Folge 2.04 – DiAcetyl mit Daniel Stenglein

   

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Dry-Hop Creep oder Hop Creep tritt auf, wenn die Enzyme des frisch zugegebenen Hopfens im Kaltbereich nicht vergärbare Zucker in der Würze in vergärbare Zucker aufspalten, wodurch eine zweite Gärung stattfindet. Bei dieser Gärung entstehen die gleichen Diacethylvorläufer wie bei der ersten Gärung. Wenn ihr Bier kalt abgefüllt wird, bevor die Hefe die Möglichkeit hat, das neu entstandene Diacethyl zu beseitigen, werden sie im Fass eine unangenehme Überraschung erleben. 

Das war ein ins Deutsche übersetzte Zitat aus dem Homebrew-Blog Hazy & Hoppy von Sean Williams über New England IPAs.  

  1. Begrüßung und Vorstellung Gast  
  2. Braudoc 
  3. Diacetyl – Chemische Entstehung und Abbau 
  4. Diacetyl – Weitere Entstehungsmechanismen 
  5. Bierpause #1 
  6. Geschichte 
  7. Tipps und Tricks 
  8. Technologien zur Diacetyl-Reduzierung in kommerziellen Brauereien 
  9. Bier des Monats 
  10. Quellen 

Begrüßung und Vorstellung Gast  

Flo Und damit hallo und herzlich willkommen zu einer weiteren Hauptfolge unserer zweiten Staffel über den Bierstill IPA. Heute ist unser nächstes Fehlaroma an der Reihe und wie wir es bereits in einer vorangegangenen Folge angekündigt haben, sind wir da heute wieder nicht allein am Start, denn wir haben uns ja dauerhaft den Daniel Stenglein aka ungespundet gesichert. Und wie unser Anfangszitat, wie das schon üblich ist und uns schon mal wieder in die richtige Richtung geschubst hat, geht es heute um das Thema Diacethyl. Aber da keine Angst haben, bleibt dran. Wir haben da wieder einen bunten Blumenstrauß für euch gerichtet. Da sind viele spannende Themen dabei. Wir erzählen euch alles über die chemischen Zusammenhänge oder zumindest fast alles. Erläutern viele unterschiedliche Entstehungsmechanismen und selbstverständlich, weil wir ja auch ein Hobbybrauer-Podcast sind, haben wir jede Menge Tipps und Tricks an unterschiedlichen Stellen für euch vorbereitet, wie ihr in euren Homebrews das Diacethylniveau erreicht, wie ihr es haben möchtet. Wir haben viel vor, wenn man da hört und von daher fackeln wir gar nicht lange, bevor ich euch noch eine Radioshow ans Ohr laber und begrüße recht herzlich den Paul und den Daniel heute. Paul, du darfst den Vorang haben als mein Podcast-Buddy Number One an der Stelle. Was gibt es bei dir Neues? Bist du gut drauf? Und wichtigste Frage wie immer, hast du schon ein nettes Bierchen im Glas? 

Paul Ja, ich bin super gut drauf. Ich meine, der Daniel ist mit dabei. Also ich glaube, die Folge ist prädestiniert, um auch vielleicht das eine oder andere Bier zu trinken. Aber ich muss auch dazu sagen, ich habe gerade schon ein Tasting hinter mir und habe schon Bier getrunken. Der Daniel hat mich begrüßt im Vortalk mit, die Birne ist schon rot. Also ich glaube, man sieht es auch so ein bisschen, obwohl ich mich wirklich versucht habe, zurückzuhalten. Aber ja, ich hatte schon ein paar Biere im Glas und habe mir jetzt aus dem Tasting das Dales Pale Ale, ein American Pale Ale mit 6,5% gegönnt. Da habe ich mir relativ viel in der Dose aufgehoben. Das habe ich jetzt aktuell im Glas und trinke das hier noch zum Einstieg ganz entspannt. Ja, viel Hammer Vor Flo. Daniel, schön, dass du wieder mit dabei bist. Herzlich willkommen wieder in unserem kleinen virtuellen Podcast-Studio. Ich glaube, du hast auch schon was im Glas, oder? 

Daniel Ja, erstmal vielen Dank, dass ich wieder hier sein darf. Kurz vor der Braubeviale, hier nochmal in dem Podcast. Stimmt, eine Woche vor der Braubeviale. Genau, und dann vor das Programm drei Tage Braubeviale. Passend zur Folge habe ich natürlich auch was im Glas. Ich zeige es mal kurz. Das ist natürlich eines meiner Lieblingsbiere, in dem ich den Bierfehler Diacethyl auch sehr gern mag. Das ist das Pilsner Urquell, ein fantastisches Bier. Heute aus der Flasche, ich habe es leider nicht aus der Dose bekommen. Ja, dann erstmal Prost. 

Paul Ich würde auch sagen Prost, oder? Achso, nee, Flo, was hast du im Glas? Mann, war das unhöflich. 

Flo Surprise, Surprise. Ich habe auch passend zu unserem heutigen Thema ein Bierchen. Ich zeige es euch mal. Das Fullers ESB ist ja auch für einen leichten Diacethyl-Touch bekannt, und das hat man da. Und mir geht es da ähnlich wie im Daniel, nämlich in diesem Bier mag ich das auch ganz gerne, weil es da einfach die Malzaromatik nochmal so ein bisschen unterstreicht und auch mundgefühltechnisch passt da eigentlich ganz gut rein. Nettes Bierchen, gut für eine Startt, auch wenn es ein bisschen stärker ist. 

Paul Ja, cheers. Also haben wir quasi schon mal gesagt, es gibt Biere, da darf es auch drin sein. Und wir gehen auch nochmal darauf ein, wie man vielleicht Diazethyl reinbringen kann, weil oft ist es ja tatsächlich so, wenn ich es nicht will, dann habe ich es auf einmal im Bier, gerade als Hobbybrauer und andersrum genauso. Und deswegen, es ist manchmal gar nicht so leicht, es reinzubekommen, wenn man es möchte. Das ist, ja, man muss halt die Hefe verstehen, man muss verstehen, wie es entsteht und auch, wie es wieder abgebaut wird. Aber da gehen wir dann später auf jeden Fall ganz genau darauf ein. Und wie steht ihr aber grundsätzlich? Gut, ich weiß, bei dir, Daniel, du bist natürlich auch der Fehlaromenpapst, aber wenn es nicht drin sein soll oder wenn es nicht drin sein darf, ist es bei dir so ein Fehlaroma, was du schnell merkst, als Judge auch? 

Daniel Ja, also ich bin sehr, sehr empfindlich, was Diacethyl angeht und ich mag es auch nicht. Tatsächlich, ich mag es einfach nicht. Aber erst, seitdem ich weiß, was Diacethyl ist, komischerweise. Vorher habe ich Biere getrunken hier im fränkischen Kosmos, die habe ich gern gemocht. Und dann, als ich dann gewusst habe, was Diacethyl ist, jetzt mag ich sie nicht mehr. Das ist irgendwie blöd, ja. Aber so ist es. 

Paul Ja, so ist es, wie du gesagt hast, die blaue oder die rote Pille. Nach so einem Fehlaromenseminar bist du halt dann ein anderer Biertrinker. Flo, bei dir, du magst es schon. Also wir hatten ja auch, ich glaube, schon mal darüber gesprochen, oder? 

Flo Also im richtigen Bierstil, in der richtigen Dosis. Man sagt ja auch immer, die Dosis macht das Gift. Das ist hier auch definitiv der Fall. Die beiden Beispielspiele, die wir jetzt heute schon hatten, Pilsner Urquell und auch das ESB und auch das eine oder andere weitere Bitter, was es so gibt, da finde ich das passend. Da stört es mich nicht. Da habe ich auch lange Zeit nicht gewusst, dass da was als Fehlaroma bekanntes mit drin ist. Wie ich es aber schon mal im Podcast gesagt habe, wo ich echt mega sensibel bin, wenn es dann eher in die modernere Hopfenecke geht, also Pale Ale, IPA. Da werden wir heute auch noch darüber reden, wie man da auch eine Diacethylbombe basteln kann. Und das ist für mich absolut die rote Linie. Das geht gar nicht. Also geringste Mengen, da bin ich dann, glaube ich, echt ein Sensibelchen. Passt nicht für mich. Und wie ist es bei dir, Paul? 

Paul Ja, ähnlich. Also ich habe ja das Problem, dass ich im klassischen Bierstil, Daniel, du weißt es, ich schmecke oder ich kriege es wirklich, ich habe einen sehr, sehr hohen  Schwellwert für Diacethyl. Ich kann das im klassischen Sinne ganz, ganz schwierig wahrnehmen. Und wir kommen auch am Ende der Folge nochmal auf eine Möglichkeit, wie ich mir da auch helfe mittlerweile. Aber so wie du sagst, Flo, wenn meine Biere, und ich habe das öfter mal, einen Hop Creep haben oder hatte das öfter mal einen Hop Creep haben und dann Diacethyl bilden, ist das für mich was anderes. Und da bin ich auch, das kotzt mich dann so richtig an, weil das kriege ich auch nicht ausgeblendet. Das hat für mich immer, ich habe es schon, glaube ich, auch ein, zwei Mal im Podcast erwähnt, es hat für mich diese Sahne-Karamell-Geschmack. Früher gab es diese rot-weiß-Twister oder so, die sind diese Bonbons, die es mal gab, die so nach innen gewölbt waren. Genau so schmeckt es dann für mich. Alles gleich, egal was ich da für einen Hopfen reingeschmissen habe. Und da bin ich wirklich auch bei kommerziellen Vertretern oder bei anderen Hobbybrauerbieren sehr, sehr empfindlich. Aber im klassischen Pils gebe ich es dann meistens jemandem, der sich damit auskennt. Ob da welches drin ist oder nicht, weil mir fällt es tatsächlich sehr, sehr schwer, muss ich sagen. 

Daniel Aber wir werden ja dann auch noch mal darauf eingehen, wie wir das vielleicht auch noch mal reparieren können, solche Biere. 

Paul Ja, genau. Das wird, glaube ich, super interessant. Aber apropos reparieren. Wir starten, bevor wir ins Thema Diacethyl reinschlittern, mit einem klassischen … 

Braudoc 

Paul Wir haben heute eine hohe Schlagzahl. Auf jeden Fall. Ich freue mich. Ja, ich freue mich auch drauf. Ihr schenkt mal ein. Ich erzähle mal kurz was. Es ist das Dark Lentil, ein Münchner Dunkel. Ich hatte in der letzten Folge, in der letzten Hauptfolge, glaube ich, drüber erzählt. Vom Matthias Pflug aus Wiesbaden. Der hat ein Münchner Dunkel gebraut. Und da sind eben grüne Linsen mit reingekommen, die er selber gemälzt hat. Ich fand das super interessant. Warum haben wir das jetzt in dem Braudoc drin? Ich habe es ja schon getrunken. Ich habe aber noch eine Flasche bekommen von Matthias. Der Daniel hat es auch bekommen. Das ist das Schöne. Der Flo hat es auch bekommen. Das heißt, wir können das jetzt wirklich zu dritt verkosten. Ich bin gespannt, was ihr sagt. Ich fand es ganz toll, hatte ich ja schon gesagt. Deswegen kann ich das jetzt an der Stelle auch nochmal sagen. Aber der Matthias war sich natürlich auch unsicher. Wie kommen die Linsen da rein? Er weiß, wie die da reinkommen. Aber wie schmecken sie? Wie kommen sie rüber? Und da bin ich jetzt mal auch gespannt, was ihr vielleicht dazu sagt. Natürlich, Flo, wie ihr es da draußen gewohnt seid, wir bauen unser kleines Labor auf und messen nochmal durch und vergleichen auch mit dem, was hier draufsteht. Und da vielleicht gleich ein paar Angaben. Wir haben Münchner Malz, Pale Ale Malz, Melanoidin. Hier steht noch Farbmalz und Linsen. Wir kommen so auf 36 EBC. Gebittert wurde mit Magnum. Wir haben Hallertauer Mittelfrüh im Aroma und kommen dann auf 27 IBU. Hefe, Wyeast 2308, die Munich Lager. Klassisch, passend zu dem Bierstil. Für die, die es interessiert, grüne Linsen sind übrigens 17 Prozent drin. Also das ist ja schon nicht unerheblich. Wir haben da eine Stammwürze von 14,5 und einen Alkoholgehalt von 6,5. Das ist nicht ganz so klassisch für den Münchner Dunkel, würde ich jetzt mal sagen. Aber ich kenne den Matthias. Der hat immer eine extrem gute Ausbeute und er wird, glaube ich, die Rezepte trotzdem niemals runterfahren. Er geht immer sehr, sehr konservativ ran, was die Schüttung angeht und hat am Ende eigentlich immer die Möglichkeit, nochmal zu verdünnen.  

Daniel Man merkt es dem Bier auch an. Es ist sehr hoch vergoren, relativ schlank. Wenn man es schon einschenkt, farblich wunderbar getroffen, finde ich. Der Schaum ist jetzt bei mir im Glas nicht so opulent, ist eher ein bisschen geringer. Aber farblich perfekt für einen Münchner Dunkel. Und auch in der Nase finde ich es sehr, sehr ansprechend. Und dann muss ich aber sagen, dass ich hier wahrscheinlich die grünen Linsen intensiver in der Nase habe, als dass ich sie auf dem Gaumen habe. 

Paul Also ich muss sagen, ist ein bisschen stark karbonisiert, aber so kenne ich die Biere von Matthias auch. Typische oder klassische Flaschengärung macht er. Die sind immer einen Ticken stärker karbonisiert, aber ich glaube, das mag er auch so. Das gefällt ihm. Stimmt dir zu, Daniel? In der Nase? Ich hätte halt gerne gewusst, also im Leben wird man nicht drauf kommen, dass es grüne Linsen sind, was man in der Nase hat. Also es hat was, ich würde sagen, so vegetales, grünes, so ein leichtes Gemüse. Definitiv. Aber im Geschmack und so hatte ich es auch in Erinnerung, als ich das letzte Mal getrunken habe, was ja jetzt auch schon wieder ein paar Wochen her ist, glaube ich. Es ist ein richtig schönes Münchner Dunkel. Und das, was ich damals gesagt habe, wenn die Basis nicht stimmt, des Rezepts und des Brauprozesses und so weiter für das Bier, dann kannst du da grüne Linsen reinschmeißen, wie du willst. Aber ich finde es an sich halt ein schönes Bier geworden. 

Daniel Also die Hard Facts von dem Bier sind schon mal super getroffen. Also alle Zutaten, was er da gewählt hat, sind perfekt für das Bier. Ich muss auch ganz ehrlich sagen, ich finde hier keinen Fehler. Ich finde es ein ausgesprochen gutes Münchner Dunkel. Wir haben eine gewisse Röstbitterei da, die nicht zu aufdringlich ist, aber die auch stiltypisch ist. Schön weich auf dem Gaumen liegend. Ja, die dunklen Malze sind richtig schmeichelnd. Also ich finde das Bier wirklich richtig gut. Den einzigen Kritikpunkt, den ich habe, ist es ein bisschen hochkarbonisiert. Schaumtechnisch weiß ich nicht, wie es bei dir, Paul, sehe ich gerade, ist es ein bisschen anders. Bei mir fällt es ein bisschen zusammen, aber das sind nur Kleinigkeiten. Aber ansonsten ist es ein super starkes Hobbybrauer Bier. Daumen hoch echt. 

Paul Flo, du hast die Arbeit. Wir haben das Vergnügen. Wir teilen uns diesmal nicht rein. Der Flo hat wirklich Smartref, das Easy Dens und das pH-Meter aufgebaut und testet gerade durch und guckt, was dabei rauskommt. Live in der Folge, ihr seid dabei. Aber hast du schon mal genippt, Flo? 

Flo Ich habe genippt und habe euch dabei gelauscht. Und mir geht es für euch rein von der Nase. Ohne zu wissen, was drin ist, hätte ich wahrscheinlich krass rumgerätselt, weil ich sowas wie Linsen natürlich nicht in so einem Bier als Zutat erwartet hätte. Es hat eine besondere Geruchscharakteristik, die ins Gemüsige geht, aber irgendwie anders ist, als das, was ich kenne. 

