ich, ja, ich, ich glaube, das waren einfach beide sehr, sehr populäre Bierstile. Der, der Anton Dreher hat vermutlich einfach zu dem Zeitpunkt mehr Kapital gehabt und hat ja auch mehr unmittelbares, unmittelbares Publikum. Während in, in Pilsen war ja ursprünglich nur die Idee, man produziert halt für sich selbst oder man, man, man hat halt, man, man, man setzt halt neue Qualitätsstandards für das lokale Bier. Und was ist da dann etwas langsamer, hat sich dann etwas langsamer verbreitet, aber aufgrund der Qualität trotzdem sehr, sehr erfolgreich. Nur halt einmal ein paar Jahre, paar Jahre später als das Wiener Lager. Aber die haben sich dann, glaube ich, letztendlich in Popularität, ähm, nichts gegeben. Also in, in meinem Buch zum Wiener Lager beschreibe ich auch so diesen quasi Kampf unter Anführungszeichen zwischen den, zwischen dem böhmischen Bier und dem Wiener Bier, wo auch das quasi das, das böhmische Bier so, so ein, ein, ein wenig dominant wird äh, in, in Wien. Und äh, dann der, der Absatz von, vom Wiener Lager eingebrochen ist, wo überliefert ist. Die mussten da halt das überlagerte Bier wegschütten, weil, weil sie einfach nicht so viel abgesetzt haben.
Flo Okay. Nur, dass man das einordnen kann, Andreas, in welchem Zeitraum war das ungefähr, dass das Pilsner, also dass das böhmische Bier begonnen hat, das Wiener Lager zu verdrängen?
Andreas Also nicht direkt verdrängen, aber zumindest so ungefähr ebenbürtig sein. Das war so 18-, 1860er Jahre, 1870er Jahre, 1880er Jahre. So diese, ungefähr so diese Zeit.
Flo Super spannend. Da würde ich sagen, das ist doch die, die perfekte Brücke zu, zu, zu den nächsten Fragen oder zum, zum nächsten Thema. Das haben wir auch schon, denke ich, ausreichend thematisiert im Podcast, dass eben durch die sogenannte Lagerbier-Revolution ja im 19. Jahrhundert technologisch viel los war. Aber das halt eben vor allem, ja, die, die, die neuen Darrmethoden, die, die englische Darre, wenn man sich jetzt gerade die genannten Bierstile, Wiener Lager, Pilsner anguckt, später auch Dortmunder Export oder, oder auch das Märzen, das aufkam. Die haben ja eins gemeinsam, die haben alle auf, auf die neue Darrechnologie und das neue Malz gesetzt. Aber im Detail betrachtet, ja, hatten da alle ja offenbar eine leicht abweichende, sag ich mal, Technologie, die dann zum Wiener Malz und das, das die Farbe vom Wiener Lager geführt hat, zu dem helleren Pilsner und so weiter. In der Literatur, was ich gesehen habe, da auch häufig von einer böhmischen und Wiener Methode in Bezug auf die, die Vermälzung oder die, die, die Darre oder das Darren geredet. Weißt du darüber mehr oder gibt da die Literatur mehr her? Vielleicht hast du es auch im Zuge deiner Recherche für dein Buch Wiener Lager schon, schon mal dich mit beschäftigt. Weiß man, was der Detailunterschied war zwischen dem Pilsner Malz zur damaligen Zeit, was für das Pilsner verwendet wurde und, und das Wiener Malz? Also warum die in der Art unterschiedlich waren?
Andreas Ganz, ganz plump gesprochen, die, die Unterschiede liegen im Wesentlichen in der oder ein sehr prägendes Element für die verschiedenen Malzsorten liegt in der, in der, in der Abdarr-Temperatur, also in der, also zum, zum finalen Abdarren, zum finalen Trocknen. Wie hoch ist, ist der jeweilige Mälzer da mit der Temperatur hochgegangen? Also da, da war das, da waren die, die bayerischen, also die, gerade die, was man jetzt Münchner Malz nennt, eher auf der dunklen Seite, wo auch die Temperatur eine, eine relativ hohe war. Und dann im krassen Gegensatz dazu einfach die, die, die böhmischen hellen Malz, also gerade das Pilsner Malz, wie man es einfach jetzt so, so nennt, wo, wo die Temperaturen einfach sehr, sehr, sehr behutsam waren und wo man selbst zum Schluss da nie irgendwie besonders, sag mal, schnell hochgegangen ist. Und das Wiener Malz liegt da so etwas in der, in der Mitte. Muss man auch dazu sagen, Wiener Malz ist nicht unbedingt gleich Wiener Malz. Also eine, eine Sache, die ich bei meinen Recherchen entdeckt habe, ist, dass da teilweise, dass da teilweise die Brauereien je nach Biertyp, also in Wien schon leicht unterschiedliche Abdarr-temperaturen verwendet haben. Wenn, wenn man das Ganze dann im Gegensatz stellt zu den, also ich sag mal, zur, zur, zur englischen Methode, die, die bei der englischen Methode wurde auf, auf, jetzt mal sehr, eine sehr, sehr langsame, gleichmäßige Darre geschaut mit, mit einem moderaten Temperaturanstieg. Die Inspiration für das, für das Wiener Malz war mir relativ konkret aus England. Deswegen ist da immer wieder so die, die Vermutung. Letzt, letztendlich beweisen kann man es nicht, aber es ist halt schon sehr wahrscheinlich, dass die, die Wiener Methode praktisch sehr ähnlich war zur, zur, zur englischen, dass, dass einfach die englischen, englischen Malze da farblich da sehr nah an, an, an den Wiener Malzen dran waren. Was, was, was bei dem Ganzen, also wenn, wenn wir so von der, von der Farbe sprechen, was auch noch eine Rolle spielt, ist die, die, die Geometrie von den Darren. Also was ja jetzt mal eher eine, auch noch einen, einen Einfluss hat auf die insgesamte Farbe, ist, ist die, die Luftfeuchtigkeit beim, beim Darren. Relativ viele von diesen frühen Darren waren, nicht so konstruiert, ich sag mal, die, die ganze Verdunstung, also die verdünstete Flüssigkeit, dass, dass die optimal abgezogen ist. Das heißt, wenn, wenn die, wenn die Daren schon nicht optimal konstruiert waren, konnte das Malz allein dadurch, selbst bei nicht ganz so hohen Temperaturen, auch schon, schon relativ dunkel werden. Dann gibt’s auch noch, ja, so, so gewisse Unterschiede, wenn man sich, wenn man das, ich sag mal, das, das, das Wachsen des, des Grünmalzes sich ansieht. Das geht dann aber schon sehr, sehr stark ins Detail, wie jetzt diese, diese, diese Haufen gebildet wurden, wie die, wie die quasi gewendet wurden. Das könnte man jetzt alles so ganz im Detail analysieren. Da ist dann die Frage, wie viel Variation gab es denn jetzt auch dann zwischen, wie in Bayern typisch gearbeitet wurde, im Gegensatz zu wie, wie in Böhmen gearbeitet wurde. Auch wenn ich jetzt in meinem neuesten Buch da relativ viel recherchiert habe, es gibt trotzdem in den, in den Quellen immer sehr viel, sehr viel Variation und zudem, zudem spezifisch zum böhmischen Mälzen leider nicht sehr viel. Vermutlich habe ich da auch nichts oder ich sage es mal so, für mich ist, ist der böhmische Teil da eher, eher schwierig zu greifen, einfach weil ich des, des Tschechischen auch nicht mächtig bin.
