Saccharomyces ist wie ein Hund und Brett ist wie eine Katze. Es ist ein bisschen weniger vorhersehbar. Es wird sein eigenes Ding machen, es wird nicht kommen, wenn sie es rufen und sich setzen, wenn sie es sagen. Wenn man seine Individualität respektiert und ihm vorschlägt, was es bei der Gärung zu tun hat, anstatt es zu diktieren, kann es den Brauer und den Trinker belohnen.
Das war ein Zitat vom Bierhunter Michael Jackson aus dem Artikel What is Brettanomyces.
- Begrüßung
- Brautag Gadgets
- Erstes Brett Bier / Hobbybrauer Brett IPAs
- Bierpause #1
- Brett Mythen
- Brettanomyces – Einführung
- Geschichte
- Was macht Brett so besonders?
- Bierpause #2
- Brettanomyces ist eine Aromabombe
- Bier des Monats
- Literaturverzeichnis
Begrüßung
Paul Und damit herzlich willkommen zur Folge 3 unserer zweiten Staffel zum Bierstil IPA. Vielleicht ein bisschen überraschend. Schauen wir mal. Heute geht es um Pellickel, um Funky-Arom und mit anderen Worten im Endeffekt um die Hype-Hilfe des 20. Jahrhunderts um Brettanomyces. In Folge 2.1 haben wir schon so ein bisschen die Ursprünge des IPA behandelt und wir haben auch erklärt, dass die Pale-Ales und IPAs oder damals Pale-Ales oder auch Stock- oder Keeping-Ales eben oft in Holzfässern gelagert wurden und sehr wahrscheinlich auch Brett ins Spiel gekommen ist. Und in unserem Orval-Tasting, was wir ja so als Teaser für die zweite Staffel gemacht haben, vor der zweiten Staffel, da haben wir ja auch schon darauf angespielt. Und jetzt ist es soweit. Und auch wenn der Flo, so weit lehne ich mich jetzt mal aus dem Fenster, ganz, ganz gut mit diesem Thema auskennt, haben wir uns trotzdem noch wirklich die perfekte Verstärkung eingekauft. Zum Gast kommen wir aber gleich. Erstmal Flo, ich habe das Bierchen schon gesehen, da ist kaum Schaum drauf. Wenn da mal nicht Brett im Spiel ist. Schönen guten Abend.
Flo Schönen guten Abend, Paul. Auch schönen guten Abend an alle, die gerade zuhören. Absolut richtig, passend zur Folge habe ich natürlich selbstverständlich ein Bier im Glas, wo Brett im Spiel ist. In dem Fall, Paul, du hast es auch noch kühl stehen, vermute ich. Wenn ich dir das jetzt in die Kamera halte, wirst du wahrscheinlich dich erinnern. Kommt aus Berlin, vom lieben Carsten Helmholdt. Ich glaube, das haben wir über einen Frank Christian überreicht bekommen bei Störtebeker im September. Genau. Und der Carsten, ich war vor ein paar Tagen kurz mit ihm in Kontakt, da hat er gemeint, ja, das Fass muss halt leer werden. Also ist eine Berliner Weiße mit Fichtennadeln. Ja, was soll man sagen? Also sieht ja aus wie ein Weißwein im Glas. Ihr könnt es ja sehen. Und diese Fichtenaromatik, nicht übertrieben dezent, passt wunderbar, gefällt mir richtig gut. Und auf der Flasche steht jetzt nicht viel drauf, aber so wie es schmeckt und so wie man die Berliner Weiße kennt, kommt es als elegantes Schankbier daher und perfekt, um die Folge einzuleiten. Paul, wie sieht es bei dir aus, bevor wir zum Gast kommen? Hast du auch was im Glas?
Paul Ja, ich habe was im Glas, aber kein Bier heute beziehungsweise kein Alkohol. Ich bin seit heute wieder auf Antibiotika, ganz toll. Und so ein bisschen endlich diese, was es auch immer ist, Erkältung oder was weiß ich, in den Griff zu kriegen. Auf jeden Fall ist der Hals wieder dick und ein bisschen angeschwollen und jetzt, genau, muss ich jetzt mal fünf Tage durchhalten. Aber ich denke, ich schaffe das. Dann lassen wir unseren Gast rein, oder Flo?
Flo So machen wir das. Und ich freue mich heute ganz besonders über den Gast, weil ich muss sagen, die ersten deutschen Podcasts, wo er entweder zu Gast war oder die mit aus seiner Feder waren, das waren die ersten Podcasts, wo ich mich dafür begeistert habe, für die Deutschen. Egal, ob es jetzt der Braucast war oder als er bei Craft Beer & Friends mal zu dem Thema Kveik zu Gast war oder bei Just Brew It zum Thema Berliner Weise. Das waren immer so meine Highlights im deutschsprachigen Podcastraum. Und ja, die Milk the Funk -Podcast-Geschichte, das ist so das Sahnehäubchen obendrauf natürlich. Ich glaube, alle, die sich mit dem Thema beschäftigen, wissen ganz genau, wen wir eingeladen haben zu dem Thema Brettanomyces, das ist nämlich der Benedikt Koch. Bene, cool, dass du dabei bist. Viele kennen dich ja auch als Wilderwald, aber vielleicht der ein oder andere Zuhörer bei uns versteht bis jetzt nur Bahnhof. Von daher wäre es ganz cool, wenn du dich vielleicht selbst kurz vorstellst.