Paul Angenehmer. 

Daniel Auch so ein bisschen, wie wenn man in ein Pott Reis ein bisschen reinriechen würde. Irgendwie so in die Richtung.  

Flo Auf jeden Fall super spannend.  

Daniel Was mir an dem Bier auch wirklich richtig gut gefällt, ist die Hopfigkeit. Die versteckt sich nicht, lügt nicht mehr raus. Was war das? Tradition oder mittelfrüh? Mittelfrüh. Ja, weil wir bestimmt auch ein bisschen im Whirlpool reingemacht haben. Gefällt mir sehr gut. 

Paul Ja, also was soll man sagen? Matthias hat schon einige Biere, glaube ich. Ich weiß nicht, wie viel bei Daniel. Aber Flo, du hast auch schon ein paar bekommen.  

Flo Enttäuscht nie.  

Paul Genau, enttäuscht nie. Eigentlich ein absoluter Belgien-Fan. Macht ganz tolle Biere. Aber traut sich dann jetzt langsam, weil ich auch ihm ins Gewissen geredet habe und habe gesagt, das kannst du. Du kannst auch die untergärigen, du kannst auch die, ich sage mal, schwierigen Biere ruhig mal ausprobieren. Und dann jetzt auch mal sowas ausprobiert mit grünen Linsen, sich da richtig reingefuchst. Super interessantes Bier. Ich finde diese Kernigkeit, genau, Daniel, du hast gesagt, dieses Hopfen-Aroma. Ich finde das cool. Das ist ein richtig klasse Münchner Dunkel mit so einem kleinen Twist. Absolut gelungen. 

Daniel Die Idee schon allein, grüne Linsen zu verwenden, einfach geil. 

Paul Das war in der Brett-Folge, das war ja mein Bier des Monats in der letzten. Da hat sogar der Benedikt Koch, und der hat schon viel gehört. Selbst der hat gesagt, what? Also das musste er erst mal schaffen. 

Flo Definitiv. Schauen wir uns noch die Hard Facts an. Auf der Flasche haben wir 6,5%.  

Ich habe jetzt dreimal gemessen und komme immer auf 7,3. 

Paul Flaschengärung, die ist bestimmt nicht einberechnet. 

Flo Ja, mit Easy Dens und Smart Rev, also doch ein bisschen höher. PH-Technisch sind wir bei 4,55. Also passt, denke ich, auch zur sensorischen Wahrnehmung. Zeigt, dass alles sauber vergoren ist, auch hoch vergoren. Also dieses ganze Thema mit den Abweichungen, die wir da immer haben, dem Thema müssen wir uns auch mal intensiver widmen. Das ist ein spannendes Thema, was, denke ich, auch viele interessiert. Kein einfaches Thema, aber ich glaube, es ist es wert, dass wir uns da mal ein bisschen mehr mit auseinandersetzen.  

Daniel Was erstaunlich bei dem Bier ist, ist für 7,3% Alkohol, das merkst du überhaupt gar nicht. Da könntest du noch denken, so in Richtung März vielleicht ein bisschen so um die 6%, aber über 7% ist ja schon Bock. Also das ist schon gut. 

Paul Und Flo, hast du noch irgendwas auf dem Kasten? Nee, ne? Dann können wir jetzt langsam reinstarten. Haben wir ein tolles Bier im Glas und starten in unser Thema Diacetyl  

Diacetyl – Chemische Entstehung und Abbau 

Paul Und als Einstieg in das heutige Thema, da müssen wir uns natürlich erst mal auch so ein bisschen mit Diacetyl beschäftigen, beziehungsweise wie es entsteht, wie es abgebaut wird, wie ist die sensorische Wahrnehmung. Wir haben ja gerade schon über Schwellwerte gesprochen. Was ist Diacetyl und so weiter? Was sind typische Konzentrationen? Daniel, da bist du jetzt gefragt. Wie ist das? Wie schmeckt Diacetyl? Wie kommt es rüber? Was ist es eigentlich? Was haben wir da im Glas? Was haben wir da in der Nase? Was stört uns? Es gibt ja auch ganz, ganz viele, die das mögen. 

Daniel Ja, also grundsätzlich, Diacetyl ist ja quasi in jedem Bier vorhanden. Es ist eine Schlüsselkomponente, die auch in gewissem Maße zur Vollmundigkeit beiträgt. In der Literatur wird es als butterartig, manchmal auch karamellig beschrieben. Für dich gehen jetzt diese rot-weißen Twisterbonbons. Für mich ist Diacetyl immer so werter als echte. So dieser Sahnebonbon. Die Schwellwerte in einem Bier, also für die Menschen, der Schwellwert ist so 50 bis 100 Mikrogramm pro Liter. Das ist die Wahrnehmungsschwelle. Typische Konzentrationen in Bieren sind so 10 bis 120. Dann ist man schon ein bisschen drüber. Das kommt aber auch auf die eigene Genetik an, wie man Diacetyl wahrnimmt. Es gibt aber auch Biersorten, in denen es natürlich auch deutlich über der Wahrnehmbarkeitsschwelle ist. Da spricht man in der Literatur von bis zu 800 Mikrogramm pro Liter. Diacetyl ist ja quasi ein Stoffwechselprodukt von unseren liebsten Haustieren, unseren Hefen. Es entsteht ja aus 2-Acetolactat. Das ist das Stoffwechselprodukt aller Hefen während der Gärung. Das wird an die Würze abgegeben. Das Kuriose ist ja dann, es wird zu Diacetyl umgewandelt, aber die Hefe baut es auch wieder ab. Unter den Schwellenwert der Wahrnehmung, wenn das bleibt, gehört es einfach mit zum Bier dazu, dass es den Biergeschmack abrundet. Der Abbau von Diacetyl ist dann auch während der Hauptgärung. Dann nimmt die Hefe quasi wieder das Diacetyl auf und verstoffwechselt es. Es wird zu 2,3 Butandiol abgebaut, was der Mensch nicht schmecken kann. Das ist so dieser Diacetylstoffwechsel, der während der Hauptgärung so passiert. 

Paul Und wenn man jetzt rein auf die Verkostung mal schaut, für dich als Judge auch, gibt es da Faktoren, die die Wahrnehmung beeinflussen können? Weil ich ja auch gesagt habe, ich nehme es relativ schlecht wahr oder schwer wahr. Vielleicht geht es den anderen auch so. Grundsätzlich kann ich mir gut vorstellen, weil ich es auch bei vielen Hobbybrauerbieren höre. Ich muss tatsächlich sagen höre, weil ich es bei meinen selber manchmal auch nicht schmecke, dass es tatsächlich oft vorkommt. Und deswegen als Judge hat man da sicherlich irgendeine Technik oder Tests oder sowas, um das vielleicht mal besser zu erkennen. 

Daniel Also grundsätzlich ist es halt schon so, es hängt schon ein bisschen ab auch von der eigenen Genetik. Jeder Mensch hat ganz einfaches Beispiel Mineralwasser. Viele Menschen empfinden zum Beispiel Mineralwasser als extrem salzig, was andere zum Beispiel gar nicht als salzig empfinden. Jeder Mensch hat eine eigene Genetik, was solche Wahrnehmungen angeht. Und so ist es auch bei Diacetyl. Aus meinen Fehl-Aromen-Seminaren, das sind jetzt schon einige, die ich gemacht habe, kann ich ungefähr so Pi mal Daumen, würde ich sagen, dass 20% der Teilnehmer überhaupt gar kein Diacetyl schmecken. Dann nochmal so 20%, wo die Wahrnehmungsschwelle ein bisschen angehoben ist und der Rest erkennt es eigentlich sehr, sehr gut. Neben der eigenen Genetik sind natürlich auch zusätzliche Faktoren wichtig. Bei der Verkostung von Bieren und wenn es halt an Diacetyl geht, das eigene Tagesform. Wie geht es mir? Das ist tatsächlich so. Also bin ich gut drauf? Habe ich da Bock drauf? Was habe ich gegessen? Habe ich vielleicht Parfum dran? Das sind alle solche Faktoren, die eine Verkostung quasi beeinflussen können. Wenn ich jetzt dann das Thema Diacetyl herangehen würde als Unerfahrener, dann würde ich als erstes natürlich empfehlen, besucht ein Fehleraromen-Seminar. Das ist tatsächlich so. In dem Fehleraromen-Seminar habe ich das Trägerbier und in das Trägerbier wird quasi der künstliche Stoff Diacetyl aus der Kapsel quasi hinzugefügt. Dann habe ich den direkten Vergleich, wie das Trägerbier schmeckt und wie das aufgemutzte Bier quasi schmeckt. Wenn ich jetzt nicht die Möglichkeit habe, in ein Fehleraromen-Seminar zu gehen, dann würde ich mir Pilsner Urquell holen. Einmal aus der Flasche und einmal aus der Dose. Wenn man Glück hat, was relativ häufig der Fall ist, auch ich habe heute eine Flasche Pilsner Urquell, wo ich kein Diacetyl wahrnehme. In der Dose ist es relativ häufig enthalten. Also würde ich mir eine Flasche und eine Dose mal nehmen und das als Vergleich zum Beispiel nehmen. Als nächstes, es gibt ja viele Brauereien, die ja grundsätzlich immer Biere mit Diacetyl natürlich brauen. Da könnte ich zum Beispiel auf Untappd gehen und mir dann verschiedenste Brauereien raussuchen. Jetzt in meinem näheren Umkreis in Franken gibt es da auch ein paar Vertreter wie Brauerei Meister in Unterzaunsbach, die haben immer Diacetyl. Egal wann, da kannst du hingehen, da hast du immer Diacetyl im Bier. Solche Biere würde ich verkosten. Natürlich auch ein bisschen Literatur lesen und dann auch vergleichen mit anderen Bierstilen. Diacetyl kommt auch nicht in jedem Bierstil, finde ich, gleich rüber. Also in einem Pils ist es zum Beispiel anders wie jetzt in einem IPA, was Hop Creep hat.  Aber wie gesagt, am besten wäre ein Fehl-Aromen-Seminar, weil ich da einfach den direkten Vergleich habe. 

Paul Und am besten bei dir, das kann man schon so sagen. Also wir dürfen das sagen. 

Daniel Ja, es gibt auch mehrere Anbieter, aber natürlich auch mich. 

Paul Aber es gibt eigentlich nur einen. Ja, echt super interessant. Also ich bin auch gespannt, wie die Reihe so weitergeht, weil es gibt natürlich Fehler rum, die nehme ich wirklich sehr, sehr gut wahr. Diacetyl ist sowas super schwierig für mich. Was ich aber richtig klasse finde, ist die Chemie dahinter. Und Flo, du weißt es, ich freue mich auch deshalb schon auf den heutigen Abend, weil das muss raus. Das, was ich mir da so angeguckt habe. Ich habe ja auch letztens einen Blogpost dazu rausgebracht und habe jetzt auch noch mal ein bisschen tiefer gegraben und habe geguckt. Daniel hat es gerade angerissen, weil dieses Paradoxon, dass Diacetyl erst gebildet werden muss, damit es dann wieder abgebaut werden muss, das muss man halt erst mal verstehen. Und das ist, glaube ich, ganz, ganz essentiell, damit wir auch weiter dann aufbauen können auf die Techniken oder auf die Tipps und Tricks, die wir euch dann noch mitgeben wollen. Das heißt, wir gucken uns jetzt mal an, wie Diacetyl im klassischen Sinne entsteht. Das heißt, Kontamination und Hop Creep und sowas, das gucken wir uns gleich noch an. Aber jetzt gucken wir es uns mal so als typischer Störenfried, zum Beispiel in einem klassischen Lager oder so an. Und warum es auch eben die Lösung dafür gibt, die die Hefe selbst ist, die es selber quasi erst auf den Weg gebracht hat, um es dann wieder zu verstoffwechseln. Hefe produziert Diacetyl im Laufe der Gärung während des Zellwachstums, also vor allen Dingen während des Zellwachstums, in Form von Daniels angesprochenem Alpha-Acetyl-Lactat. Das heißt, das ist noch eine geschmackslose Komponente. Und die wird dann im Laufe der Zeit in die Bier-Umgebung, das heißt, einfach aus der Zelle in die Würze ausgesetzt, abgegeben. Und dann wird es zu Diacetyl abgebaut.  

Wir kommen auch gleich noch ein bisschen detaillierter drauf. Ich habe mir heute mal wieder ein Bild überlegt. Flo, der habe ich heute schon geteasert, dass ich mir so ein paar Metaphern überlegt habe heute, um es hoffentlich anschaulicher zu machen für alle da draußen auch. Also stellt euch vor, die Hefe ist so eine fleißige Putzkolonne, die in ziemlich chaotischen Raum, also die Würze sauber machen soll. Und während sie das tut, also Zucker und Alkohol und Kohlensäure umwandelt und hinterlässt sie selber ein bisschen Müll, so wie das halt ist. Also sie braucht halt Putzlappen, die lässt sie liegen, leere Sprühflaschen, schmutzige Eimer und so weiter. Und dieser Müll ist in unserem Bild das Acetolactat. Und jetzt liegt dieser Müll erstmal im Raum rum. Und weil er eben jetzt an der Luft oxidiert, also chemisch reagiert, verwandelt er sich in etwas, das noch störender ist, in Diacetyl. Und jetzt nimmt man es auch wahr. Das heißt, die Putzlappen fangen an, komisch zu riechen, weil sie feucht und warm werden. Und so ähnlich kann man sich diesen Prozess vorstellen. Und jetzt ist es halt wichtig zu verstehen, wieso entsteht Diacetyl. Also die Hefe produziert während der Gärung viele Nebenprodukte. Das haben wir schon oft besprochen, das habt ihr auch schon oft gelesen. Und darunter eben auch Alpha-Acetolactat. Und das passiert, weil die Hefe eben nicht nur Zucker und Alkohol umwandelt und CO2 produziert, sondern auch Bausteine für die eigene Zellteilung, also für die Vermehrung benötigt und natürlich für die Energieversorgung. Das Alpha-Acetolactat ist quasi ein Zwischenprodukt, das entsteht, wenn die Hefe Aminosäuren wie Valin, sind wir auch schon mal drauf eingegangen, Flo, für ihren Stoffwechsel herstellt. Das heißt, chemisch passiert Folgendes. Alpha-Acetolactat wird in die Bierflüssigkeit abgegeben und wird durch einen Oxidationsprozess zu Diacetyl umgewandelt. Und dabei geht es im Endeffekt nur um Sauerstoff und Zeit, weil das passiert von allein. Wenn man sich jetzt diesen Oxidationsprozess genauer anguckt, bei dem eben Diacetyl entsteht, dann heißt Oxidation ja im Grunde, dass ein Molekül Elektronen abgibt. Und im Fall von Acetolactat passiert dann Folgendes. Das ist eine sehr instabile Verbindung und die liegt in der Bierflüssigkeit herum. Und sobald sie mit Sauerstoff oder manchmal reicht auch nur so ein bisschen Hitze aus, in Kontakt kommt, reagiert es. Und durch diese chemische Reaktion wird es dann Dekarboxylisiert. Das heißt, es wird eine CO2-Gruppe abgespalten und es entsteht Diacetyl. Und das kann man sich vorstellen wie so ein Baustein, wo man ein Teil abbricht und danach hast du aber wieder einen fertigen Baustein. Und das ist dann aber eben unser störendes Diacetyl oder auch nicht störendes Diacetyl. Das kommt da so ein bisschen drauf an. Und wir haben es jetzt schon angesprochen, die Hilfe kann es jetzt eben auch wieder aufnehmen und zu einer weniger störenden Verbindung abbauen. Sie macht die Sauerei quasi selber wieder sauber. Das finde ich auch ganz gut, dieses Bild.  

Und Daniel, wie geschieht jetzt dieser Abbau? 