Flo Wir auch nicht. Haha. Und wahrscheinlich auch nicht die meisten Zuhörer. Das ist natürlich schwierig und das, was du beschreibst, das ist ja auch klar, dass man das gar nicht so, ich sage mal, digital sehen kann, dass alle bayerischen Brauer und Mälzer gleich gearbeitet haben und alle böhmischen, alle, alle Wiener oder ja, dass da halt überall lokal wahrscheinlich eine große Variation war und deswegen das auch nicht so, so, so einfach vergleichbar ist. Ja, ich denke, das kann man, kann man sich sehr, sehr gut vorstellen.
Bierpause
Flo Aber ja, auf jeden Fall, auf jeden Fall spannend. Aber ich, ich denke, so zwischen den, diesem ganzen Geschichtsthema ist, glaube ich, Zeit für eine Bierpause. Ich muss mal nur kurz eins holen.
Paul Ein kleines Bierchen könnte ich vertragen. Und wenn ich ganz ehrlich bin, ich habe es mir auch schon eingeschenkt. Also ja, Flo holt mal. Andreas, trinkst du eins mit oder wie sieht das aus? Hast du was im Glas aktuell?
Andreas Nur etwas Wasser. Ja, irgendwie ist mir heute nichts wirklich so nach Bier. Vielleicht, vielleicht etwas später. Aber ich bin, ich bin normalerweise so der Typ, also ich beschränke normalerweise meinen, meinen Bierkonsum aufs Wochenende.
Paul Sehr gut. Kann ich, kann ich absolut nachvollziehen. Mach ich seit einigen Wochen, Monaten jetzt auch so, nur wenn immer so ein Podcast, dazwischen kommt, ist das immer echt schwierig. Und dann doch mal so eine Aufnahme hat, dann gönnt man sich doch mal eins in der Woche. Aber absolut verständlich. Flo ist, glaube ich, noch am Bier holen oder schon wieder da.
Flo Ich bin, ich bin schon wieder da. Er ist schon wieder da. Dann Flo, was hast du dir geholt? Ich habe mir eine Flasche war es. Ich habe es gehört. Es war eine Flasche. Ich hoffe, ich habe das im Podcast nicht schon mal verkostet, weil das ist auf jeden Fall die zweite Flasche. Und zwar hat, hat uns die der liebe Martin von der Holystoner mitgegeben gehabt. Das ist ein Kollab mit Freigeist Bierkultur, eine Mirabellen Gose, Mirabellen Säckel heißt das Ganze [4]. Ja, das hat mir letztes Mal schon sehr gut geschmeckt. Hat 4,2 Prozent, also kommt schön leicht daher, so wie es auch sein muss. Mit eben Mirabellen, wenn ich mich richtig erinnere, auch aus eigenem Anbau. Oder zumindest aus seinen, aus seiner Gegend. Und dann klar, Koriander, Salz und so weiter und so fort, wie man es kennt.
Paul Nein, der Martin, der macht schon schöne Sachen.
Flo Ja, ja, vor allem auch dieser ganze Kollab Charakter dafür, dass er doch eine, also eine wirkliche Mikro oder Nano Brauerei ist, ist er da echt umtriebig. Und ich meine, Freigeist ist ja auch ein Name in der Szene. Ja, auch schön, dass solche Sachen zustande kommen. Und das Bier sieht schon mal traumhaft im Glas aus. Trotz dass es ein Sauerbier ist, hat es einen schönen, feinporigen Schaum, der sich lange hält. Gelb, trübe, riecht wunderbar frisch nach, nach eben gelber Steinfrucht. Also ob ich jetzt blind Mirabelle gesagt hätte, könnte genauso irgendeine andere gelbe Steinfrucht für mich sein. Aber es ist super spannend und auch richtig schön fruchtig. Richtig, richtig schönes Bier. Dezente Säure, einsteigerfreundlich für Leute, die noch nicht so viel Sauerbier getrunken haben. Schöne Gose.
Paul Ich habe mir übrigens ein, wieder selbst gebrautes eingeschenkt. Mein selbst gebrautes böhmisches Pilsner. Wann sollte ich das trinken? Wenn nicht jetzt, dachte ich und habe es mir eingeschenkt. Und an der Stelle, das hat man ja schon ein, zweimal besprochen im Podcast, aber an der Stelle wieder einfach nur der Hinweis auch an mich selbst. Man braucht einfach Geduld. Also so sehr ich mit dem Bier am Anfang gehadert habe, umso mehr bin ich jetzt wirklich zufrieden. Und jetzt hat es aber auch schon ein paar, Wochen und Monate auf dem Buckel. Ja, also ist einfach so. Es wird einfach besser, runder. Ich bin da immer noch zu ungeduldig, teilweise. Aber ja, wir haben alle was im Glas. Wir haben alle ein bisschen die Stimme geölt. Ich würde sagen, wir gehen weiter.
Brauverfahren 19 Jahrhundert
Paul Und ich habe ein böhmisches im Glas, würde mir aber nicht anmaßen, dass es mit dem nächsten, was ich jetzt erwähne, mithalten kann. Haha. Denn wie wir bereits oder wir haben schon mal, dass das Pils eine Urquell verkostet und haben natürlich auch beschrieben, wovon so ein böhmisches Pils gegenüber einem deutschen oder norddeutschen Pils sich ja ausdrückt, warum es so anders schmeckt. Und vor allen Dingen ist da eben zu erwähnen, der doch ausdrucksstarker oder ausdrucksstärkere Malzkörper im Vergleich. Und. Als Grund wird heute in der Werbung oder überall anders auch immer noch gern das 3-Maisch- und Dekoktionsverfahren erwähnt. Andreas, du hast es vorhin auch angesprochen im geschichtlichen Kontext. Ganz plakative Frage an dich. Marketingstreich oder ist da was dran? Macht es einen Unterschied?
Andreas Also ich bin der festen Überzeugung, dass es schon einen Unterschied macht, wenn man einfach einen guten Teil, des Malzes in der Maische nimmt und zum Kochen bringt. Man sieht ja sehr oft, was da etwas passiert. Also die gekochte Teilmaische wird einfach dunkler. Es wird mehr an der Stärke aufgeschlossen. Also es tut sich biochemisch auf jeden Fall etwas. Meiner Meinung nach ist es etwas, was Biere halt einfach etwas vollmundiger schmecken lässt, etwas kerniger. Ich habe mit etlichen Leuten schon darüber diskutiert bzw. gestritten, ob das jetzt notwendig ist oder nicht. Ich bin da sehr der festen Überzeugung, dass es schon einen Unterschied macht. Ich glaube, bei modernen Malzen müssen nicht unbedingt 3-Maischen sein. Für mich selbst, also bei meinen eigenen heimgebrauten Bieren, sind es immer 2-Maischen, also 2 Dekoktionsmaischen. Und das… kommt einfach, glaube ich, insgesamt besser raus. Ich bin da aber sehr biased. Also ich habe für die Heimbrau-Convention, die ja erst vor kurzem war, sollte ich eine kurze Beschreibung zu mir schreiben. Und da habe ich mich selbst als Dekoktions-Enthusiast beschrieben. Also das hilft mich, glaube ich, sehr gut.
Paul Flo, wie hast du mich letztens bezeichnet? Als Melanoidin-Magier. Der versucht, die Dekoktion zu umgehen. Jetzt haben wir beide hier zusammensitzen. Finde ich auch gut.
Flo Das stimmt, ja. Das ist auch ein spannender Austausch.
Paul Ja. Nein, also ich sehe das tatsächlich persönlich auch so. Was mich aber nervt, ist der Prozess an sich. Also dieses Hin- und Herschütten, das Aufkochen. Ich nenne es mal ein bisschen überspitzt. Dieses Rum-Manschen, das mag ich einfach nicht. Und deswegen habe ich versucht für mich, da einfach die Kombination zu finden. Und ja, es ist ja kein Geheimnis, Melanoidin, dass man das einsetzen kann, so als kleinen Schummler. Aber ich verwende das eben gerne in Kombination mit diesem Cara Bohemian. Und das funktioniert für mich ganz gut. Aber ja, wenn ich eine Dekoktion gefahren habe oder auch mal Biere verkosten durfte, oder sogar wenn man mir eine Gegenüberstellung gemacht hat, bin ich doch auch schon davon überzeugt. Also es ist schon eine coole Sache. Aber weiter zum Text. Also wir hatten jetzt gerade den Mälzungsprozess im Vergleich zwischen den Ländern. Wenn wir jetzt beim Drei-Maisch-Verfahren sind, dann vielleicht auch noch mal im Detail betrachtet, wie haben sich die Maischverfahren im 19. Jahrhundert zwischen England, Bayern und Böhmen unterschieden? Kannst du dazu was sagen, Andreas?
Andreas Ja, und zwar, also wenn wir bei England anfangen. England war sehr spezifisch Infusionsmaische. Also das war der absolute Standard. Da gab es quasi nichts an Abweichungen. Man hatte jetzt auch nicht die Technologie oder die Vorrichtungen, um da verschiedene Rassen zu fahren. Man hatte aber gleichzeitig auch ein qualitativ sehr hochwertiges Malz. Und deswegen waren einfach Infusionsmaischen bei einer einzelnen Temperatur absolut möglich. Was teilweise auch noch gemacht wurde, oder nicht nur teilweise, also es war eigentlich ein ziemlicher Standard, ist, dass man nach der ersten Maische abgeläutert hat und dann nochmal neu eingemaischt hat. Also dass man quasi mit mehreren Nachgüssen gearbeitet hat. Aber das war dann nicht einfach nur ein Abläutern, sondern das war dann auch tatsächlich ein längeres Maischen. Und da wurde dann auch bei höheren Temperaturen gemaischt. Also so hat man dann indirekt diese verschiedenen Temperaturstufen hingekriegt. Aber Dekoktionen oder irgendwelche Teilmaischen ziehen
und die irgendwie zu erhitzen, das war absolut unbekannt in England. Und für die Brauweise auch absolut nicht notwendig. In Bayern, da gibt es, man kann sagen, wenn man jetzt Bayern sagt, in dem, was es so Anfang des 19. Jahrhunderts umfasst hat, weil der Begriff Bayern ist ein sehr flexibler in diesen Dingen, und da hat sich einfach immer wieder sehr, sehr stark gewandelt. Aber wenn wir einfach sagen, Anfang des 19. Jahrhunderts, das junge Königreich Bayern, da gab es im Wesentlichen drei Traditionen. Und zwar die altbayerische Variante und das ist so das klassische Dekoktionsverfahren mit drei Maischen, zwei sehr dicken Maischen, einer dünnen Maische. Das war Oberbayern, Niederbayern. Bra war so der absolute Standard. Dann gab es das Satzbrauen. Und das ist jetzt etwas schwierig zu erklären, aber das war wohl so in, ich glaube, Augsburg war das verbreitet. Und in Nürnberg, also eigentlich relativ weit voneinander entfernt, aber im Wesentlichen ging es darum, da so einen Enzymauszug zu machen, indem man kalt eingemaischt hat und dann alles an Flüssigkeit, quasi an Dünnmaische quasi wieder abgezogen hat. Und dann hat man bei höheren Temperaturen nochmal neu eingemaischt und hat da auch teilweise wieder so Dünnmaische abgezogen. Und das ist dann kulminiert in dem Ganzen, dass man die gesamte Maschine, die gesamte Maische gekocht hat, und zwar für eine relativ lange Zeit, die dann abkühlen hat lassen. Und dann hat man so diese quasi Enzymauszüge, diese Malzauszüge vom Anfang quasi wieder dazugegeben bei den richtigen Temperaturen, sodass das Ganze letztendlich doch vollständig verzuckert ist. Das war eine Methode, die war zumindest Anfang des 19. Jahrhunderts noch in Verwendung. Also schon zum Ende des 19. Jahrhunderts war aber so die Meinung, das ist vollkommen veraltet. Das ist nicht effizient und dauert viel zu lange. Also sollte man lieber die Finger davon lassen. Und dann steht auch noch so für sich die Bamberger Brauweise. Also die haben teilweise so in einer mehrstufigen, quasi ein mehrstufiges Infusionsverfahren verwendet. Teilweise so auch so eine einzelne Dekoktion. Auf jeden Fall sehr, sehr unterschiedlich von den anderen Methoden, die damals auch in Bayern zu finden waren. Und dann, wenn wir jetzt noch Böhme betrachten, also ich habe das vorhin auch schon kurz erwähnt, es gibt da einfach verschiedene Beschreibungen. Aber so bis zumindest in die 1830er Jahre wurde auf jeden Fall mit mehreren Dekoktionen gearbeitet. Ein Text, ich glaube, das war so 1870er Jahre, beschreibt so Böhmen auch drei Dekoktionen, aber alles drei Dickmaischen. So als das quasi das typisch Böhmische an dem Ganzen. Aber es hat sich da auf jeden Fall etwas gewandelt, weil so in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat sich die böhmische Brauweise, also gerade mit dem Fokus auf Dekoktionsmaische und auf drei Dekoktionen, hat sich sehr an das bayerische Verfahren angeglichen. Also die Unterschiede sind tatsächlich weniger und weniger geworden.