Daniel Also grundsätzlich, wenn wir mal davon ausgehen müssen, in eine Brauerei. Auf das Thema Diacetylrast werden wir nochmal später eingehen. Aber in eine Brauerei gibt es das Thema nicht. Also ich kann nicht in meinem Lagerkeller, kann ich nicht irgendwann mal später einfach… Der Lagerkeller hat eine feste Temperatur. Da stehen meine ZKGs drin. Da sind 8 bis 10 Grad und da kann ich nicht einfach den Raum dann auf 15 bis 20 Grad erhöhen. Das funktioniert nicht. Also im normalen Fall wird Diacetyl während der Reifung abgebaut. Und da ist es so, was ein ganz ganz wichtiger Faktor ist, wo wir später auch nochmal drauf eingehen werden, ist, dass die Hefe auf jeden Fall noch aktiv sein muss und auch in Schwebe. Also das ist ein ganz ganz wichtiger Faktor, den darf man nicht vergessen. Ansonsten, Diacetyl wird natürlich immer gebildet und es wird auch immer abgebaut, aber wir haben schon ein paar Stellschrauben, wo wir auch anfangsseitig ein bisschen besser drauf eingehen können, damit wir überhaupt gar nicht so viel Diacetyl dann im Bier haben. Aber klassischerweise in der Brauerei, wenn ich mal Diacetyl im Bier habe, wenn es mal im Lagertank ist, dann wird es da auch drin bleiben, weil keine Brauerei hat die Zeit, drei Monate zu warten, bis das Diacetyl weg ist, sondern das wird dann an den Kunden ausgegeben. Also wenn es drin ist, dann ist der Groschen gefallen. 

Paul Ja, das ist krass. Also ich hatte tatsächlich letztens, ich nenne jetzt nicht die Brauerei, aber ich hatte eine Brauereiführung, wo das Bier gezwickelt wurde. Es war ein Helles. Und selbst ich habe es wahrgenommen. Aber alle um mich herum, die einfach nicht im Thema Bier drin sind oder Fehlaromen oder irgendwas, das waren einfach Arbeitskollegen, überhaupt nicht, die haben das halt einfach getrunken. Das war quasi Bier vom Zwickelhahn, total lecker, also da spielt ja dein Kopf auch mit. Aber selbst ich habe es wahrgenommen. Da habe ich gedacht, uiuiui. Na gut, aber ich war halt mit, ich sage mal, zehn anderen da und ich war der eine, der es geschmeckt hat. Und das heißt schon was. Und die anderen halt quasi, oder haben es vielleicht geschmeckt, aber haben es nicht als störend empfunden. Daniel, wie du gesagt hast, wenn man nicht weiß, was es ist vielleicht, nicht beschreiben kann und nicht weiß, wie es schmeckt, dann ist es auch gar nicht so schlimm. Aber dann habe ich mir auch gedacht, okay, das bleibt jetzt drin. Das ist jetzt so. Naja. 

Flo Wunderbar. 

Paul Ich würde noch ganz kurz, ich weiß, ich sprenge heute ein bisschen die Zeit, aber ich will noch meinen kleinen Exkurs vorbereiten. Ich würde noch, weil wir es uns jetzt eingangs chemisch angeguckt haben, wie es aufgebaut wurde oder wie es entstanden ist, jetzt auch noch den Abbau chemisch noch näher betrachten. Denn es handelt sich um eine Reduktionsreaktion, bei der eben das Diacetyl, der, Daniel hat es gesagt, in 2,3-Butandiol abgebaut oder reduziert wird eben. Und das ist dann eben eine geschmacksneutrale Verbindung, die man nicht wahrnehmen kann. Und ja, alles ist wieder gut, alles ist wieder aufgeräumt. Dafür muss das Diacetyl aufgenommen werden. Und dann gibt es so ein kleines Werkzeug, festhalten, Acetoinreduktase. Die Endung verrät uns, dass es sich dabei um ein Enzym handelt, das ganz, ganz wichtig ist, um eben diese Reduktionsreaktion durchzuführen. Dazu muss man noch wissen, Diacetyl besteht aus zwei Ketogruppen. Und im ersten Schritt wird halt eine Ketogruppe abgebaut und im zweiten Schritt dann die zweite. Im ersten Schritt entsteht Acetoin, daher auch der Name dieser Reduktase, und im zweiten Schritt dann Butan-Diol. Und ich habe es gerade schon abgeklärt, ich darf noch einen ganz kurzen Exkurs einbauen, weil mich das in der letzten Hauptfolge wirklich ein bisschen getriggert hat. Und zwar, ich möchte jetzt die Brücke zur letzten Hauptfolge schlagen. Daniel, nicht rückwärts vom Stuhl fallen, das war Brettanomyces.  

Daniel Geile Folge. 

Paul Ich sehe zwei, ja, Dankeschön, Dankeschön. Ich sehe aber auch so zwei, glaube ich, verwirrte Gesichter, aber ich will das jetzt auflösen, weil das hat mich tatsächlich so ein bisschen geflasht, als der Benedikt Koch über Redox Balance gesprochen hat. Und um Diacethyl abzubauen, ist eben diese Reduktionsreaktion notwendig. Und in diesem speziellen Fall werden diese sehr reaktiven Ketogruppen zu weniger reaktiven Alkoholgruppen umgebaut. Haben wir gerade besprochen, soweit so gut. Jetzt muss man wissen, eine Reduktion bedeutet, dass Elektronen aufgenommen werden, und demgegenüber steht die Oxidation, also die Abgabe von Elektronen. Und die Redox Balance beschreibt dieses Gleichgewicht, dessen im Hefestoffwechsel, nicht nur im Hefestoffwechsel, das ist auch darüber hinaus, aber auf jeden Fall sind wir ja gerade im Hefestoffwechsel. Und die Hefe arbeitet also als kleine Fabrik. Sie produziert Energie, baut Stoffe auf und ab und so weiter. Und dabei entstehen ständig Elektronen, die irgendwo hin müssen. Und damit die Hefe gesund bleibt und diese Prozesse weiterlaufen, stabil laufen, müssen diese Elektronen sinnvoll verwendet werden. Im Endeffekt muss sie loswerden, wenn sie entstehen. Und das nennt man Redox Balance, um es mal runterzubrechen. Hört noch mal gerne in die letzte Folge rein. Der Bene hat es auch noch ein bisschen tiefer beschrieben. Aber wenn dieses Gleichgewicht gestört ist, funktioniert die Hefe natürlich schlechter, sie kann absterben. Ich will es an dieser Stelle nicht noch komplizierter machen, aber wenn man sich das Thema ein bisschen anguckt, um dieses Gleichgewicht herzustellen, dann gibt es eine Art Elektronentransportsystem. Der wichtigste Player ist ein Molekül, welches auch noch in zwei Formen vorkommen kann. NADH und NAD+, wird das auch genannt. Und heute ist Tag der Metaphern, habe ich selber ausgerufen vorhin. Stellt euch den Kreislauf eines Lieferwagens vor, fand ich ganz passend. Also NAD+, also der Lieferwagen startet leer. Er kann mit Paketen, mit Elektronen beladen werden. Und NADH hingegen ist die beladene Form des Lieferwagens. Die Pakete müssen ausgeliefert werden, die müssen irgendwo hin. Das Problem, die leeren und vollen Lieferwagen, die müssen immer im Gleichgewicht bleiben. Sonst funktioniert das System eben nicht mehr. Denn entweder bleiben die Pakete, also die Elektronen liegen, oder es gibt keine Möglichkeit, neue abzuholen. Und jetzt, um die Brücke endlich zu schlagen, aber ich musste das vorher packen, zwei abschließende Punkte. Was hat das jetzt mit Diacetyl zu tun? Und zwar, der Abbau von Diacetyl ist nicht nur geschmacklich relevant, sondern auch ein cleverer Trick der Hefe, um eben diese eigene Redox-Balance zu stabilisieren. Ohne diese Möglichkeit würde die Hefe überhitzen. Überhitzen ist, glaube ich, ein ganz guter Begriff. Weil sie ihre Elektronen eben nicht mehr loswird und würde absterben. Natürlich tut sie das irgendwann. Das ist kein unendlicher Energiehack. Aber irgendwann kommt sie natürlich an ihre Grenzen. Und alle Prozesse sind abgeschlossen. Aber sie versucht natürlich, so lange wie möglich zu überleben. Und das schafft man zum Beispiel mit dem Abbau von Diacetyl. Und das schafft man natürlich auch nur, wenn die Hefe nicht vorher schon abgestorben ist. Und die Brücke vielleicht auch noch zur Brett. Brett hat weniger oder sogar eben fehlende Acetoin-Reduktase, also dieses notwendige Enzym, um Diacetyl zu reduzieren, abzubauen. Und stattdessen verlässt sich Brett eben auf alternative Stoffwechselwege, die langsamer oder weniger direkt sind, sagen wir es mal so. Und trotzdem kann sie dann darüber die Redox-Balance behalten. Sie reduziert also anstelle von Diacetyl andere Verbindungen. Kennen wir, haben wir in der letzten Folge vielleicht gehört, Milchsäure, Sauerstoff und so weiter. Und damit wird sie auch ihre Elektronen wieder los. Und damit komme ich zu meinem letzten Bild. Und dann geht es auch weiter. Brett ist in Bezug auf Diacetyl eine Putzkolonne, die keine modernen Reinigungsgeräte hat, sondern statt Hochleistungsstaubsaugern nutzt sie eher Besen und Kehrschaufel. Und sie kommt zum gleichen Ergebnis, ist aber eben nicht so effizient, um Diacetyl abzubauen. Und deswegen gerade in Bezug auf dessen verbleibt es eben oft länger im Bier, bis sie sich es dann vornimmt. Ja, den kleinen Exkurs habe ich mir jetzt gegönnt. 

Flo Sehr cool, Paul. 

Paul Und jetzt schenke ich mir, glaube ich, auch vor der nächsten Bierpause schon wieder ein Bier ein. 

Flo Sehr, sehr cool. Und du hast auf jeden Fall mein Bild über die Brett nicht zerstört. Auch wenn sie manchmal andere Mittel einsetzt. Sie kommt immer zum Ziel. Sie ist nicht nur ein Überlebenskünstler, sondern hat auch die notwendigen Tricks am Start. Sehr cool.  

Paul Richtig.  

Diacetyl – Weitere Entstehungsmechanismen 

Flo Und ich würde sagen, ich versuche jetzt in irgendeiner Art und Weise auch eine Brücke zu unserem Staffelbierstil zu schlagen oder beziehungsweise auch zu anderen Bierstilen. Jetzt haben wir so das klassische Bild von Diacetyl, sehr detailliert beleuchtet, sehr anschaulich. Aber es gibt natürlich noch weitere Diacetyl-Entstehungsmechanismen da draußen. Und über die sollten wir auch reden, um einfach ein komplettes Bild euch da draußen zu geben mit dieser Folge. Weil das kennt er schon von uns. Wenn wir sowas machen, versuchen wir das richtig zu machen und immer als eine Art Rundumschlag. Und ich würde sagen, weil ich gerade an der Reihe bin, da passt es einfach. Fangen wir mit den Bakterien an. Nämlich Diacetyl kann auch durch bakterielle Kontamination entstehen, wie zum Beispiel durch Milchsäurebakterien. Da kann man auch in der Regel in dem Fall ungewollt Diacetyl ins Bier reinbringen. Ich würde behaupten, wenn man es so geschafft hat, eine Diacetylbombe zu basteln, dann wird man das relativ einfach korrelieren können, weil man dann in der Regel auch natürlich einen gewissen sauren Touch in seinem Bier wiederfindet und sollte dann wissen, dass man da irgendwas falsch gemacht hat. Und der entscheidende Punkt ist, bei den bakteriellen Kontaminationen, je nachdem zu welchem Prozessschritt, zu welchem Zeitpunkt man sich das einfängt, wird es mit dem Diacetylabbau problematisch, weil die Milchsäurebakterien im Gegensatz zur Hefe das Problem haben, die können Diacetyl als Stoffwechselprodukt erzeugen. Aber ja, flapsig formuliert, die haben halt keinen Bock, das wieder abzubauen. Die können das schlichtweg nicht. Das heißt, wenn ihr euch sowas im Abfüllvorgang einfangt, wenn die Hefe ihren Job schon gemacht hat, wenn ihr nicht gerade eine Flaschengärung macht und mit Gegendruck beispielsweise abfüllt und euch in dem Prozessschritt sowas einfängt und sowas dann irgendwann zum Tragen kommt, zum Vorschein kommt, dann werdet ihr das schwierig los. Wenn ihr ein hopfenbetontes Bier natürlich habt, dann sind es sicherlich keine Laktos, dann müsst ihr euch schon einen Pedio einfangen, der hoptoleranter ist, weil Laktose haben bekanntermaßen keinen Bock auf IBU, die quittieren relativ schnell ihren Dienst, aber bei den Pedios ist es anders. Und ja, dann habt ihr den Salat, aber am Ende des Tages, so oder so, habt ihr eine saure Note im Bier, da kommt es auf das Diacetyl auch nicht mehr an. Von daher an der Stelle auch nochmal der Appell, sauber arbeiten, dann seid ihr da auf jeden Fall auf der richtigen Seite der Medaille. Und lasst uns noch kurz drauf gucken, wenn ihr ein richtiges Sauerbier macht, gibt es ja so einige da draußen, ich glaube, da bin ich nicht der Einzige, da kann man durchaus, wenn man zu gewissen Reifestadien sein Bier probiert, auch eine Diacetylnote haben, insbesondere Pediococcus Damnosus, das ist ja die verbreiteste Pedio Gattung, die man in mischfermentierten Bieren einsetzt, aber auch der ein oder andere Laktostamm, die produzieren auch Diacetyl, und zwar in beträchtlich höheren Mengen sogar, wie das Saccharomyces kann, bei der ein oder anderen Quelle, also da liest man um Faktoren höhere Werte, und wie gesagt, wenn ihr das zu gewissen Zeitpunkten probiert, kann das eben passieren, und dann kann halt sein, dass ihr auf dem Gaumen so etwas wie saures, gebuttertes Popcorn habt. Klingt das nicht so gut, ist es auch nicht wirklich, aber da hat man Glück, nämlich im finalen Sauerbier baut sich das in der Regel wieder ab. Der Paul hat es ja schon gesagt, Brett hat da gewisse rudimentäre Vorgehensweisen, das dauert dann vielleicht ein bisschen länger, aber am Ende des Tages sollte da kein Diacetyl im fertigen Bier sein. Noch ganz kurz als Ergänzung zu dem, was der Paul alles erklärt hat, zu dem Stoffwechselprozess, bei den Miesäurebakterien, die produzieren Diacetyl als Stoffwechselnebenprodukt aus ihrem Zuckerstoffwechsel, das ist eine Chance, das zu bekommen, aber auch durch die Verstoffwechselung oder den Abbau von gewissen Säurearten, beispielsweise Zitronensäure, das kann man durchs Malz in die Würze bekommen, das ist ein klassisches Stoffwechselprodukt, je nach verwendetem Milchsäurebakterium, mehr oder weniger, oder wenn ihr auch mit Früchten spielt, je nach Frucht habt ihr da auch gewisse Zitronensäureanteile, oder auch Apfelsäure, die dann eben von dem Bakterium verstoffwechselt auch Diacetyl produzieren können. Und da um eine Brücke zu schlagen zu einem anderen alkoholischen Getränk, auch bei der einen oder anderen Weinsorte, je nachdem, welche Rebe, ohne jetzt ins Detail zu gehen, man verwendet, kann man auch auf Basis von Zitronensäure und Apfelsäure, bei Apfelsäure Stichwort malolaktische Fermentation, auch als Stoffwechselprodukt Diacetyl bekommen, d.h. die haben da ähnliche Probleme, in Anführungszeichen, wie wir es in der Bierwelt haben. Insbesondere beim Sauerbier noch als Abschluss, da hat man Glück, weil der ganze Diacetylabbau, der ist insbesondere in einem niedrigen pH-Regime, funktioniert der besser oder auch schneller, d.h. in dem üblichen pH-Range, wie wir bei Sauerbieren unterwegs sind, Größenordnung 3,5, die meisten, da funktioniert es einfach gut und ist mit die Ursache, warum man es in der Regel in Sauerbieren jetzt nicht als Aroma mit drin hat. Und das war es aber an Entstehungsmechanismen noch nicht. Wie schon häufig heute gedroppt, Thema Dry Hop Creep, da gibt es natürlich auch noch einiges zu sagen und wer könnte euch da draußen das besser erklären, als Mr. Chemie? Paul, von daher, again the stage is yours. Wie geht es da vorwärts? 