Flo Da vielleicht noch eine ergänzende Frage, Andreas, um das Bild abzurunden. Und weil du natürlich auch ein Experte bist für das Wiener Lager. Wie hat der Dreher gemaischt? Ähnlich wie die Bayern? Oder eher drei Dickmaischen wie in Böhmen? Oder ähnlich wie bei Malz eher an die Engländer angelehnt?
Andreas In Wien oder in Wien und Umgebung war, bevor der Anton Dreher mit dem Wiener Lager angefangen hat, ist vollkommen anders gemaischt worden. Also ich müsste mich da mal heransetzen und das nochmal so im Detail analysieren. Ich glaube nämlich nicht, dass das ein besonders gutes Verfahren war, so wie ich mich da grob daran erinnern kann. Der Anton Dreher hat sehr konkret gesagt, das bayerische Verfahren für überlegen hält. Er hat das auch relativ im Detail in München gesehen. Er hat auch sehr viel von Gabriel Sedlmayr darüber gelernt und hat dann auch sehr spezifisch, ich glaube es war in einem Brief an den Gabriel Sedlmayr sogar, wo er gesagt hat, der Plan quasi die erste größere Änderung, oder eine der ersten großen Änderungen, die er in seiner neuen Brauerei machen will, ist, dass er das bayerische Dickmaischverfahren einführt. Einfach Dekoktion, zwei Dickmaischen, eine Dünnmaische. Und das ist dann auch in späteren Quellen sehr konsistent überliefert, mit teilweise so kleinen Unterschieden über die genauen Rasttemperaturen. Aber das ist immer von Brauerei zu Brauerei unterschiedlich. Das Einzige, was man so vielleicht als so eine, glaube ich, ursprünglich Wiener Innovation, oder zumindest da habe ich es als erstes überliefert gesehen, die man so ursprünglich typisch wienerisch bezeichnen kann, ist, dass bei der ersten Dekoktion, dass die nicht einfach quasi zum Kochen gebracht wurde, sondern dass man da bis 72 Grad aufgeheizt hat und dann einfach so eine kleine Raste eingelegt hat. Also quasi so eine mehrstufige Rast innerhalb des Aufheizens der ersten Teilmaische, der ersten Dekoktion. Superspannend.
Flo Also ich glaube, da kann man noch viel lernen aus den unterschiedlichen Braumethoden im 19. Jahrhundert. Insbesondere das, was du berichtet hast, ich glaube Satzverfahren hast du es genannt, von Augsburg und Nürnberg.
Andreas Genau, ja.
Flo Das klingt ja echt ziemlich abgefahren, ziemlich aufwendig.
Paul Das ist mein Horror. Ja. Wenn ich die Dekoktion schon schlimm finde, dann ist das Satzverfahren oder Satzbrauen ja noch eine Ecke schärfer. Naja.
Andreas Ich muss sagen, ich habe es selber noch nicht eingesetzt. Ich habe allerdings vor Kurzem ein Bier getrunken von einer englischen Brauerei, Utopian Brewery [5], die für ihr fünfjähriges Jubiläum ein, wie sie es nannten, Augsburger Export gebraut haben. Wunderschönes Bier, hat einen schon sehr, sehr eigenen Malzcharakter, das Ganze. Ich kann es jetzt leider nicht gut in Worte beschreiben. Ich würde es als sehr kernig beschreiben. Also auf jeden Fall, ich bin mir ziemlich sicher, das produziert ein sehr eigenes Bier. Selbst mir war das Ganze zu aufwendig und ich habe absolut kein Problem mit Dekoktionsmaische. Aber das ist nochmal ein anderes Biest.
Bayerisches Bier vs. Tschechiches Bier 2. Hälfte des 19 Jahrhunderts
Flo Ja, super. Wenn ich auf die Uhr gucke, ist die Zeit schon relativ weit fortgeschritten. Aber was wir noch auf jeden Fall anschneiden müssen, ist das Thema, nachdem dann der gute Josef seinen Pilsner an den Start gebracht hat. Wie ging es weiter in Böhmen? Was ist mit dem bürgerlichen Brauhaus in der zweiten Hälfte vom 19. Jahrhundert passiert? Wie hat sich das weiterentwickelt, auch im Zuge des ganzen Erfolgs von dem Bierstil? Lasst uns da noch ein bisschen drüber reden. Andreas, kannst du da noch ein paar Eindrücke vermitteln, was da passiert? Was ging da so vonstatten?
Andreas Ich habe es vor ein Jahr schon kurz angeschnitten. Das war eigentlich so eine Sache. Das bürgerliche Brauhaus war ursprünglich nur dafür gebaut, lokal gutes Bier zu brauen und da mehr Kontrolle zurück zu den Bürgern zu bringen. Aber die waren für sich einfach sehr erfolgreich mit ihrem neuen Bierstil, mit ihrem neuen Biertyp. Und haben deswegen im Jahr 1847 schon die erste Explosion der Brauerei vornehmen können. Wer da mal selber eine Führung in der Pilsner Brauerei gemacht hat, ich leider noch nicht. Aber ich habe so wenige gesehen. Die Ausbaustufe ist ja eine absolute Massive, die die da innerhalb von 50 Jahren erreicht haben. Absolut wahnsinnig lange und große, so unterirdische Lagerstätten. Das Ganze ist wirklich in weniger als 50 Jahren zu einer der größten Brauereien in Europa gewachsen. Zum Ende des 19. Jahrhunderts hat das bürgerliche Brauhaus in Pilsen auf jeden Fall mit der damaligen Kleinschwecharter-Brauerei von Anton Dreher mithalten können. War einfach ein populäres Bier, ist international exportiert worden. Also ja, eine absolute Erfolgsgeschichte. Und hat ja im Wesentlichen mal was, was untergäriges Bier heutzutage ist, ja im Wesentlichen geprägt.
Flo Aus heutiger Sicht, also das bürgerliche Brauhaus ist ja nicht die einzige bekanntere Pilsner Brauerei mit einer gewissen Historie aus der Ecke. Da kam ja dann im Zuge auch der Nachfrage vermutlich auch nach diesem Bierstil. Und nach diesem Bierstil dann ja auch noch eine weitere Brauerei in Pilsen an den Start. Kannst du da auch ein bisschen was dazu sagen, was es damit auf sich hat und zu der ganzen Entstehungsgeschichte?
Andreas Also im Jahr 1869 ist eine zweite Großbrauerei in Pilsen gegründet worden, nämlich die erste Pilsner Aktienbrauerei. Das Interessante an dem Ganzen, also abgesehen davon, dass die dann natürlich auch auf dem Namen Pilsner aufgebaut haben, und sich auch relativ schnell so etabliert haben können, eine interessante Sache ist, dass die sich als eine dezidiert deutsche Brauerei positioniert haben. Also da muss man dazu sagen, Deutsch in der damaligen Bedeutung ist eine doch deutlich andere als das moderne Verständnis von Deutsch. Also war in dem damaligen Sinne ein allgemeines, man gehört zu diesem Kulturraum oder dieser Gruppe an Menschen, die Deutsch spricht und einer, ich sage mal, doch eher diffusen deutschen Kultur irgendwie angehört, auch wenn das natürlich viel diverser war, als jetzt der Begriff das abbilden kann. Aber das war eine ganz spezifische Gegenposition zum bürgerlichen Brauhaus, das einfach sehr tschechisch, also sehr böhmisch geprägt war, weil einfach die, die Bürger in Pilsen zu einem großen Teil einfach Böhmen waren, tschechisch gesprochen haben. Viele von denen konnten natürlich auch Deutsch, weil damals als Teil der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie war halt in der österreichischen Hälfte, wo eben Böhmen dazugehört hat, war einfach Deutsch die, ich sage mal, Prestigesprache, einfach die Standardsprache, in der, ich sage mal, offizielles stattgefunden hat, die einfach so einen gewissen Standard gesetzt hat und wo das, wo die tschechische Sprache, obwohl sie sehr populär war, einfach, ich sage mal, so in Publikationen und in allem Offiziellen etwas ins Hintertreffen geraten ist. Aber so dieser tschechische Nationalismus innerhalb von Österreich, der ist damals sehr stark aufgekeimt. Das war schon so, ich meine, in den 1860er-, 1870er-Jahren ein großer Reibungspunkt, auch in dem damals relativ neuen österreichischen Parlament. Also das war eine hochpolitische Sache. Mit dieser Positionierung so als Deutsch im Gegensatz zu einer böhmischen Brauerei, da ging es im Grunde genommen alles, also alles, was in diesem Konflikt drinnen stand. Also ich kann mich erinnern, dass ich, ich glaube, das war in irgendeiner bayerischen Zeit, dann habe ich mal so einen, Anfang des 20. Jahrhunderts war das schon, so einen kurzen Artikel oder so einen Aufruf gesehen habe, der so meinte, Deutsche bringt keinen Pilsner aus dem bürgerlichen Brauhaus, weil jedes, das Geld, das du da reinsteckst, geht dann zugunsten von böhmischen Kulturvereinen und böhmischen Schulen. Und so stark war dieser, also ich würde schon fast Hass sagen, also diese Abneigung war so stark, dass man sich da sogar auf das Bier versteift hat oder die konkrete Brauerei und quasi welchen vermeintlichen nationalen Hintergrund die hatte.
Flo Okay. Und unabhängig von den ganzen Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen, rein aufs Bier bezogen, hat die Pilsner Aktienbrauerei, also weiß man da, gibt es da Aufzeichnungen drüber, ob die rezepttechnisch dann im bürgerlichen Brauhaus, sage ich mal, ein bisschen kopiert haben, haben die das Bier, auch den Bierstil bezüglich dem möglichst hell gedarrten Malz, hopfenbetonendes Bier, haben die das da weitestgehend abgeguckt und nachgeahmt, die deutschen, die deutsche Brauerei, die deutsche geprägte der böhmischen oder haben die ein bisschen was anderes verfolgt?
Andreas Ein direktes Rezept, gibt es leider nicht. Es gibt allerdings so historische Bieranalysen, also die alles betrachtet haben von Stammwürze und Alkoholgehalt bis hin zur Bierfarbe und da aus denen ist sehr klar erkennbar, dass quasi das Bier aus der Pilsner Aktienbrauerei quasi identisch war zu dem aus dem bürgerlichen Brauhaus. Also die haben das salopp gesagt abgekupfert und das gleiche Bier gebraut. Es war aber vermutlich auch Teil einfach dieses größeren Trends. Also der Anton Dreher, der hatte ja auch so seine eigene Brauerei in Böhmen und das war wohl auch ein sehr, sehr helles Bier. Und das auch so dieses typische Merkmal von all diesen böhmischen Bieren war, dass sie sehr, also nicht nur ordentlich bitter waren, sondern sie auch sehr, sehr hopfenaromatisch waren. Und das ist etwas, was sicherlich so, die große Innovation der böhmischen hellen Lagerbiere im Allgemeinen ist und was sie sicherlich alle gemeinsam haben. Das Bier aus der Aktienbrauerei hat sich da nicht sehr unterschieden von dem, was im bürgerlichen Brauhaus gebraut worden ist.
Flo Okay. Ich würde gerne zwei Punkte aufgreifen, die du die letzten Minuten gesagt hattest. Einmal, dass der Dreher ein Anwesen in Böhmen hatte und eben hast du gerade noch gesagt, dass er auch eine Brauerei in Böhmen hatte. Also da weiß ich selbst ehrlich gesagt gar nichts dazu. Würde mich jetzt auch nur interessieren, also wann hat er da eine Brauerei gegründet, eröffnet und war das Teil einer Strategie oder einfach nur, weil er dort ein Anwesen hatte? Was waren da die, oder weißt du, was da so die Beweggründe waren?