Paul Wenn meine Chemielehrerin das von früher hören würde, das wäre echt gut. Damals ist nämlich überhaupt nichts bei mir angekommen, aber jetzt umso mehr. Aber genau, Hop Creep, wir haben es erwähnt, eingangs vor allen Dingen, ist für mich eine ganz andere Wahrnehmung, für mich ein ganz anderer Diacetylgeschmack wahrscheinlich oder Geruch, der mich so richtig triggert. Flo dich auch, haben wir gehört. Als Erinnerung, wir haben darüber bereits in Folge 1.06 gesprochen, glaube ich, die sechste Folge der ersten Staffel. Aber um das Thema an der Stelle natürlich noch mal aufzufrischen, weil es passt jetzt einfach auch perfekt, Hop Creep ist, wie unser Eingangszitat auch schon gezeigt hat, eine ungewollte zusätzliche Gärung, vor allen Dingen in kaltgehopften Bieren, die durch amylolytische, also Stärke abbauende Enzyme aus dem Hopfen initiiert wird. Und dieser Prozess kann eben zu Problemen wie Überkarbonisierung, zu eben aber auch Diacetylbildung führen. Und während, oder vor allen Dingen während des Hopfenstopfens, gelangen diese Enzyme, darunter Amyloglucosidase, AMG, aus dem Hopfen ins Bier. Und diese zerlegen dann unvergärbare Dextrine in fermentierbare Zucker. Und das ist eben die Falle. Denn noch vorhandene Hefe nutzt diese Zucker dann wieder und, ja, für eine unerwartete sekundäre Gärung, die oft nicht zu unterschätzen ist, zusätzliche Vergärung von 0,5 bis 2 Grad Plato bewirken kann. So, es entsteht echt noch mal mehr Alkohol, CO2, und zudem eben auch unerwünschte Gärnebenprodukte wie Diacetyl. Und man spricht in diesem Zusammenhang übrigens auch von der diastatischen Kraft des Hopfens. Es gibt drei Faktoren, die ich jetzt quasi nochmal kurz zusammenfasse. Ein gewisser Anteil an nichtvergärbarem Extrakt, also Dextrine in der Würze, hat man zum Beispiel bei den Union IPAs oft, lebende Hefe in Suspension, das, ja, gegen Ende der Gärung, beziehungsweise gerade so in der Dry-Hop-Phase, ist das natürlich oft gegeben. Und dann eben die Zugabe von Hopfen zu gärendem oder vergorenem Bier. Und wie hängt das jetzt mit Diacetyl zusammen, beziehungsweise was passiert da? Während dieser erneuten Gärung, oder während die erneute Gärung einsetzt, produziert die Hefe eben wieder, wir erinnern uns, Acetolaktat. Und das ist eben das Vorläufermolekül von Diacetyl. Der Prozess läuft genauso ab wie in der Hauptgärung, genauso wie das, was wir vorhin beschrieben haben. Es diffundiert aus der Zelle, wird in der Würze zu Diacetyl umgewandelt. Und jetzt kommt die Krux normalerweise, gesunde Hefe und so weiter nach der Hauptgärung. Wir würden das Diacetyl aufnehmen und wieder abbauen. Aber beim Hop-Creep gibt es eben ein Problem im Endeffekt. Die geringe Aktivität der Hefe gegen Ende der Gärung, beziehungsweise eigentlich ist die Gärung sowieso schon abgeschlossen. Also niedrige Hefeaktivität. Die Hefe ist oft nicht mehr in Topform. Sie hat kaum noch Nährstoffe wie Stickstoff, Vitamine und so weiter. Und arbeitet eben langsamer oder ist bereits zum Teil sogar inaktiv. Und dadurch schafft sie es dann eben häufig nicht mehr, das während des Dry-Hops entstandene Diacetyl, was man eben als Hop-Creep auch bezeichnen kann, vollständig abzubauen. Und was man auch nicht vergessen darf, es ist auch ein zeitlicher Aspekt. Das muss jetzt auch nicht super schnell gehen. Das darf man nicht außer Acht lassen. Das kann, der Name sagt es ja schon, ein schleichender, langsamer Prozess sein, der sich dann eben bis in die Flasche oder bis in die Dose zieht. Nicht selten sieht man auch mal so eine explodierende oder so aufplatzende Dose. Kann gerne auch mal den Großen da draußen passieren, dass es dann eben zu so einem Hop-Creep kommt. Und da ist das Diacetyl, Flo, du hast es im Bereich Sauer gesagt, da ist das Diacetyl das kleinste Problem. Also wenn man so Flaschenbomben produziert hat, dann ja, genau. Wie man das verhindern kann, da kommen wir gleich auf jeden Fall noch mal zu. Aber das ist ein zweiter Mechanismus, den man auf jeden Fall auf dem Schirm haben sollte. Vor allen Dingen in den heutigen Zeiten, wo so viele hopfenbetonte und hopfengestopfte Biere hergestellt werden. Und ich durfte schon viele trinken. Und Daniel, da noch mal der Verweis auf deinen Spruch von vorhin. Ganz, ganz viele, die ich dann darauf hingewiesen habe, was das ist, was sie da schmecken, können sie jetzt auch nicht mehr leiden. Und bis dahin fanden sie es eigentlich ganz gut, weil es schmeckt ja in dem Sinne nicht schlecht. Also dieses Sahnekaramell mit so ein bisschen Frucht, ist eigentlich ganz gut, wenn man nicht weiß, was das genau ist. Aber wenn du dann weißt, okay, das ist eigentlich ein krasser Fehler und das ist eigentlich störend und das soll so nicht sein. Und vor allen Dingen wirkt sie dann auch nicht mehr so frisch. Also diese ganze Hopfenaromatik wirkt ja nicht mehr so frisch, wie sie eigentlich mal gedacht war. Und das finde ich halt richtig, richtig nervig.  

Daniel Ich glaube, da spielts eine Kopfsache mit rein. Wenn man weiß, es ist ein Fehler. Definitiv. Ja, das ist eine Kopfsache, glaube ich. 

Paul Du suchst das ja dann auch. Du suchst das ja auch. Auch vor allen Dingen in den eigenen Bieren, glaube ich. Du weißt, es gibt es da draußen. Das könnte in der Phase passieren. Ist es denn da? Also so geht es mir ganz oft dann.  

Bierpause #1 

Paul So Leute, aber jetzt machen wir noch ein Bier auf, oder? Also ich trinke die ganze Zeit nebenbei Bier. Keine Ahnung, was ihr macht. Ich bin heute in the mood. Ich würde noch eins holen, ein Special-Bier. Bin gleich wieder da. Oh, ich bin gespannt. Sehr gut, ja, ja, mach du. Flo, du auch? 

Flo Ich konnte schon nicht mehr warten. Und Paul, wie du siehst, es war mal wieder ein Korken im Spiel. Oh, herrlich. Ich meine, in der finalen Folge wird man das ja durch Pauls Cutting-Skills nicht mehr hören. Aber es war schon ein weiter Weg bis hierhin. So würde ich mal sagen. Mit vielen Versprechern, ungewöhnlich vielen. Und deswegen habe ich gedacht, das kann jetzt in meinem Fall nur besser werden. Man sagt ja auch, der Motor läuft ohne Sprit nicht. Und mein Sprit ist definitiv eine Ode-Geuze. In dem Fall von Boon. Natürlich ein Klassiker. Das brauche ich jetzt einfach für mein Seelenwohl, um die Folge weiter zu gestalten.  

Daniel Eines der geilsten Tastings in meinem Leben, das war zur Corona-Zeit. Ich habe heute mit Markus Raubach live mit dem Boon und das Paket zu Hause mit sechs verschiedenen Bieren, Vat, die ganzen Fässer. Das hat echt mein Mindset für Brettanomyces geöffnet.  Diese unterschiedlichsten Aromatiken, das war einfach so ein megageiles Tasting. Geile Brauerei. Ich habe heute von Tommi aus Düsseldorf sein Pale Ale bekommen, was quasi das Klonbier vom Maisel-Pale Ale ist. Da gab es ein paar heiße Diskussionen bei uns in der Facebook-Gruppe zu dem Bier. Das schenke ich mir jetzt mal ein. Ich werde es nicht kommentieren. Schenk es mir mal ein. 

Flo Irgendwas musst du sagen, Daniel. Aus der Nummer kommst du nicht raus. 

Daniel Es hat kein Diacetyl 

Paul Aber warum gab es da jetzt Diskussionen? Das habe ich leider nicht mitbekommen. 

Daniel Ach so, das hast du nicht mitbekommen? Nein, ich gucke zu selten rein, das muss ich zugeben. Es gab einen Faden. Es war ein BJCP Judging. Es war lustig geschrieben von Tommi. Der Kommentar von dem BJCP Judge war am Ende so, triff dich doch mit anderen Hobbybrauern, um dich auszutauschen. So bei Tommi halt. 

Paul Ach, das Pale Ale ist es? 

Daniel Genau, das Pale Ale ist es. Das ist heute frisch bei mir eingekommen. Ich habe zu Tommi gesagt, komm, schicken wir eins. 

Paul Ja, ja, ja. Schicken wir eins. Ich kenne den Faden nicht, aber Tommi und ich haben uns ausgetauscht, weil das war der gleiche Wettbewerb, wo wir beide teilgenommen haben. 

Daniel Jetzt muss ich doch was dazu sagen.  

Flo Ja, bitte. 

Daniel Ich finde es eigentlich sehr gut, muss ich sogar sagen. Es ist ein bisschen zu hochkarbonisiert. Das sieht man auch am Schaum, ist so grobporig. Aber schöne Fruchtigkeit, weil Tommi macht ja nur im Whirlpool. Der stopft nicht, aber trotzdem hat es eine sehr ausgeprägte Fruchtigkeit. Und es kommt dem Original schon ziemlich nah. Einen Fehler kann ich jetzt nicht entdecken, also irgendeinen Bierfehler. Also mir schmeckt es, ich werde es auch weiter trinken. 

Flo Dann lass es dir schmecken, um da zumindest ein kleines bisschen die Brücke zu schlagen. Ich habe es aus der Vogelperspektive auch verfolgt. Ich meine, ist ja natürlich auch bei uns Hobbybrauern nicht jede Flasche gleich. Man weiß nie, was die Judges da dann verkosten durften. Und am Ende des Tages finde ich es nach wie vor, wenn ich BJCP-Wettbewerbe vergleiche mit allem, was es sonst so gibt, ist es einfach absoluter Benchmark, was die Hobbybrauer an Infos bekommen. Natürlich sind da auch mal Infos dabei, ging mir auch schon so. Die kann man nicht nachvollziehen. Auch weil vielleicht das, was in seiner eigenen Flasche, in seinem eigenen Tank halt anders ist. Aber wie gesagt, man weiß halt nie, was dort angekommen ist. Aber grundsätzlich diese Feedback-Kultur, das finde ich schon richtig, richtig gut. Absolut. 

Daniel Gehe ich absolut mit dir mit. Und ja, also ich wollte das Bier einfach nochmal haben, wollte es für mich selber verkosten. Ich finde es sehr gut. Aber wie du gesagt hast, es können natürlich auch ganz, ganz viele andere Faktoren mit reinspielen. Isst die Hefe mit ins … Also Tommy macht ja Flaschengärung. Wurde die mit eingeschenkt, was natürlich eine ganz andere Geschmackskomponente noch mitgibt. War es vielleicht falsch abgefüllt, zu viel Sauerstoff, etc. Also da kann so viel mit reinspielen. Diese Flasche, die ich jetzt bekommen habe, ich finde das Bier sehr gut. 

Flo Man kann auch nicht immer gewinnen. Ich glaube, das war auch einfach dann zusätzlich nochmal ein richtig starkes Umfeld. Paul, du hast gesagt, du hast auch mitgemacht. Warst du mit deinem Bier zufrieden, was du eingereicht hattest? 

Paul Ja, ich war … Genau, es ging ja um American Pale Ale, meine ich. Ja, genau. Ich war zufrieden. 

Flo. Sorry für die Unterbrechung, aber sag vielleicht noch kurz, welcher Wettbewerb. Ja, genau. 

Paul Ein bisschen Werbung können wir ja auch machen. Also das waren die Craft Beer Engineers aus Dortmund, oder? Dortmund, glaube ich. Ja. Ziemlich sicher. Genau. Die haben ein fünfjähriges Bestehen gefeiert. Hatten letzten Samstag, also vor einer Woche, da diese kleine Feier und hatten eben einen wirklich großen, also ich glaube, vielleicht haben sie auch nicht ganz mit diesem Antrag gerechnet, aber einen relativ großen Hobbybrauer-Wettbewerb ausgelobt, wo dann am Ende, glaube ich, um die 50, 60 Teilnehmer dabei waren. Das ist schon ordentlich. Es durften natürlich auch Vereinsexterne mitmachen. Du musstest nicht am Samstag vor Ort sein und so weiter. Fand ich alles sehr cool. Ich habe das auch gefeedbackt, dass ich das ganz toll finde, was die da gemacht haben. Und gerne wieder. Und machen es nächstes Jahr auch wieder. Genau. Ich habe einen Pale Ale abgegeben. Mit dem war ich zufrieden. Und ich war auch voll d’accord mit allen drei Judges, wo ich die Bögen zurückgekriegt habe. Ich habe das auch ein Tommy geschickt gehabt. Also als Vergleich. Mir ging es ja auch schon so, dass ich gedacht habe, ey, ihr habt nicht mein Bier getrunken. Aber in dem Fall war es so, also die Quintessenz von allen dreien, die mir alle drei in der Vorrunde 37 Punkte gegeben haben, war sehr gutes Pale Ale, keine Fehler, zu wenig fruchtig. Im Vergleich vielleicht auch im Teilnehmerfeld kann sein. Und das war für mich jetzt auch nach einer gewissen Reifezeit, vielleicht habe ich ein bisschen zu zurückhaltend gestopft. Vielleicht ein Whirlpool hätte ich ein bisschen größer machen können. Ich wollte es aber auch nicht so überladen. Also ich wollte halt eben keinen IPA-Charakter draus machen. Da war ich vielleicht ein bisschen zurückhaltend. Habe ich genauso gesehen. Ich war voll okay damit. War, glaube ich, bei mir der 11. Platz, dann rein von den Punkten her. Also für mich voll okay. Gutes Feedback. Alles gut. Aber verstehe ich natürlich, wenn du als doch erfahrener Hobbybrauer, das kann man ja schon wirklich beim Tommy sagen, so ein Feedback kriegst, ist das schon manchmal ein Schlag ins Gesicht. Aber das passiert halt. Das wird der Tommy, vor allen Dingen, wenn er jetzt noch an noch mehr Wettbewerben mitmacht, wird er das immer öfter erleben. Flo, du durftest da auch schon in diesen sauren Apfel beißen. Das ist so. Und da hat man auch zu knabbern. Und das ist auch okay, je nachdem, wie man vielleicht auch so darüber nachdenkt oder wie lang. Du weißt, bei mir, ich denke da nicht ganz so lang drüber nach. Dann ist es wieder vergessen. Aber ich verstehe das voll, man steckt da ja Herzblut rein. Man schickt das ja auch nicht ab in der Regel, wenn man nicht davon überzeugt ist, dass es zumindest fehlerfrei ist. 

Daniel Jeder, der mir ein Bier gibt, der muss auch damit klarkommen, dass er auch ein ehrliches Feedback bekommt. Tommy hat auch schon ein ehrliches Feedback von mir bekommen. Also in die andere Richtung. Wenn ein Bier scheiße ist, dann sage ich das auch. So geht es mir auch immer, zum Beispiel an der HBCon. Da kommen x Leute zu mir, drücken mir ein Bier in die Hand, verkoste mal. Und dann stehst du erst mal hier vor vollendeten Tatsachen. Das Bier schmeckt nicht, hat vielleicht einen Fehler, aber du musst es halt trotzdem irgendwie verpacken. Ihm das sagen, auch ein Feedback mitgeben. Und das ist halt auch die Kunst eines Judges, dann das so zu verpacken, dass es halt auch passt. 

Paul Definitiv, ja. Also deswegen, nur um auch ein Positivbeispiel, tatsächlich kann ich da vermelden, ich war da voll d’accord und war zufrieden mit der Bepunktung oder mit der Bewertung an sich. 

Flo Und wiederum ein schönes Beispiel von einem neuen Wettbewerb, die das offenbar relativ professionell hochgezogen haben, großen Zuspruch gefunden haben. Richtig cool. Also hoffentlich geht es da draußen so weiter. Und hoffentlich komme ich auch mal wieder zum Brauen, dass ich da auch mal mitmachen kann wieder. Das ist ein anderes Thema.  

Geschichte 

Flo Dann sind wir gut gestärkt und ich bin bestens gestärkt mit einem Sauer. Dann trinke ich nochmal einen kurzen Schluck und dann gibt es mal wieder eine kleine Geschichtsstunde. Dieses Mal aber wirklich klein und hoffentlich fein. Und versprochen, das ist bei Diacetyl nämlich nicht anders möglich. Das Zeitrad müssen wir nicht so weit zurückdrehen, wie das sonst allzu üblich ist. Nämlich die Untersuchung von Diacetyl im Zusammenhang mit Bier begann durch unseren guten alten Louis Pasteur, der mit seinen grundlegenden Arbeiten in den 1870er Jahren da die ersten Bausteine gelegt hat. Da sind wir sicherlich in der ein oder anderen Folge schon drauf eingegangen. Er hat ja die Mikroskopie, die Mikrobiologie letztendlich in diesem Zeitraum auch in das Brauwesen mit reingebracht. Und das hat viel geändert. Und er hat halt unter anderem auch entdeckt, dass das, was wir heute als Milchsäurebakterien kennen, für viele Fehlgeschmäcker im Bier verantwortlich ist durch diese ganzen Studien. Und Surprise, Surprise, da war natürlich auch so etwas wie Diacetyl mit dabei. Und wenn man sich da zeitlich das nochmal vor das innere Auge führt, wir befinden uns in der Zeit vor Hansens Hefe, Revolution 1883. Das heißt, die Bierwelt wurde in diesem Zeitraum, wo Pasteur eben diese Untersuchungen gemacht hat, durch Mischkulturen dominiert. Und viele dieser Mischkulturen hatten eben an der einen oder anderen Stelle auch ein Bakterium mit am Start und auch ein Milchsäurebakterium. Und wie wir bei den Entstehungsmechanismen gelernt haben, können die ja auch Diacetyl produzieren. Und man hatte in dem Zusammenhang diesen Bierfehler, der damit dargelegt wurde, als Sarsina Krankheit bezeichnet. Warum hat man das so bezeichnet? Weil es eine Bakteriengattung gibt, Sarsina. Das ist ein anaerobes, kugelförmiges Bakterium, also kugelförmig. Das sind die sogenannten Kokken. Und das war auch ein säuretolerantes Bakterium. Man hat erst circa 20 Jahre später festgestellt, dass das, was man hier im Bier gefunden hat, also Pasteur und andere nach ihm, dass es sich dabei eben um die Pedio-Kokken handelt. Man hatte das nur am Anfang fälschlicherweise dieser Sarsina-Bakteriengattung zugeordnet. Das heißt, der eine Entstehungsmechanismus, den wir heute schon beleuchtet haben, das war sozusagen dann damit auch der erste Entstehungsmechanismus, den man erforscht hat und bekannt war im Zusammenhang mit Bier, der Diacetyl produzieren kann. Dann hat es den Jahrhundertwechsel gedauert und auch den ersten Weltkrieg überdauert, um genau zu sein 1939, dass die ersten Wissenschaftler mit Studien überhaupt das Thema Milchsäurebakterien und deren Stoffwechsel in Zusammenhang gebracht haben mit dem Buttergeschmack, den wir heute schon öfters erwähnt haben, der eben dieses Diacethyl-Aroma charakterisiert. Und was auch wichtig zu wissen ist, ganz lange Zeit sogar war dieser Mechanismus, dieser Metabolismus der Milchsäurebakterien der einzig bekannte Entstehungsmechanismus für Diacetyl. Also die Brauer und die Wissenschaftler, die haben lange gedacht, immer wenn ich die Diacetyl in meinem Bier habe, ist es aufgrund von einer bakteriellen Infektion, das heißt aufgrund von unhygienischen Bedingungen. Viele Brauer haben aber auch zu dem damaligen Zeitpunkt, das kann man in der einen oder anderen Literatur lesen, in Braubüchern, die haben da schon vermutet, dass es das eigentlich nicht gewesen sein kann. Da müssen noch andere Faktoren eine Rolle spielen, weil zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg in dem Zeitraum, das hatten wir auch schon öfters im Podcast, da gab es schon industrielle Brauereien, die auch schon wirklich aus heutiger Brille professionelles Equipment hatten, viele Möglichkeiten, die unter vermeintlich sauberen Bedingungen arbeiten konnten und trotzdem hatten sie immer mal wieder diese Butternote im Bier. Und diese Durchbrüche, um das zu verstehen, dieser ganze Metabolismus der Kulturhefen, dass die auch Diacetyl produzieren können, wie es der Paul und der Daniel vorhin im Detail ausgeführt haben, das wurde erst so richtig in den 1950er und 60er Jahren verstanden. Man hat in dem Zeitraum Messungen entwickelt oder effektive Methoden zur Messung von Diacetyl entwickelt, was man als Butteraroma charakterisieren konnte und konnte über solche Studien dann erst mal das Stück für Stück weiter verstehen, wie diese ganzen chemischen Zusammenhänge sind. Das heißt, es hat lange Zeit gedauert, bis man das verstanden hat. Lange Zeit hat man gedacht, das ist immer bakteriell bedingt und kurzum, so richtig genau Bescheid wissen, was Diacetyl macht, also was die Hefen da machen, das ist eigentlich noch relativ neu, also gar nicht so alt, erst nach dem Weltkrieg. Ich möchte den Geschichtsteil heute auch noch ein bisschen nutzen, um so ein bisschen bierstiltechnisch über den Tellerrand zu schauen. Das bedeutet, ich glaube, der orthonormale Biertrinker, wenn es um Diacetyl geht, da kommt als erstes immer ja der böhmische Pils, aber wenn man gerade mal in die BJCP-Guidelines zum Beispiel schaut, es gibt ja durchaus einige Bierstile, die im Zusammenhang mit moderaten Diacetylnoten stehen, wo das absolut tolerierbar ist und tendenziell für die eine oder andere sensorische Palette sogar förderlich erscheint, weil es einfach das Mundgefühl noch mal ein bisschen unterstützt, wie wir es heute auch schon gesagt haben, oder ja einfach so für das gewisse Etwas sorgt und ein bisschen Geschmackskomplexität uns vorgaukelt zu nennen, sind die unterschiedlichen Bitters. Ich hatte ja heute einen Vertreter von Fuller’s, des ESB, aber da gibt es durch die Bank vom Standard Ordinary Special bis hin eben zum Extra Special Bitter auch heute noch einige Vertreter, wo so eine moderate Note einfach dazu gehört und auch um die Brücke zu unserem Staffelbierstil zu schlagen, auch Englisch IPAs gibt es durchaus, wo sowas moderat zulässig ist, aber wir haben es schon gesagt, gerade wenn sowas über den Hop Creep ein Spiel kommt, sagt es, denke ich, den Allerallerwenigsten zu. Um es zu vervollständigen, English Browns, Brown Porter, aber auch Sweet, Oatmeal und Foreign Extra Stout, alle diese Inselbierstile können durchaus moderate Diacetylnoten haben und die schottischen Vertreter, die möchte ich auch nicht außer Acht lassen, die ganzen Shilling Ales von der schwächsten bis zur stärksten Klasse sind auch dafür bekannt, weil die natürlich auch auf Basis britischer Braumethoden und Inselhefen natürlich auch vergoren werden, von daher Artverwandt. Wenn man so ein bisschen Literatur will zu dem ganzen Thema, mit Fokus Diacetyl, da findet man Brauereien, in dem Fall namentlich eine ehemalige Brauerei, die gibt es leider nicht mehr, Braxbier heißt die, die auch für ihre Bitter bekannt ist und da findet man so Statements, so Claims, dass die eben neben ihrer Hefemischkultur auch die verwendete Gärtechnologie dafür verantwortlich machen, um eben dieses Toffee-Butterscotch-Aroma durch Diacetyl verursachten ihren Bieren zu haben. Und wenn man dann sich so ein bisschen beschäftigt, mit welcher Brautechnologie, in dem Fall eher auf der kalten Seite Gärtechnologie, die unterwegs waren, da kommt man da relativ schnell auf unterschiedlichste Begriffe, die man vielleicht als Hobbybrauer oder auch deutscher Brauer oder deutscher Bier-Enthusiast vielleicht noch gar nicht so richtig oder so oft gehört hat und sich vielleicht noch nicht mit beschäftigt hat. Im Falle Braxbier ist es das sogenannte Dropping-System und das war es noch lange nicht, da gibt es noch andere, um das so ein bisschen auf ganz England auszurollen, kann man sagen, die haben aus deutscher Brauerbrille einfach Crazy-Gärsysteme gestattet, Anfang vom 19. Jahrhundert an den Start gebracht. Das sind in Burton die Unions, die haben wir zumindest namentlich schon mal gedroppt. Das sind in Yorkshire die Stone-Squares und in London und im Süden die Skimming-Systems und im Osten von England, wie gerade schon erwähnt, dieses Dropping-System. Wir möchten heute, oder ich möchte heute, nicht auf die Konstruktionsdetails und auf den Detailablauf dieser Gärsysteme eingehen, aber da könnt ihr euch sicher sein, da werden wir euch auf jeden Fall noch an der einen oder anderen Stelle in dieser Staffel ein bisschen mehr dazuliefern, weil es natürlich auch im Sinne unseres Staffelbier-Stils ein sehr spannendes Thema ist, weil es auch einfach, da geht es mir oft so, eigentlich, wenn ich so drüber nachdenke, diese ganze englische Brauwelt, die ist einfach anders an vielen Stellen und deswegen finde ich das einfach super spannend und das gilt auch für dieses Thema. Und die Frage ist, speziell für die Gärsysteme, was war die Motivation für diese Systeme? Warum haben sie in Burton die Unions genutzt und warum nutzt Sam Smith seine Stone Squares noch heute? Warum ist das so? Da gibt es unterschiedliche Motivationen und die stehen auch ein bisschen, sagt man, im Zusammenhang mit dem Thema Diacetyl. Also letztendlich kann man sagen, die wollen mit den Dingern, mit den unterschiedlichen Gärsystemen, einen Weg haben, wie man effizient während des Gärprozesses die Hefe ernten kann. Man denkt nur, wenn man sich innerlich diese Unions, die Burton Unions, was innere Auge führt, wenn man diese viele Holzgärfässer hat, wenn man es von der Bass Brauerei zum Beispiel kennt, mit diesen Schwanenhälsen, die aus den Holzfässern herausragen, die letztendlich ähnlich gestaltet sind, wie diese Blow-off-Tubes, wie man es auch aus dem Hobbybrauer-Bereich kennt, die dafür da sind, überschüssige, hochaktive Hefe zu sammeln. Da gibt es natürlich bei den unterschiedlichen Gärsystemen unterschiedliche Arten. Dann möchte man Trubstoffe während der aktiven Gärung loswerden, um ein reineres Gärprodukt am Ende zu bekommen und so ein bisschen den Trub vom Bierendprodukt zu trennen, schon während der aktiven Gärung. Das ist ganz spannend. Und man möchte auch, und jetzt kommt das Thema Diacetyl ins Spiel, eine verbesserte Gärkontrolle haben und auch Einfluss auf das Geschmacksprofil nehmen. Weil, das hat vielleicht der ein oder andere Zuhörer auch schon gehört, viele der englischen Hefestämme, die verwendet werden, die sind stark flokkulierend. Das bedeutet, die setzen sich relativ schnell ab. Deswegen, ich hatte es schon erwähnt, diese Yorkshire Stone Squares, da gibt es dieses sogenannte Rousing beispielsweise. Da wird mit einer Umwälzpumpe dafür gesorgt, dass diese stark flokkulierenden Hefen, die sie eigentlich schnell absetzen, durch diesen Umwälzprozess bei der aktiven Gärung immer in der Schwebe gehalten werden. Und der Daniel hat es vorhin in einem Nebensatz schon mal erwähnt, dass das auch ein wichtiger Aspekt ist, dass man darauf achtet, dass man, dass die Hefe sich nicht so schnell setzt. Weil, je länger die in der Schwebe bleibt, kann die natürlich das Verstoffwechselte, das produzierte Diacetyl, kann man das auch wieder loswerden. Und wenn die Hefe zu schnell sich setzt, ja, dann kann sie halt ihren Job nicht finishen, sozusagen. Und daran sieht man auch, einmal Hefestamm, aber auch Gärsysteme haben die sich da viele Gedanken gemacht, um dem Ganzen ein bisschen zu begegnen. Nur, ja, nicht jede Konstruktion ist perfekt. Und das ist auch hier so, weil, wenn wir jetzt bei diesen Yorkshire Squares bleiben, das sind offene Gärgefäße aus Schiefer. Und das Thema ist eben, durch diesen Umwälzprozess, ist ja ganz logisch, habe ich im Vergleich zu einem ZKG, wie man es kennt, einfach eine erhöhte Möglichkeit, einen Sauerstoffkontakt zu haben, während der aktiven Gärung. Und das kann natürlich bezüglich Diacetyl auch negative Effekte haben, weil eigentlich in einem erhobenen Prozess, dieser Diacetylabbau durch die Hefe, schleppend bis gar nicht funktioniert. Das heißt, kurzum, so als Fazit, diese Gärsysteme, oder die Art und Weise, wie ich gäre, mit welchem Prozess, neben dem Thema, welche Hefe oder welche Hefemischkultur ich einsetze, hat auch einen Einfluss, neben dem Thema Diacetylrast, wo wir noch später drauf kommen, ob ich jetzt in meinem finalen Produkt Diacetyl habe oder nicht. Und offensichtlich, oder ist es naheliegend, dass die Art und Weise, wie diese englischen Gärsysteme verwendet wurden und wie im Detail, Brauer für Brauer, das eingesetzt wurde, dass das natürlich auch ein Effekt darauf haben kann, ob ich am Ende eine sensorisch detektierbare Diacetylnote in meinem Bier habe oder nicht. Superspannendes Thema und wie gesagt, mit diesen crazy englischen Brauutensilien und Sudhaus-Ausstattung und Gär- und Lagerkeller-Ausstattung, da droppe ich jetzt einfach, ohne das mit dem Paul abgestimmt zu haben, im Verlauf der Staffel werden wir da mal in einer Hauptfolge ein bisschen detaillierter darauf eingehen, weil ich glaube, da ist noch nicht jeder mit so vertraut und das ist echt ein spannendes Thema. Und jetzt, Mic Drop, ich habe fertig.  

Daniel Geil. 

Tipps und Tricks 

Flo Und ich glaube, Tipps & Tricks ist jetzt am Start und Paul und Daniel dürfen wieder übernehmen. 