Andreas Also die Beweggründe waren relativ klar. Er wollte einerseits, also der hat so, das heißt oder hieß Domäne Michelob bei Saaz, da wurde Hopfen angebaut. Vermutlich nicht genug oder höchstwahrscheinlich nicht genug, um jetzt seinen eigenen Gesamtbedarf damit zu decken, aber zumindest so, um so ein wenig Spielraum zu haben. Also ich habe das mal so durchgerechnet. Vermutlich wird das so 15 bis 20 Prozent, etwas mehr oder weniger, so ungefähr in diesem Bereich wird das abgedeckt haben. In diesem Anwesen, in der Domäne Michelob war auch eine Brauerei dabei und die hat er einfach normal betrieben und hat damit sehr spezifisch den böhmischen Markt adressiert und hat Biere, die mehr dem böhmischen Geschmack gepasst haben, produziert. Hat von dort aus dann allerdings auch international exportiert. Also eine Sache, die mir untergekommen ist, der hat ganz spezifisches Bier aus Michelob bis in die USA verschifft. Und das ist dort auch als, also ich bin mir jetzt nicht sicher, ob als Fassbier oder nicht, aber es ist auf jeden Fall auch dort ausgeschenkt worden. Also ein interessantes Detail ist ja, also man kennt ja diese von Anheuser Busch, die sich da ja schon seit über 100 Jahren streiten wegen dem Budweiser Terminus. Was sehr oft übersehen wird ist, die haben ja auch den Namen Michelob kopiert und die kannten den sicherlich als einen der, ich sag mal, kontinentaleuropäischen Biere, die in die USA verschifft worden sind. Da gab es interessanterweise nie einen Streit. Vermutlich war das dem Anton Dreher oder der Brauerei einfach nicht wichtig genug. Aber da zeigt sich, dass der Name wohl ein Begriff war, so als quasi als Brauereiort, dass er wichtig genug für Anheuser Busch war, um das quasi auch so mitzukopieren. Weil du so gefragt hast, war das Teil einer Strategie im großen und ganzen Jahr. Also der Anton Dreher, der hat im Wesentlichen so die erste Brauerei oder das erste Brauereiunternehmen aufgebaut, das mit mehreren Standorten gearbeitet hat. Das war zuerst die Kleinschwecherter Brauerei, also in Kleinschwechert, in der Nähe Wien. Dann die Brauerei in Michelob Anfang der 1860er Jahre, ist dann auch noch eine andere Großbrauerei im damaligen Pest, also heutiges Budapest, dazugekommen. Und die vierte Brauerei, die sie dann so dazu genommen haben, also da haben sie eine bestehende in Dresden gekauft. Und das war dann auch die, wo sie dann den Karl Linde beauftragt haben, so die erste Kühlmaschine zu bauen, weil Dresden eigentlich nicht gut zum Lagerbierbrauen war. Aber da waren dann vier Brauereien in deren Besitz und das hat sich bis 1907 gehalten. Und erst dann ist das Ganze wieder so, so langsam quasi aufgelöst worden und abgespalten worden.
Flo Super, super spannend. Ich glaube, Paul, irgendwann in der Zukunft müssen wir Andreas nochmal einladen und einen Deep Dive in die Wiener Lagergeschichte machen.
Paul Also ja, ich finde es auch mega. Ich höre hier ganz gespannt zu, trinke mein Bierchen. Wir sind jetzt leicht abgeschweift, aber das ist ja auch nicht schlimm. Es ist ja auch echt spannend, super, super interessant. Ich würde jetzt trotzdem den Bogen spannen, jetzt nochmal nach Deutschland, nach Bayern kommen, denn die, wir haben jetzt ein paar Zahlen gehört, vor allen Dingen Jahreszahlen gehört, wie popular oder wie schnell das Pilsner Bier populär geworden ist. Die Reaktion in Bayern und auf diese Popularität, die war ja eher zurückhaltend. Also das hat ja so ein bisschen länger gedauert. Obwohl man schon, wie wir es oder wie es der Andreas angesprochen hatte, früher zum Teil die hellen Biere selber gebraut und getrunken hatte. Aber irgendwann musste es dann doch sein Revival feiern. Wie war das in Bayern, Andreas? Wer hat sich da entschlossen, ein helles Lagerbier auf den Markt zu schweißen? Und wie ging das los?
Andreas Also zum Anfang des 19. Jahrhunderts, was ich da so gesagt habe, wo die Quellenlage nicht wirklich so klar ist, hier ist es vollkommen anders. Und zwar wissen wir ganz konkret, dass es Spaten war, die 1895 ein neues Bier auf den Markt gebracht haben, das etwas sperrig beworben worden ist, als helles Lagerbier nach Art des Pilsner Bieres. Und da wissen wir auch sehr konkret, der Verkauf hat am 20. Juni 1895 gestartet. Warum wissen wir das? Weil die damals alle Münchner Zeitungen mit Werbung vollgepflastert haben. Neues Bier nach Art des Pilsner Bieres, Verkauf startet am 20. Juni 1895. Geht hier hin, um es vom Fass zu trinken, hier kann man es auf Flatschen gezogen kaufen. Das war ohne Übertreibung, wenn man so in digitalen Zeitungsarchiven schaut, eine damalige Münchner Zeitung, man geht auf den 20. Juni oder knapp nach dem 20. Juni 1895 und blättert so durch. Und man wird unweigerlich auf so eine Werbung stoßen. Das war so eine sehr konzertierte Aktion, also ein richtiger Launch, der marketingtechnisch sehr gut geplant war. Es gibt da auch einen schönen Review von diesem neuen Bier aus der Münchner Gastwirtszeitung, also von relativ kurz danach. Und das Bier wird als goldartig glänzend beschrieben und dass es einen reichlichen Gehalt an Kohlensäure hatte und einen sehr feinen weißen Schaum. Und da steht auch so drinnen, animiert nach einem Probetrunk zu immer mehr. Und dass es einfach insgesamt geeignet ist, quasi das importierte böhmische Bier zu verdrängen. Das war eine etwas komische, kontroverse Sache insgesamt, weil so die Konkurrenz zu sparten, die waren da sehr skeptisch und meinten so, das Münchner Bier hat ja so einen guten Ruf. Der gute Ruf könnte dadurch beschädigt werden durch dieses neue helle Bier. Und eigentlich macht man ja dann nur für diesen Pilsner Bier Typ Werbung und das sollte man lieber lassen. Letztendlich, also aus heutiger Sicht wissen wir, dass letztendlich hat er sich ja durchgesetzt und hat so den Standard quasi für das unter Anführungszeichen Alltagsbier in München gesetzt, wenn auch das ein etwas längerer Prozess war. Also das Dunkle, das in München davor populär war, das hat sich ja bis in die 1930er Jahre als so das Nummer 1 Bier gehalten.
Paul Wenn man den Stories glauben kann, dann sparten sich ja auch nicht hundertprozentig sicher vor der Einführung, wie gut das ankommt. Also stimmt das, dass man die erste Version oder die ersten Versionen davon erstmal in Norden Deutschlands verfrachtet hat, um es dort erstmal an Mann und Frau zu bringen, um zu testen?
Andreas Ja, also das ist so eine Sache, die ist zumindest in einer Quelle überliefert, dass die wohl 1894 das angefangen haben in, ich glaube ganz spezifisch Hamburg, zu verkaufen, quasi möglichst weit entfernt von der Heimat. Und vermutlich ist das Bier sehr gut angekommen.
Paul Ja. Und wenn es nicht geklappt hätte, hätte man es unter den Teppich kehren können, da hätte es keiner mitgekriegt.
Andreas Ja. Ich glaube, Norddeutschland zu der Zeit, da waren glaube ich auch so die Pilsner Biere oder ihre Pilsner Art schon auch populärer. Also da hatte man glaube ich eher mehr so einen guten Benchmark, wie populär das Ganze tatsächlich werden würde und sich überhaupt verkaufen lässt.
Paul Okay. Flo, Andreas, ich glaube, wir sind langsam, aber sicher am Ende der Folge eingelangt. Ja, das war schon mal echt so ein richtiges Wow-Ding. Also so viel Infos. Also es hat richtig Spaß gemacht.
Bier des Monats
Paul Aber bevor wir jetzt natürlich hier den Sack zumachen, gibt es natürlich noch das Bier des Monats. Wer will den Anfang machen? Also Andreas, hast du vielleicht eins auf Lager? Du bist ja unser Gast. Hast du vielleicht ein Bier oder ein Bierstil des Monats? Irgendwas, was du jetzt getrunken hast? Vielleicht war es auch das von der englischen Brauerei. Ich habe es jetzt nicht mehr ganz auf dem Schirm, was du gerade erzählt hast.
Andreas Das wäre es fast geworden. Also ich habe vor der Aufzeichnung etwas drüber nachgedacht. Aber tatsächlich mein bieriges Highlight vom März war auf der Heimbrau Convention.
Paul Ja.
Andreas Und zwar hat da der Stefan Zehentner den man vielleicht kennt als den Eigentümer und Braumeister von der Zehentner Brauerei, der das Mönchensambacher Bier braut. Der hat einen Vortrag gehalten darüber, wie man denn so einen richtig süffigen, hellen Bock ohne Spezialmalze braut. Im Wesentlichen war es ein Workshop. Wie braut man den Mönchensambacher Weihnachtsbock nach? Und das war ein absolut großartiger Vortrag. Und das absolute Highlight, und das ist das quasi mein Bier des Monats, wenn nicht sogar des Jahres, der Stefan Zehentner hat ein paar Kästen von dem Weihnachtsbock mitgebracht, die er seit 2008 bei sich selbst gelagert hatte. Und das war ein unglaublich tolles Bier. Also offensichtlich schon etwas älter, so ganz leichte Noten von Oxidation, aber so unglaublich rund und so schön eingebunden, sodass diese Sherry-Noten waren unglaublich toll, war ein unglaublich süffiges Bier, hat mir wirklich Lust gemacht, das Bier selber nachzubrauen und selber auch kühl einzulagern und dann in irgendwie, keine Ahnung, 14, 15 Jahren selber zu schauen, wie hat sich das entwickelt. Das war, das war absolut einmalig. Also der Vortrag und das Bier haben mich total geflasht und absoluter Highlight der Heimrohr-Convention.
Paul Puh, das ist schwer zu toppen, Flo.
Flo Ja, ja, ja. Ich habe jetzt das Gefühl, ich habe was verpasst. Ich meine, ich habe da schon in einem oder anderen Beitrag drüber gelesen, dass das überragend war. Aber nachdem der Andreas das jetzt nochmal so beschrieben hat, welchen Stellenwert es für ihn hat, ja, das ist wirklich schwierig zu toppen. Aber, ich versuche es trotzdem mal. Weil ich habe auch ein tolles Bier, gerade im Glas, was ich auf der Heimbrau-Convention getrunken habe. Ich habe es auf der Heimbrau-Convention zum zweiten Mal getrunken. Ist ein Hobbybrauer-Bier eines Hobbybrauervereins. Das Bier war in einem Fass, was beim Paul mal im Keller stand. Ah. Und ist quasi das Quadruppel, was rezeptiert wird. Und das ist, das ist quasi das Quadruppel, was rezepttechnisch dem Westvleteren 12 angelehnt ist. Paul, du korrigierst mich, wenn ich etwas Falsches sage.
Paul Nein, das ist mein Klonrezept, genau.
Flo War dann quasi nach der Flanders Red Belegung in dem Rotweinfass, wenn ich es richtig weiß.
Paul Richtig, genau.
Flo Und das hat mir mal der Ivo, schöne Grüße gehen raus, geschickt. Das ist schon ein bisschen länger her. Da hat mich das umgehauen. Dann hatte ich es auf der Heimbrau-Convention, da hattest du das dabei, Paul. Glaube ich. Nochmal getrunken und einfach heute als Erinnerung an die Heimbrau-Convention. Weil der schon erwähnte Matthias vom Brau am Mosbach, der war so nett und hat mir davon auch nochmal eine Flasche gegeben. Und das werde ich jetzt ganz genüsslich zum dritten Mal trinken. Und schon alleine, ich habe bisher jetzt nur reingerochen. Das ist einfach ultrakomplex. Schwer zu beschreiben ist es nicht, aber die Beschreibung wäre relativ länglich, weil man eben so viele Eindrücke zu verarbeiten hat. Und trotz, dass das Bier natürlich einen sauren Touch hat, hat es einen schönen Schaum, Kastanienbraune Farbe. Und ja, wie gesagt, man hat diese unterschiedlichen Dörrobst, Malzaromen. Man hat natürlich auch die leichte Säure in der Nase. Also ultrakomplex, super spannendes Bier. Ich freue mich, dass es einfach jetzt zum dritten Mal zu trinken. Super Bier.
Und Gratulation, alle die beteiligt waren, waren ja einige.
Paul Ja, das wollte ich gerade nochmal sagen. Also das war so eine richtige Hobby-Brauer-Gemeinschaftsleistung, dass man sich erst mal überlegt hat, wie belegen wir das Fass jetzt weiter. In der Zeit hatte ich dann das Quadruppel fertig. Dann haben sie gefragt, weil ich leider keine Zeit hatte, mitzubrauen. Aber dann hatten sich wieder genug gefunden, um das Fass zu füllen, ob man das Rezept haben kann. Ich habe die Westi-Hefe. Anderes Thema jetzt, aber ich habe sie auf jeden Fall aus einem Bodensatz gezogen gehabt für meinen Klon und habe sie dann für dieses Projekt auch wieder hochgepäppelt, habe sie dann wieder verteilt, die haben wieder ihre Starter draus gemacht und das hat alles geklappt. Und jeder hat sein Rezept gebraut. Es wurde gemeinsam bestellt, gemeinsam gebraut und dann das Fass gefüllt. Also das war wirklich so eine richtig coole Gemeinschaftsleistung. Und das ist so ein komplett komplexes, cooles Bier dabei rauszukommen. Das ist wirklich, das glaube ich, freut alle, die das trinken dürfen und die natürlich beteiligt waren.