Paul Ja, genau. Jetzt genau übernehmen wir zwei wieder und dafür ganz speziell haben wir uns den Daniel natürlich auch eingeladen. Also unser Hauptpublikum besteht ja aus Hobbybrauern. Schön wäre es, wenn man sowas auch bei Spotify sehen würde, in so einem Tortendiagramm oder so. Was für ein Hobby, die Zuhörer nachgehen, fällt mir da gerade ein, aber das klappt noch nicht. Aber wir haben natürlich auch Tipps & Tricks für euch vorbereitet, für weniger Diacetyl, aber eben auch, wie ihr dafür sorgen könnt, dass in bestimmten Bierszenen so ein bisschen Diacetyl vorkommt. Aber für die Leute, die wie ich zum Beispiel so ein bisschen unsicher sind, bevor wir gleich den Daniel dazu löchern, fange ich mal an, wie man feststellen kann oder wie man relativ leicht feststellen kann, ob doch Diacetyl im Spiel ist. Denn das Rausschmecken ist manchmal halt ein bisschen schwierig, aber ich habe dazu einen coolen Test gefunden. Ich glaube, bei Escarpment Lips gab es da was dazu. Und der heißt Forst Diacetyl Test. Und das ist echt super leicht und für den Test braucht man auch nur eine Bierprobe, also eine kleine Bierprobe, einen Behälter und diesen sollte man in irgendeiner Weise über circa 10 Minuten mal so auf 60, 70 Grad erhitzen können und halten können bei der Temperatur. Also entweder nehmt ihr zum Beispiel eine Hilferöhrchen dafür oder ein Einmachglas und erhitzt das in einem Wasserbad. So habe ich es gemacht, also ein Einmachglas. Und danach lasst ihr die Probe dann auf Raumtemperatur abkühlen. Und jetzt müsst ihr nur noch das Glas aufmachen und daran riechen. Und wenn ihr dann kein Diacetyl wahrnehmt, natürlich alles, was wir jetzt gesagt haben, das, was ihr gelesen habt und so weiter, ihr müsst natürlich auch wissen, wie es riecht. Also das ist natürlich Grundvoraussetzung für diesen Test auch. Aber dann ist sehr wahrscheinlich auch kein Diacetyl in eurer Probe. Und warum funktioniert das so gut? Aufgrund der Wärmezuführ wird der Abbau von diesem so oft beschrieben Alpha Acetolactat beschleunigt. Vorsicht auf jeden Fall dabei, denn die Probe darf nicht gekocht werden. Das würde nämlich das Diacetylaroma wiederum austreiben und du kriegst dann so ein Falsch-Negativ-Ergebnis. Wann sollte man diesen Test durchführen? Wenn ihr euch unsicher seid, ob Diacetyl im vorhandenen oder im fertigen Bier ist oder nicht, am besten natürlich nach abgeschlossener Gärung. Wenn ihr das quasi abfüllen würdet oder wenn ihr kurz vorm Abfüllen seid, damit ihr eben wisst, ist es abgeschlossen oder muss ich vielleicht noch mal so eine Diacethylrast machen oder muss ich noch mal irgendwelche Vorkehrungen treffen, um das Diazethyl vielleicht irgendwie rauszukriegen. Wird das Bier nämlich gekühlt, bevor die Diacethylaufnahme, die wir besprochen haben, abgeschlossen ist, verbleibt es im Bier? Die Hilfe setzt sich ab und macht nichts mehr und ist dann auch nicht mehr in der Lage, eben dieses Diacethyl abzubauen. Ist natürlich auch im Hinterkopf zu haben für ich möchte vielleicht doch ein bisschen Diacetyl im Bier haben, kommen wir gleich zu. Noch zwei Gründe für den Test. Erhitztes Diacetyl ist viel flüchtiger als gekühltes, sodass dann Leute wie ich also mit geringer Empfindlichkeit oder mit hoher Empfindlichkeit, nee, mit geringer Empfindlichkeit so rum, gegenüber Diacetyl das Vorhandensein dann eben leichter erkennen können. Und das geschmacksneutrale Acetolactat, das sich während der Lagerung in Diacetyl umwandeln kann, wird ebenfalls eben berücksichtigt. Also, weil es eben schneller umgewandelt wird. So ist also zudem sichergestellt, dass das Bier während der Lagerung eben nicht noch Diacetyl entwickeln kann. Also, ziemlich cooler Test, wie ich finde. Unbedingt mal ausprobieren. Und ja, jetzt kommen wir zur Vermeidung von Diacetyl und Daniel, jetzt bist du gefragt. Was sind so die besten Methoden, um Diacetyl im Brauprozess zu minimieren? 

Daniel Also, wir sind ja alle Hobbybrauer. Die beste Methode ist natürlich erst mal dafür zu sorgen, dass möglichst wenig Diacetyl entsteht. Und das ist meiner persönlichen Meinung nach die, dass ich möglichst viel FAN in die Würze bringe und meinen pH-Wert auf den richtigen Wert einreguliere. FAN bekomme ich in die Würze, indem ich eine Eiweißrast mache. Und jetzt kommen wieder die Hobbybrauer, die dann irgendwann sagen, ja, aber unsere Malze sind so hoch gelöst und wir brauchen keine Eiweißrast mehr. Dann würde ich halt einfach noch ein bisschen Hefenahrung zugeben. Kann ich auch die Eiweißrast überspringen, um möglichst freie Aminosäuren in die Würze reinzubekommen. Ein anderes Thema ist, was der Flo ja schon angesprochen hat, Thema Hygiene. Gar nicht so selten, tatsächlich. Ich habe eigentlich immer vor ein paar Jahren gedacht, so bakterielle Infektion und dann Diacetyl. Aber ich wurde tatsächlich eines Besseren belehrt, weil einige meiner Lieblingsbrauereien hier im Fränkischen um Bamberg herum haben in den Sommern 2023 und 2022 ein bisschen Diacetyl-Probleme gehabt, weil durch die heißeren Sommer ist das Leitungswasser aus dem Unterflur-Wasser so hoch erhitzt, dass Bakterienwachstum da drin war und die Brauereien hatten dann Probleme mit Diacetyl. Die meisten haben dann quasi da das wieder wegbekommen, indem sie UV-Desinfektion zum Beispiel eingebaut haben etc. Also auch bakterielle Infektion ist gar nicht so unwahrscheinlich. Also immer strenges Hygieneregime, aber das muss man eigentlich gar nicht erzählen, weil das gehört ja sowieso zum zum Brauen dazu. Wir sind ja Hobbit-Putzfrauen und 90 Prozent unserer Zeit verbringen wir mit Putzen unseres Equipments und der Paul wahrscheinlich nur 90 Prozent.  

Nicht mehr, nicht mehr. 

Paul Es ist jetzt gerade wieder weniger geworden. Aber trotzdem, man kann es ja nicht oft genug sagen, also sauber arbeiten und deswegen. 

Daniel Das nächste Thema, auch ein Standard-Thema eigentlich, Thema Hefe-Management haben wir ja auch schon mal gesprochen drüber. Viele Hobbybrauer stecken unheimlich viel Geld rein in die Würze-Bereitung und zigtausende Euro und dann am Ende ist so das Vergären, dann schmeiße ich eine Packung Hefe rein und das war’s dann. Ne, aus meiner heutigen Sicht, wenn ich heute noch mal Hobbybrauer werden sollte, würde ich es genau andersrum machen. Ich würde unheimlich viel Geld in einen ZKG stecken und ins Hefe-Management und dann Würze-Bereitung erst danach angehen. Also ich muss immer schauen, dass meine, dass ich vitale Hefe habe in ausreichender Menge und dann natürlich auch den richtigen Hefe-Stamm. Es gibt ja Hefen, die haben eine bessere Diacetyl-Reduktion als andere. Da kommen wir vielleicht schon noch später drauf. Ich muss darauf schauen, dass ich die besten Bedingungen für meine Würze, also für meine Hefe in der Würze quasi herstelle. Also das heißt, ich muss dann die Würze bei einer Flüssig-Hefe dementsprechend belüften. Ich habe FAN drin, Eiweiß was gemacht oder Hefenahrung etc. Und wenn ich mir dann ganz sicher sein will, wenn ich ein untergäriges Bier braue, dann kann ich auch noch so eine sogenannte Diacetyl-Rast einfügen. Das haben wir ja schon angesprochen. Das heißt, vieles sprechen immer zum Ende hin. Da wäre ich aber wirklich vorsichtig. Ich würde fast sagen, eher in der Mitte von meiner Hauptgärung bis zum Ende die Diacetyl-Rast einfügen. 

Also das heißt, ich hebe ja meine Temperatur dann in einem untergärigen Bier zum Beispiel auf 15 bis 20 Grad an über einen gewissen Zeitraum, weil bei der höheren Temperatur eben diese Diacetyl-Reduktion schneller verläuft. Und jetzt ist es ja so, wenn ich zum Ende hin das machen würde, dann habe ich wieder ein Problem, dass ich ja in die letale Phase meiner Hefe komme und dann eventuell, wenn ich nicht die richtige Hefe habe, die Hefe ist vielleicht gut sedimentiert und ich nicht mehr genug vitale Hefe in Schwebe habe. Fun Fact aus meinem persönlichen Leben, ich hatte erst Diacetyl im Bier, als ich eine Diacetyl-Rast eingeführt habe in meinen Brauprozess. Zum falschen Zeitpunkt. Also darauf wirklich achten, wenn man es macht, dann muss man sich wirklich Gedanken darüber machen, vielleicht auch eine Schnellvergärprobe machen, wenn bei einer gewissen Temperatur, wie lange dauert es dann, bis das Bier durch ist. Das mit einberechnen auf jeden Fall, weil ich muss wirklich schauen, dass die Hefe noch aktiv ist und in Schwebe. Für mich persönlich, ich mache keine Diacetyl-Rast bei meinen untergärigen Bieren. Ich schaue einfach, dass die Bedingungen vorher gut sind, also im Sinne einer Eiweißrast, so wie es auch ganz ganz viele kleine handwerkliche fränkische Brauereien machen, eine kurze Eiweißrast, damit ich FAN-Gewürze bekomme und mein pH-Wert einstellen. Bei obergärigen Bieren ist es ja so, wenn wir jetzt mal vom Thema Hop Creep wegkommen, ein ganz klassisches, nehmen wir einfach mal ein Altbier oder so oder ein Kölsch, was ich braue, das ja sowieso schon bei höheren Temperaturen vergäre, da ist das Thema Diacetyl aus meiner persönlichen Erfahrung eher nicht so das Thema. Eher bei den untergärigen Bieren. Bei allen Wettbewerben, die ich bis jetzt gejudged habe, fallen mir jetzt so in den vergangenen sechs, sieben Jahren vielleicht zwei obergärige Biere ein, die Diacetyl hatten. Alles andere war quasi nur untergärig. Thema Hop Creep ist dann noch was anderes, klar. Da tritt es dann häufiger auf, aber im Normalfall sind obergärige Hefen bei höheren Temperaturen aktiv und bauen Diacetyl generell einfach schneller ab. Die untergärigen Hefen benötigen einfach halt dann längere Reifezeit, also wirklich auf Reifetemperatur dann auch achten. Nicht gleich zu früh ins Kaltstadium gehen, sondern ins Reifestadium erst gehen. Diese Hefen sind aber im Normalfall auch fähig, das Diacetyl effizient abzubauen. Es gibt natürlich auch Stämme, die diese Diacetyl-Reduktion langsamer machen. Also Wyeast Czech Pils, 2278, Bohemian Lager 2124. Das sind bewusst Stämme, wo man ja auch, wie der Name sagt, Czech Pils Bohemian Lager, wo man ja eventuell Diacetyl drin haben möchte. Diacetyl-Reduktion passiert ein bisschen langsamer. 

Paul Und da sprichst du, glaube ich, was richtig Wichtiges an, gerade bei untergärig, unzureichende oder nicht ausreichende Gärdauer. Also oft hast du halt das Problem, dass du als Hobbybrauer, du misst, du bist da, wo du vielleicht sogar eine Punktlandung, weißt du, was den Endvergär-Grad angeht, und dann geht es ab in den Cold Crash. Und wenn du da aber zu früh runterkühlst und nicht noch mal guckst, zwickelst wegen mir, die Geschmacksprobe machst, vielleicht so einen Diacetyltest machst, dann kannst du eben dir genau das Problem einhandeln. Die Hilfe hört auf zu arbeiten, kannst du eben nicht mehr umwandeln. 

Daniel Und das ist auch genau der Punkt, wo ich immer wieder sage, Leute, bevor ihr euch Maische-Kessel für 5000 Euro kauft, geht auf eBay Kleinanzeigen, holt euch für 50 Euro, kann ich jetzt gleich reinschauen, im Umkreis von 10 Kilometern sind 20 Kühlschränke drin, zwischen 50 und 100 Euro, wo mein vielleicht mein Fermenter dann reinpasst, holt euch so ein Ding, ein Inkbird, und macht eine geführte Gärung, einfach, damit ich die Temperaturen steuern kann, damit ich von meiner Hauptgärung in meine Reifung kann und dann von der Reifung eben auch in die Lagerung. Wenn ich das zu früh mache, könnte das Potenzial höher sein, dass ich Diacetyl im Bier habe. Und diese Steps einfach nacheinander kontinuierlich abfahren, dann ist das Risiko einfach sehr, sehr gering.  

Paul Flo, da guck ich in dein…Nein, nein, nein, nein, aber da guck ich in dein Gesicht, in deinen Keller hinter dich. Aber der Daniel hat natürlich recht, also es geht relativ günstig, untergärig, wenn man will, und auch sehr sauber und clean, was die Biere, was den Geschmack, was das Aroma angeht. Also da vielleicht nochmal drüber nachdenken, der ein oder andere. 

Flo Ich wollte nur noch ergänzen, wenn es da draußen Leute gibt, die auch obergärig, Diacetyl in ihrem Bier haben möchten, die sollten sich natürlich mit englischen Hefe-Stämmen auch noch ein bisschen beschäftigen. Ringwood ist zum Beispiel so ein üblicher Verdächtiger, mit dem man sowas reinbekommt. Gibt es von unterschiedlichen Hefelaboren. Oder, ich hatte ja vorhin ein Fuller’s Bier, WLP002, das ist einer der Fuller’s Stämme. Mit denen bekommt man sowas auch hin, wenn man zum Beispiel ein Bitter mal zu Hause brauen möchte. Habe ich zwar selber noch nicht gemacht, aber kann man in unterschiedlichsten Foren nachlesen, dass man mit solchen Stämmen und üblichen Gärführungen sowas hinbekommen kann. Nur als Ergänzung, falls da draußen wirklich Leute gibt, Hobbybrauer in Deutschland, die sowas am heimischen Gäreimer produzieren wollen. 

Paul Und bevor wir jetzt zu den Tipps zur Erzeugung kommen, unbedingt, auch weil wir es angerissen haben und weil es zum Staffel-Bierstil passt, die Brücke zum Hop Creek nochmal oder Dry Hopping. Man kann da viel falsch machen. Stichwort Oxidation und so weiter.  

Aber die jetzt Dry Hop Creep, finde ich, sollte man da tatsächlich nicht vernachlässigen, weil, ich habe es jetzt schon ein paar mal gesagt, ich das ein oder andere Hobbybrauer Bier schon getrunken habe, was einfach dieses Phänomen aufweist oder aufwies. Daniel, vielleicht aus deiner Sicht gibt es da, also die Literatur ist da glaube ich sicher auch noch nicht hundertprozentig eigentlich, aber gibt es ein paar Tipps und Tricks oder auf was kann man eigentlich grundsätzlich achten, wenn man stopft und unter dem Thema Hop Creep irgendwie begegnen möchte? 

Daniel Also einfach nur aus dem, was wir heute gesagt haben, logisch herausschließen. Wenn ich stopfe, dann natürlich Gärung erstmal abschließen. Das ist so mein Pendant. Wenn ich in die Gärung voll reinballere, dann habe ich viel Hefe, aktive Hefe, die quasi diese Enzymatik dann aufspaltet und Diacetyl erzeugen kann, ich würde die Gärung erstmal abschließen. Oder, wenn ich es nicht kann, dann eben in Etappen, immer portionsweise, nicht gleich volle Breitseite stopfen. Temperatur beim Stopfen eventuell auch erhöhen, also ein paar Grad einfach dazugeben. Und wie gesagt, portionsweise. Macht ja auch mehr Sinn, weil die Öle, die gelöst werden, sich dann stabilisieren können etc. Also in verschiedenen Etappen stopfen, das wären so meine Empfehlungen, was das Thema beim Kalthopfen zum Thema Diacetyl geht. 

Paul Da muss ich auch noch mal einen Haken, weil ich es auch mir aufgeschrieben habe als Stichpunkt Temperatur. Soft Crash oder Diacetylrast oder beides, habe ich mir mal so als, auch mit so einem Fragezeichen versehen, aufgeschrieben. Also wirklich, Flo, wir packen ja sicherlich wieder ein paar Links, weiterführende Links in die Show Notes, guckt da gerne rein. Es gibt unterschiedliche Meinungen dazu, auch von den Hopfenherstellern, also sei es Barthas, sei es Yakima und so weiter. Viele sagen, bevor ich stopfe, wenn ich jetzt ein obergäriges, klassisches Pale Ale, IPA habe, macht ein Soft Crash, geht so auf 10 bis 15 Grad, weil dann setzt sich die Hefe ab. Und da habe ich die nicht mehr in Schwebe. 

Flo Aufkräusen. 

Paul Gleichzeitig. Ja, naja und andererseits wird dann aber auch wieder, wie der Daniel jetzt auch empfiehlt, gesagt, okay, genau andersrum, also geh lieber mit der Temperatur hoch oder bleib oben, damit sich das Diacetyl quasi wieder abbauen kann. Und das sind, also das sind unterschiedliche Herangehensweisen. Ich wollte es nur noch mal angesprochen haben, dass muss jeder für sich so ein bisschen vielleicht auch einfach aus der Hobbybrauer-Erfahrung für seine Anlage, für seinen Prozess finden. Es ist super interessant und ich bin auch noch nicht so hundertprozentig schlüssig, wie ich es mache und ich mache es zum Teil auch immer mal wieder ein bisschen anders, um einfach zu gucken, was passiert und super interessantes Thema. Temperatur, Stopftemperatur, also Sachen wie kurze Kontaktzeit, wenig Pflanzenmaterial und sowas, ist klar. Also die Enzyme, die dafür zuständig sind. 

Flo Kommt auf den Bierstil aber auch an. 

Paul Ja, natürlich, genau, also will ich, genau, was will ich haben, ja, aber wenn ich jetzt wenig… 

Flo West Coast, nehmen wir den West Coast und den New England IPA, also beim West Coast bin ich mir relativ sicher, da würde ich es so machen, wie es der Daniel gesagt hat. Weil da kann ich auch diesen, da nehme ich den höheren Vergärgrad mit, bin auf der sicheren Seite, dass ich halt kein Diacetyl habe. Bei einem NIPA will ich das aber eigentlich nicht. 

Paul Genau, und würde vielleicht auch das Risiko eingehen, dass ein bisschen Diacetyl mitkommt, vielleicht ist es tatsächlich auch gar nicht. 

Flo Und das merke ich auch gar nicht. 

Paul Richtig, genau. Oder vielleicht unterstützt es sogar, also Vollmundigkeit, hat man ja vorhin, hat Daniel ja vorhin gesagt. 

Daniel Super interessantes Thema. Aber ein ganz wichtiger Fakt ist auch, ich meine, Paul, das hast du ja auch in deinem Equipment und Flo, du habt das ja auch, das handelt sich ja ausschließlich um eine chemische Reaktion, das heißt also, es entsteht ja nur so lange Diacetyl, bis zwei Acetolactat aufgebraucht ist oder Sauerstoff aufgebraucht ist. Deswegen würde ich immer mir so eine Hopfenschleuse, wo ich halt CO2 reinballern kann, bis der Sauerstoff verdrängt ist und dann zum Stopfen hinzugeben. Weil das Risiko kann ich dadurch verringern, dass weniger Sauerstoff reinkommt und Diacetyl gebildet wird. 

Paul Definitiv, also das ist auch so eine Sache, cool, dass du das ansprichst. Gerade so auf Instagram und so weiter, höre ich immer wieder, dass es da so ein bisschen Overpower ist. 

Daniel ist mit dieser Hopfenschleuse, aber genau, also du kannst vielleicht die, also wenn du die Biere vergleichst, dann kannst du vielleicht ausschließen, dass so viel Sauerstoff reinkommt, dass du keine Oxidation im Bier hast, ja, wenn du normal stopfst, sage ich mal, oder anders stopfst, aber genau das Thema, das sage ich auch immer wieder, also Diacetyl, Hop Creep und so weiter, das kannst du damit natürlich noch besser verringern, dieses Risiko und wenn man das im Hinterkopf hat und wenn man weiß, wie das vielleicht schmeckt und sich mal so ein Bier reingezogen hat, dann denkt man auf einmal ganz anders, deswegen mache ich das definitiv auch weiter so, weil es auch jetzt kein Riesenaufwand ist, ja, also wenn man es einmal da hat, das Zeug. 

Paul Ja, jeder, jedes Tool ist ja immer wieder ein Baustein, um besser zu werden. Man muss halt selber für sich entscheiden, gebe ich das aus, will ich auf ein anderes Niveau kommen, so eine Schleuse ist ein weiterer Baustein, um eben mit seinen Bieren besser zu werden, also why not, wenn ich die Möglichkeiten habe, dann würde ich das auch so empfehlen. 

Daniel So Jungs, ich gucke ein bisschen auf die Uhr, wir müssen weiter, ne? 

Paul Ein Thema, warte mal, ein ganz wichtiges Thema habe ich noch, und zwar, das Thema haben wir noch gar nicht angesprochen, Flaschenbier. 

Daniel Stimmt, ja, sehr gut, vor allen Dingen auch super interessant, wir sprechen die ganze Zeit vom Drucktanks und Kegging und so weiter, also ja, feuerfrei. 

Paul Auch aus meiner persönlichen Erfahrung, erst als ich mit Forced Carbonation angefangen habe, also so Zwangskarbonisierung, hatte ich Diacetyl im Bier, das war scheiße, echt, deswegen, meine Empfehlung ist, vielleicht nicht so viel Hefe im Bier haben, also immer drauf schauen, was ich auch in die Flasche reinbekomme, aber Flaschengärung repariert einfach so viel, auch andere Bierfehler, Flaschengärung ist einfach ein cooles Thema, ich würde mir wünschen, mehr Flaschengärer in meinen Judgings zu haben, auch Diacetyl wird in der Flasche dann nochmal abgetaucht. 

Daniel Ich kenne auch Leute, die aus Kegging umgestiegen sind und wieder zurückgeswitcht haben auf Flaschengärung, weil die Biere einfach nicht so waren wie früher. Ich habe das auch festgestellt, also bei den anderen, das ist krass, es ist ein Unterschied und es ist ein anderer Prozess und den musst du anders im Griff haben, also ja, sehr guter Hinweis, aber jetzt Tipps zur Erzeugung von Diacetyl, also das, was ja den meisten dann auch schwerfällt, also jetzt haben wir die ganze Zeit darüber gesprochen, wie kann ich es vermeiden, aber wenn ich es dann mal drin haben will, wenn ich ein schönes böhmisches Pilz zum Beispiel machen will oder ein englisches Bitter, der Flo hat es angesprochen, was kann ich dann machen, so einen Hauch von Diacetyl, den ich gar nicht wahrnehmen würde, bei mir müsste es ein bisschen stärker sein. 

Paul Also diese Kür zu bestreiten ist relativ schwierig, würde ich sagen, wenn ich Diacetyl im Bier haben will, ist es verdammt schwer, weil einfach die Parameter sind so unterschiedlich, ich weiß nicht, was dabei rauskommt, also ich habe schon versucht, ein böhmisches Pilz mal zu machen mit so einer ganz kleinen Diacetylnote, ich habe das Rezept von Pilzen Urquell genommen und wollte das nachbrauen, ich habe es nicht geschafft, ich habe kein Diacetyl reinbekommen. Wenn man sich ein paar Dinge überlegt, dann ist es ja im Prinzip eigentlich das, was wir bis jetzt gesagt haben, nur umgekehrt, also ich habe die folgenden Möglichkeiten, ich kann mir einen Hefestamm auswählen, der eine geringe Diacetylreduktion an Bord hat, das wären jetzt zum Beispiel, wenn man auf die Internetseite von Weihenstephan geht, in die Hefebank W193, W195, W59, W69, da steht es auch explizit dort, langsame Diacetylreduktion, das wäre ein Faktor. Das nächste wäre, wir haben es ja gesagt, wir brauchen Hefe in Schwebe, die vital ist, das heißt, also ich könnte ja quasi während der Hauptgärung, also ziemlich zum Ende beim Erreichen der Final Gravity, bevor ich in die Reifung gehe, relativ schnell kühlen, damit die Hefe schnell sedimentiert, das wäre zum Beispiel ein Thema oder man könnte auch noch sich überlegen, dass man zum Beispiel bei obergärigen Bieren möglichst viel Hefe entnimmt, indem man zum Beispiel die Kräusen, wie es bei einem Weißbier eigentlich regelmäßig gemacht wird, die Kräusen quasi entnimmt und möglichst viel aktive Hefe halt im Prozess entzieht, damit da kein Diacetyl mehr abgebaut werden kann, aber das bringt auch wieder andere Probleme mit, also ein schwieriges Thema. Also noch ein weiterer Punkt wäre vielleicht auch die Eiweißrasten überspringen, damit ich möglichst wenig FAN in der Würze habe und Hefeauswahl, das wären so die zwei Themen, die für mich quasi am effektivsten wären, um Diacetyl, ich 

Daniel habe es zwar selber noch nie geschafft, aber da kann ich noch mal ganz kurz einhaken, Daniel durfte ja mal ein Bier von mir trinken, was eine Diacetylbombe war und einfach nur damit ich es gedroppt habe, das ist aus Erfahrung, er hat das jetzt schon zweimal geklappt, weil ich es noch mal so nachgebraut habe in dem Test, die W3470 bei 66 Grad Kombirast und keine Hefenahrung, keine Eiweißrast, das ist das Geheimrezept. Das ist das Geheimrezept, also verspreche ich euch, dann kriegt ihr Diacetyl, ohne das jetzt, mit dem, was Daniel jetzt natürlich gesagt hat, irgendwie zu unterstreichen, aber ohne, dass ich das jetzt näher belegen kann, das ist einfach meine Erfahrung, die ich gemacht habe und dann wird es vielleicht auch schon zu heftig, da muss man eher wieder gucken, dass man vielleicht irgendwas, ja genau. Paul, wir wollen ja subtile Diacetyl. Ja, ich weiß, deswegen, ich habe es gedroppt, ihr könnt das gerne mal ausprobieren.  

Paul Wir dürfen doch alles andere subtil. 

Daniel Wie hast du das bezeichnet, die Diacetyl-Bombe der Diacetyl-Bomben, die Mutter der Diacetyl-Bomben, genau. Ich habe es mal gesagt, probiert euch da gerne aus, das ist auf jeden Fall ein Weg, wie man es reinkriegt und nicht mehr raus.  

Paul Ich gucke weiterhin auf die Uhr, ich würde sagen, Flo, wir überspringen jetzt die letzte Bierpause und gehen direkt zum nächsten Thema über The Stage Is Yours. 

Technologien zur Diacetyl-Reduzierung in kommerziellen Brauereien 

Flo Perfekt, da darf ich ja fast den Abschluss machen und darf mich dem superspannenden Thema widmen, wie das außerhalb unserer Hobbybrauer-Bubble so gemacht wird oder welche Möglichkeiten es da gibt, mit Diacetyl loszuwerden. Man muss an der Stelle wissen, wenn man sich so eine groß skalierte Lagerbier-Industriebrauerei anguckt, dann ist natürlich für die Diacetyl auch ein großes Thema und da wird auch heutzutage sowas wie der Diazetyl-Gehalt wirklich online in den Gärtanks in relativ kurzen Zeitabständen gemessen und das ist auch einer der Kriterien, wo dann definiert wird, wann ein Tank bereit ist, dass es im Prozess weitergeht. Das ist die ausschlaggebende Größe und da sieht man halt schon, dass am Ende des Tages Diacetyl dann irgendwo auch Geld bedeutet oder auch bedeutet, wie oft sie die Lagertanks belegen können und wie viel Bier sie an den Mann bringen können, wenn sie natürlich ein qualitativ hochwertiges Produkt an den Konsument bringen wollen. Und da gibt es unterschiedlichste Ansätze. Einen, den ich ganz cool finde, so hundertprozentigen Detail, dass sowas funktioniert, ja, finde ich auch spannend. Das ist das Thema Budweiser, hat vielleicht der eine oder andere schon gehört, also in dem Fall die amerikanische Variante. Die nutzen abgekochte Buchenholzchips, die im Lagertank vorgelegt werden. Das Lagerbier ist dann relativ kurze Zeit damit in Kontakt und diese abgekochten Buchenholzchips, deswegen auch abgekocht, haben natürlich nicht die Idee, dem Bier irgendeinen Aroma mitzugeben, sondern das soll geschmacksneutral sein, aber man möchte dadurch die Oberfläche erhöhen und um damit die Hefekontaktfläche mit der Bierwürze zu erhöhen und um damit den Diacetylabbau zu forcieren, dass der schneller geht, weil ich habe es gerade schon gesagt, Diacetylabbau, Lagerzeit am Ende des Tages ist Geld und das möchte man dadurch beschleunigen. Ein spannender Ansatz, aber das war es wie immer noch lange nicht. Da gibt es noch unterschiedliche Ansätze. Da gibt es weitere Varianten und zwei davon habe ich mir rausgepickt, die wir uns kurz ein bisschen näher angucken. Das ist einmal, ich verwende Enzyme, die mich da unterstützen, die ich zusätzlich gebe oder aktuelles Thema, was wir bei dem ganzen Thiol-Thema schon mal beleuchtet haben, Stichwort GMO-Hefen, also genetisch modifizierte Hefen, die eben in dem Fall dann die Eigenschaften mitbekommen haben, durch die genetische Manipulation, dass sie das Thema Diacetylabbau besser können. Und beide Sachen, einmal Enzymgabe als auch die GMO-Hefen, könnt ihr euch denken, ist nichts, wo wir als Hobbybrauer drankommen und in dem Fall muss ich auch sagen, glaube ich auch gar nicht drankommen wollen und auch nichts, was deutsche Brauer, die unserem sogenannten Reinheitsgebot gehorchen müssen, verwenden können, sondern das ist halt eher was mit der weltweiten Brille, so ein bisschen über den Tellerrand hinausgeschaut, was man da noch so machen kann. Starten wir mit den Enzymen. Da gibt es eigentlich von allen großen Namen, Whitelabs, Lallemand und so weiter, gibt es solche Enzympräparate. Das von Whitelabs heißt beispielsweise Brewzyme-D für Diacetyl und diese ganzen Präparate, egal aus welchem Hause, haben eins gemeinsam, da wird ein Enzym eingesetzt, das nennt sich in kurz ALDC, was dann auch Alpha Acetolactat, boah, hier macht es mir schwer, Decarboxylase, der Paul hat diesen Begriff vorhin schon mal verwendet. Genau verwendet wird und als Enzym zugegeben wird und was ist da jetzt das Clevere? Man kürzt sozusagen diesen ganzen Prozess um. Wir haben es vorhin gelernt, es gibt einen Diazetylvorstoff, der wird dann zu Diazetyl oxidiert, dass es die Hefe wieder abbauen kann. Und wenn ich eben im Lagertank so ein Enzym zugebe, kann ich das abkürzen, indem ich direkt von Diacetylvorläuferstoffen gehe ich direkt zum Acetoin, was dann zu diesem Butaniodol wird, was dann beides, Acetoin, schon ab dem Zeitpunkt für uns sensorisch nicht mehr wahrnehmbar ist. Das heißt, auch wenn man sich solche Kurven anguckt, die man in der Literatur findet, wie während der Gärung das Diacethyl entsteht und dann während der Hauptgärung oder nach wenigen Gärtagen so ein High erreicht. Das sieht man da gar nicht, wenn man dieses Enzym einsetzt, weil eben diese Vorläuferstoffe gar nicht die Chance haben zum Diacethyl zu werden. Die fängt man sozusagen vorher schon ab und das ist da das Spannende. Es gibt aber ein Problem und zwar das ist das Thema Dry Hop Creep, was wir heute an vielen Stellen schon angebracht haben. Dass eben hier auch eine zweite Gärung angestoßen werden kann durch die Enzyme, die man über das Hopfenblattmaterial einbringt. Und der entscheidende Punkt ist, das findet ja schon nach dem pH-Drop durch die Hefe statt. Das heißt, da sind wir schon im Vierer-Range-Bereich bezüglich pH. Und dieses ALDC-Enzym, je niedriger der pH und auch schon in dem niedrigen Vierer-Bereich, wo wir halt im Endvergärbereich sind, bei den normalen Hefen, funktioniert das nicht mehr so richtig. Das heißt, das ist hier eine große Schwachstelle. Also bei einem Lager-Bier-Prozess, wenn das Diacethyl während der Hauptgärung entsteht, wenn der pH noch nicht so niedrig ist, ist das eine super Sache. Für das ganze Thema gehopfte Biere funktionieren die Enzyme nicht so 100%. Und genau an der Stelle kommen eben diese GMO-Hefen ins Spiel. Aus den Häusern Omega-Yeast und Berkley-Yeast gibt es diese GMO-Hefen, die so manipuliert wurden, dass sie eben für das Thema Diacetylreduktion optimiert sind. Omega-Yeast nennt das ganze DKO-Technologie. DKO steht für Diacetyl Knockout. Das haben wir drauf, muss ich sagen. Finde ich ziemlich cool. Das Spannende ist, da ist genau auch das gleiche Enzym im Spiel. Auch dieses ALDC. Nur der Clou ist, durch die Gene, die sie diesen Hefen eingepflanzt haben, produzieren diese Hefen in der Zelle dieses ALDC-Enzym von selbst. Und die Diacetylvorläufer in der Zelle, das hat ja der Paul am Anfang auch schön erklärt, dass halt bei dem ganzen Diacetylprozess die Vorläuferstoffe am Anfang in der Zelle sind. Da wird es ausgeschieden in die Bierwürze. In der Bierwürze oxidiert es zu Diacethyl. Und in der Zelle wird es dann auch wieder rückgebaut. Und mit dem Enzym, was wir gerade hatten, die ich zugebe, findet das auch alles in der Bierwürze statt. Bei den genetisch modifizierten Hefen. Dadurch, dass ich ein Gen in meiner Hefezelle habe, was dieses ALDC-Enzym erzeugt, findet das alles innerhalb der Zelle statt. Also diese Diacetylvorläuferstoffe werden in der Hefezelle schon in geschmacklich nicht wahrnehmbare Stoffe wie Acetoin und dieses Butaniodol reduziert. Das heißt, Diacetylvorläuferstoffe und Stoffe, die zu Diacetyl werden können, die kommen nicht mal in Kontakt mit der Bierwürze in dem Fall. Und das ist auch der Grund, warum beim Einsatz dieser Hefen, dass auch diese pH-Abhängigkeit nicht hat. Das heißt, diese Hefen funktionieren deswegen auch bei dem Thema Hop Creep. Jetzt will ich nicht Werbung für Omega-Yeast machen an der Stelle. 