Flo Und das Schöne ist auch, das ist ja auch schwierig zu kategorisieren, so Biere gibt es in der Form kommerziell relativ wenig. Das gefällt mir auch sehr gut, diese Kombination, dass man eben ein Quadruppel ins Fass legt. Ja, habe ich jetzt kommerziell noch nicht so oft getrunken. Gibt es natürlich, aber das finde ich auch, macht es dann nochmal noch besonderer, wie das ganze Projekt eh schon ist. Und Paul, jetzt hast du es schwer. Jetzt bin ich mal gespannt. Was kommt jetzt?
Paul Ich kann das auch gar nicht toppen, aber was soll ich jetzt umschwenken? Ich könnte mir jetzt irgendwas aus den Fingern saugen, aber für mich ist einfach, es ist eher ein Bier-Stil, den ich jetzt hier ein bisschen promoten möchte. Den kennt natürlich jeder, aber es ist jetzt einfach wieder die Zeit und ich habe das gemerkt und ich sehe sie immer wieder. Oder immer öfter jetzt im Getränkemarkt. Es macht wieder Spaß, sich durch die verschiedenen Maiböcke zu trinken. Sie sind schon da. Und das ist einfach ein Stil oder wirklich ein Lieblingsstil von mir, den ich immer noch viel zu selten braue. Also einen hellen Bock, einen richtig schönen hellen Bock. Das ist wirklich so ein, da könnte ich mich reinlegen, wie man so schön sagt. Ich habe es dieses Jahr wieder nicht pünktlich geschafft, einen Maibock zu brauen, habe mir aber vorgenommen, eigentlich für den Sommer oder Spätsommer irgendwie so einen hellen Bock zu machen. Dann nenne ich das Kind halt anders, egal. Aber um natürlich jetzt auch noch einen vorzustellen, den ich wirklich gern trinke. Bei mir ist es der Zötler Maibock [6]. Der ist für mich hier erstmal überhaupt kaufbar. Das ist schon mal ein Punkt in Limburg, Zötlerbier kaufen zu können. Das ist ganz cool. Aber unser Getränkemarkt hat da ganz gute Connections und er stand jetzt schon wieder da, obwohl auch immer auf der Website und so weiter steht, ab 1.4. erst erhältlich. Und solange der Vorrat reicht natürlich, ist für mich einfach ein sehr, sehr schöner Vertreter, der, weiß ich nicht, den Frühling so ein bisschen einläutet und den Frühsommer. Und damit sich in die Sonne, sich in die Sonne zu setzen auf der Terrasse und bei den ersten Sonnenstrahlen so ein bisschen so einen schönen Maibock zu trinken, das ist einfach mein Bier des Monats, würde ich sagen.
Flo Herrlich, so ein schöner heller Bock.
Paul In diesem Sinne, Flo, machen wir den Sack zu, machen wir einen Deckel drauf. Das war unsere achte Folge. Und ich würde sagen, das war wieder eine wirklich volle Folge. Viele Infos, ganz, ganz viele neue Sachen, neue Ideen fast schon durch die Verfahren, die hier auch genannt wurden. Und was bleibt uns zu sagen? Natürlich vielen, vielen Dank, Andreas. Danke, dass du unser Gast warst. Danke, dass du dabei warst. Danke, dass du so viel Wissen und Infos mit uns geteilt hast. Hat super viel Spaß gemacht. Die Zeit ging wiederum wie nichts.
Andreas Ja, von meiner Seite bleibt mir nur zu sagen, vielen herzlichen Dank für die Einladung. War mir eine große Freude. Ich könnte vermutlich da noch viel mehr Zeit damit verbringen, über allen möglichen kleinen Details von all dem, was wir besprochen haben, mich da noch viel mehr reinzusteigern. Aber ich hoffe, einen guten Überblick hier geben zu haben. Und ja, wer sich für das Ganze mehr interessiert, ja, mein Blog ist [7], glaube ich, so ein guter Ansatz, um da mehr über diese Dinge zu lesen. In meinen Büchern [8], [9], [10] findet man da auch noch mehr. Ja, ich finde das Ganze einfach eine sehr spannende Thematik. Ich verbringe deswegen relativ viel Zeit mit dem Ganzen.
Flo Mir bleibt nur zu sagen, auch natürlich danke, Andreas und an alle da draußen, wenn ihr den Andreas bisher noch nicht kennt, checkt seinen Blog aus. Es gibt super spannende Biergeschichten. Checkt seine Bücher aus. Verlinken wir euch alles in den Shownotes. Es lohnt sich. Ich habe sie auch alle im Regal stehen. Für alle, die ein bisschen biergeschichtlich interessiert sind, kann ich das nur schwerstens empfehlen. Superspannendes Zeug und ich glaube, ihr habt heute einen guten Eindruck bekommen. Und vergesst natürlich nicht, helft uns, unterstützt das Projekt, dass es weiter wachsen kann. Gebt uns eure Likes auf den unterschiedlichen Plattformen und schickt uns sehr gerne einen Speakpipe oder auch Biere für den Braudoc. Ihr kennt unsere Adressen. Packt sie aber zur Sicherheit nochmal in die Shownotes. Bleibt uns treu. Macht’s gut.
Flo Macht’s gut. Haut rein. Ciao.
Quellen:
[1] Österreichisch-ungarisches Volksblatt für Stadt und Land: politische Zeitschrift. (1883). Österreich: Stöckholzer.
[2] https://escarpmentlabs.com/products/spooky-saison
[3] https://www.hobbybrauerversand.de/Wyeast-1098-British-Ale-Fluessighefe
[4] Holystoner Mirabellen Gose
[5] https://protzonbeer.co.uk/beers/2024/03/augsburg-export
[6] https://www.zoetler.de/maibock.html
[8] Historic German and Austrian Beers for the Home Brewer (English Edition)
[9] Bavarian Brewing in the 19th Century: A Reference Guide (English Edition)
[10] Vienna Lager (English Edition)
Übrigens: Alle Infos aus dem angesprochenen Seminar mit Stefan Zehender findet ihr bei Bernd auf dem Blog: Hopload.de

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