Paul Ja, weil wir ja auch nicht bezahlt werden. 

Flo Ja, genau richtig. Aber das klingt ja von der Idee, von der Überlegung, fand ich das mega, muss ich sagen. 

Paul Ja, total geil, weil die Hefe hat ja auch alles, was sie braucht. Genau. Die erzeugt ihre Nährstoffe quasi und das Bier schmeckt durchweg quasi gleich. 

Flo  Genau, also man holt das Problem und den ganzen Umwandlungsprozess, verlagert man halt von außen komplett nach innen. Das ist das, was man damit macht und hat deswegen, wie du gesagt hast, theoretisch zu jedem Zeitpunkt der Gärung eigentlich niemals wahrnehmbare Schwellen und das Ganze funktioniert auch bei dem Thema Hop Creep, also super. Und die haben da jetzt unterschiedlichste Hefen aus ihrem Portfolio. Berkeley yeast auch quasi in diese Art verändert und ich gehe davon aus, dass es in den USA von gewissen Brauereien halt schon eingesetzt wird. Und bei all diesen Themen, egal ob ich Enzyme zugebe oder GMO-Hefeneinsätze, habe ich halt den großen Vorteil, ihr erinnert euch, was ich am Anfang gesagt habe, dass groß skalierte Brauereien das Diacetylniveau nutzen, um zu sagen, jetzt ist mein Bier ready for the customer. Und durch die beiden Ansätze reduziere ich das. Und ja, Lagerzeit ist Geld, mehr sagen wir nicht. Also es ist ein fortschrittlicher Ansatz, ob man es jetzt aus Liebe zum Bier als Hobbybrauer geil findet, steht auf einem anderen Blatt, aber es ist ein spannendes Thema. 

Paul Und damit kommen wir langsam zum Ende. Aber ich würde gerne noch eine Frage an den Daniel loswerden, bevor wir wirklich zum Abschluss kommen. Flo hat es jetzt ja quasi auf industriellem Maßstab angesprochen. Was ist, wenn ich nach der Hauptgärung, nach der Reifung zwicke und stelle fest, ich habe Diacetyl im Bier, was kann ich dann noch machen? Also gibt es da noch irgendwas, was ich machen kann, wie ich es irgendwie rauskriege? 

Daniel Ja, also das eine Thema haben wir ja angesprochen, also absolutes Faible für Flaschengärung. 

Paul Also vielleicht sogar tatsächlich umdenken und sagen, wenn ich eigentlich kecke, vielleicht packe ich in Flaschen das Bier? 

Daniel Nee, theoretisch, es gibt eine Möglichkeit auch, wenn ich kecke, Thema aufzuckern. Einfach nochmal eine Nachgärung in meinem Keg ist ja auch nichts anderes wie eine Flaschengärung quasi. Ich mache mein Keg auf und gebe nochmal eine gewisse Menge, gibt es einen guten Artikel im Braumagazin, Thema aufzuckern, gewisse Menge Zucker rein, schnell wieder zumachen, nicht, dass es überschäumt und dann einfach einen Spunder drauf und dann sollte das Thema Diacetyl eigentlich auch erledigt sein. Das sind so die zwei Dinge, aber ansonsten sehr schwierig rauszubekommen. Also in der Brauerei, wenn es mal im ZKG ist, dann keine Chance. 

Paul Also ich würde sagen, das war eine ziemlich nerdige Folge, hat mir richtig gut gefallen. Also ich bin gespannt, wie der Schnitt am Ende aussieht. Ihr werdet es ja hören, ihr werdet es ja sehen, wie auch immer. Aber zwei Stunden über Diacethyl sprechen, finde ich cool.  

Bier des Monats 

Paul Und bevor wir diese Hauptfolge abschließen, kommen wir natürlich wie immer und ich versuche das jetzt hier live reinzubasteln. Das Bier des Monats Ich fange einfach mal an, weil ich muss tatsächlich diesen Monat aussetzen. Es wäre gelogen, wenn ich mir jetzt irgendwas aus den Fingern sauge. Ich war so lange auf Antibiotika, habe fast kein Bier getrunken, also eigentlich gar kein Bier bis auf heute jetzt wieder. Habe also wirklich nichts beizutragen und würde euch beiden jetzt die Bühne überlassen. Habt ihr ein richtig gutes Bier gehabt in den letzten Wochen? Was euch so richtig gefällt? Flo nickt schon. Flo, komm, dann fange an. Dann darf der Gast als Abschluss quasi. 

Flo Wenn das für den Daniel okay ist, ja. Der holt sich das, glaube ich, sogar jetzt noch. 

Paul Sehr gut, okay. 

Flo Perfekt. Bei mir war es eine Geuze, oh Wunder. Die Geuze nennt sich Ambreux. Das ist ein Kunstwort, glaube ich, aus Ambrosia, also dem göttlichen Nektar und Geuze. Also das perfekte, der perfekte Heaven im Glas sozusagen.  

Paul Okay, das ist selbstbewusst.  

Flo Und ja, was verwenden die? Die verwenden Eichenfässer aus aller Welt. Italienische, französische Eichenfässer, wo das Ganze veredelt wird, werden drei unterschiedliche Lambics vereint, unter anderem aus den Häusern Lindemann und De Troch. Und die kam dieses Jahr erstmalig auf den Markt im Juni. Und da gibt es ja den Shop, möchte ich sagen. Wir hatten ihn schon zu Gast, Belgoshop. Der versorgt uns ja in Deutschland bestens mit solchen Dingern. Und das habe ich mir, glaube ich, vor zwei Wochen Sonntags gegönnt und wurde nicht enttäuscht, wollte ich sagen, aber ganz im Gegenteil. Also ich war hellauf begeistert. Wenn ich eine Geuze habe, die ich vorher noch nie getrunken habe, aus einem neuen Haus, da schlägt eh das Herz wie das einer Beutelratte, würde Arthur Spooner sagen. Und das war richtig, richtig, richtig gut. Also da hat alles gepasst. Die war so rund und hatte aber trotzdem so eine eigene Note, war eher auf der fruchtigeren Seite. Und am besten kann ich es eigentlich dadurch beschreiben. Und das ist gleichzeitig auch tragisch. Meine Frau liebt keine Sauerbiere wie ich. Also ich glaube, da kann man davon ausgehen. Aber ich musste kämpfen, dass ich was von der Geuze abbekomme. 

Paul  Krass. Wow. Okay. Daniel, du hast eine Dose gebracht. Das ist mir schon mal sympathisch. 

Daniel Ich habe eine Dose gebracht, ja. Und zwar, ich habe ja die Ehre, nächste Woche auf der Braubiviale zum ersten Mal Craft-Biere vorstellen zu dürfen. Und da habe ich im Vorfeld, also ich darf die Biere des Barcelona Beer Festivals, also katalonische Biere, vorstellen. Und da gibt es die Brauerei Espiga und vor allem da das West Coast IPA. Also Espiga bedeutet Äre auf Spanisch, also quasi Gerstenähre oder Weizenähre. Eine ganz, ganz tolle Brauerei.  Alle Biere, die ich von der Brauerei probiert habe, waren wirklich sehr, sehr gut und ein ganz, ganz tolles Bier. Also freue ich mich darauf, dass ich die präsentieren darf. 

Paul In der Craft-Drinks-Area ist das dann auf der Brauerei? 

Daniel In der Craft-Drinks-Area, genau. In der Facebook-Gruppe habe ich da schon mal die Slots rausgehauen. Es sind drei Slots immer an allen drei Tagen. Also an jedem Tag ein Slot. Und ja, da freue ich mich schon drauf. 

Paul Sehr gut. Und damit, Leute, mach mal langsam den Sack zu. Leute, erste Folge mit dem Daniel zum Thema, oder zu einem Bierfehler, zu einem Bierfehlaroma. Und es hat richtig Spaß gemacht, das so richtig auseinanderzunehmen, so richtig zu sezieren. Da war, glaube ich, ganz, ganz viel drin für alle, für auch die, die den Staffelbierstil mögen, lieben und vielleicht sich schon ein paar Mal gewundert haben, warum die Biere nach dem Stopfen so ein bisschen komisch schmecken. Das kann schon mal passieren. Jetzt wisst ihr es vielleicht, und vielleicht achtet ihr da auch ein bisschen anders jetzt drauf. Und Daniel, vielen, vielen Dank für deine Zeit, dafür, dass du unser Gast warst und hier so zur Verfügung standst. Und auch so lang, muss man ja wirklich dazu sagen. Richtig cooles Ding. Ja, ich habe fertig. 

Daniel Vielen Dank, dass ich hier sein darf. Ganz toller Podcast. Und wir sehen uns bald. 

Flo Und ich glaube, wir haben heute gezeigt, wie spannend Fehlaromen sein können. Das machen wir jetzt einfach noch. Wir haben es ja schon gesagt, noch ein paar Jährchen und so weiter. Dann haben wir alle mal durch. Und ich bin mir sicher, dass kriegen wir auch bei den anderen so hin. Und zwei, drei Sätze noch. Und dann haben wir es geschafft für heute. Speakpipes. Also, die ist komplett trocken gelaufen. Wenn ihr Fragen habt oder sonstige Anregungen, schickt uns mal wieder was. Ja, ich glaube auch, die trauen sich nicht. Und auch Spotify. Wir wissen ja, wir sehen die Zahlen. Viele, viele hören uns. Aber es haben uns noch lange, lange, lange nicht alle bewertet. Ist in wenigen Sekunden gemacht. Macht das ruhig. Hilft uns, um mehr Sichtbarkeit zu bekommen. Damit wir den Podcast weiter ausbauen können. Mit so coolen Gästen wie heute mit dem Daniel. Mit solchen Themen, die wir länger verfolgen möchten. Von daher unterstützt uns da. Und wenn ihr richtig Bock habt und noch ein bisschen extra Content wollt, dann werdet auch sehr gerne Patreon. Da hatten wir jetzt gerade vor ein paar Tagen ein Community-Event. Wir haben über drei Stunden da was gezaubert. Ich und der Paul haben einen richtig ausführlichen Vortrag über Landrace Hefen gehalten. Wenn ihr auch auf solche Sachen Bock habt, sind noch Plätze frei. In diesem Sinne, Werbung Ende. Hoffentlich sehen wir viele von euch nächste Woche auf der Braubeviale. Oder wenn ihr die Folge hört, heute auf der Braubeviale.  

Paul Wir sind noch da.  

Flo Trinken wir ein Bierchen zusammen. Genau. Macht’s gut. Wir sind draußen. 

Quellen 

[1] https://hazyandhoppy.com/hop-creep-diacetyl-and-new-england-ipas/ 

[2] https://braumagazin.de/article/bierfehler-diacetyl/ 

[3] https://www.hopfenhelden.de/bierfehler-diacetyl/ 

[4] https://gradplato.com/bierwissen/diacetyl 

[5] https://www.homebrewersassociation.org/how-to-brew/acceptable-off-flavors-in-beer-and-homebrew/ 

[6] https://beersmith.com/blog/2012/04/21/diacetyl-in-home-brewed-beer-the-butterscotch-flavor/ 

[7] https://rockstarbrewer.com/how-dry-hop-creep-causes-diacetyl-in-beer-and-how-brewers-can-minimise-the-risk/ 

[8] https://beerandbrewing.com/butter-beer/ 

[9] https://zythophile.co.uk/2008/09/24/a-tasty-drop-the-history-of-an-almost-vanished-fermentation-system/ 

[10] https://www.murphyandson.co.uk/diacetyl-control-use-aldc-to-brew-the-beer-you-intended/ 

[11] https://escarpmentlabs.com/blogs/resources/the-forced-diacetyl-test 

[12] https://friediesbrauhaus.de/2024/10/28/diacetyl/ 

[13] https://friediesbrauhaus.de/2024/08/22/hop-creep/ 

[14] https://www.milkthefunk.com/wiki/Brettanomyces 

[15] https://www.homebrewtalk.com/threads/from-the-brewer-english-pa-diacetyl-character.453377/ 

[16] https://omegayeast.com/what-is-dko-technology 

[17] https://omegayeast.com/news/introducing-diacetyl-knock-out-dko-technology 

[18] https://www.espiga.cat/ 

[19] https://www.belgoshop.de/p/ambreus-oude-geuze 

[20] https://www.milkthefunk.com/wiki/Pediococcus 

[21] https://www.milkthefunk.com/wiki/Lactobacillus 

[22] https://www.chm.bris.ac.uk/motm/diacetyl/origins.htm 

[23] https://web.archive.org/web/20100224081306/http://brewingtechniques.com/library/backissues/issue1.2/fix.html 

[24] https://byo.com/article/diacetyl-homebrew-science 

[25] https://en.wikipedia.org/wiki/Brakspear_Brewery 

[22] ⁠TAP1 Helle ⁠⁠Weisse⁠⁠ – Schneider ⁠⁠Weisse ⁠⁠(schneider-weisse.de) 

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