Bene Genau. Also ich bin der Benedikt Koch, ehemals Rausch. Ich habe, glaube ich, den Podcast bei Milch der Funk noch als Rausch gemacht oder sowas. Aber genau, die Namensänderung kam nach der Hochzeit. Ich bin Hobbybrauer und schreibe ein Buch über Berliner Weisse. Ja, wie soll ich sagen, es hat mich infiziert mit dem ersten Podcast von Andreas Burg. Der hat nämlich einen Podcast über Bierbrauen gemacht. Und der ging halt gleich über Berliner Weisse und gleich über die Bretter drin. Und von daher war auch mein erstes Funkybier direkt eine Berliner Weisse halt auch. Und das hat so angefangen mit da, wo die Sour Hour angefangen hat quasi von Brewing Network bzw. ein bisschen davor. Und da habe ich dann richtig durchgestartet und halt viel so Sauerbier gemacht und dann direkt zu Carneval Brettanomyces gegangen. Und da ein Talk über alte deutsche Bierstile, so Gose, Berliner Weise, Grodzicki, also ist ein polnischer, aber genau mit deutschem Einfluss ein bisschen, beschäftigen mich sehr viel mit historischen Bierstilen, aber halt auch sehr viel mit Berliner Weise und dadurch zwangsläufig mit Brettanomyces, Lactobacillus und Mischkulturen im Generellen. Und genau daher kommt auch mein Wissen über Brett.
Flo Eine Frage sei gestattet, Bene, zu deiner Vorstellung, dass du ein Buch über Berliner Weise schreibst. Ich glaube, das ist bekannt. Wie ist da der Progress? Kannst du da schon abschätzen, bis wann es zum Ende kommt?
Bene Genau, also mein Plan ist es, nächstes Jahr zu Ende zu schreiben. Es sind auch nur noch so drei, vier Kapitel übrig, die ich schreiben muss. Ich habe die Historie jetzt dieses Jahr fertig gemacht. Da war noch ein großer Batzen, der mir quasi vom Herzen gefallen ist, als ich das fertig geschrieben habe, weil es halt doch eine relativ komplexe Sache ist, diese ganz vielen Stränge miteinander immer zu verbinden. Man kann so viel darüber schreiben, aber man muss es halt kurz fassen. Das ist ganz gut jetzt, dass das mal so ein bisschen aus dem Nacken ist. Und jetzt kommen halt noch so zwei, drei wichtige wissenschaftliche Kapitel, wo ich ein bisschen über den Methner rede, über die Arbeit von ihm, aber halt auch generell über Brettanomyces und auch Saccharomyces. Und da hängen wir auch so ein bisschen noch an einem Forschungsergebnis von Richard, weil wir haben da so eine Sack gefunden, bekommen und die ist weird. Sagen wir das mal so. Und wir haben auch am Anfang gedacht, naja, das wird irgendwas Schlechtes sein und so was. Keine Ahnung. Aber dann ist sie halt einfach als phenolisch rausgekommen und irgendwo in der Farmhouse Glade aufgesprungen in der DNA-Analyse. War einfach nur, sagst du, hä, was ist hier passiert? Mehr dazu im Buch. Sehr, sehr gut.
Flo Vielleicht als kleine Erklärung, wem Richard nichts sagt. Richard Preiss ist gemeint von der Escarpment Labs an der Stelle. Haben wir schon ganz oft im Podcast an unterschiedlichsten Stellen für unterschiedliche Themen erwähnt.
Bene Also wenn er deutsch könnte, wäre er der perfekte Gast, weil sehr viel Wissen auch von ihm stammt. Also wenn ich mich mit ihm unterhalte, fließt sehr viel Wissen rüber, weil er einfach… Also es gibt sehr wenige Forscher, die bei dem Thema dabei bleiben. Und Richard ist einer der wenigen, weil viele, die hauen halt nach einem PhD oder sowas ab, irgendwo in der Ethanol-industrie oder irgendwo hin. Und er ist halt weiterhin dabei und treibt Forschung voran. Er kommerzialisiert Brett-Strains, was halt einfach, also ganz viel so Grundlagenforschung auch und sowas bedarf.
Flo Mega cool. Da verlinken wir auf jeden Fall euch ein paar Sachen in den Shownotes von Escarpment Labs. Gibt es gelegentlich nette Webinare auf YouTube. Da gibt es auch ein relativ aktuelles Überbrett und dazu ein kleines Update. Das packen wir euch auf jeden Fall als Ergänzung zu der Folge mit rein.
Brautag Gadgets
Flo Bevor wir uns aber jetzt verquatschen und so richtig ins Thema einsteigen, machen wir heute mal seit langem wieder, Paul, es könnte ein Jahr fast her sein, unsere Rubrik Brautag-Gadgets. Und dieses Mal lasse ich dir
den Brautag-Gadget.
Okay, das kam überraschend.
Paul Ich dachte, ich probiere es einfach mal.
Flo Lange nicht gehört.
Paul Ist sehr cool.
Flo Lange nicht gehört. Und dieses Mal darfst du mal anfangen, weil bei dir gibt es ja definitiv was.
Paul Ja, ich habe von Crafthardware mal wieder was bekommen, aber auch wieder auf Bitten und Betteln. Also ich habe ja vor, ich weiß gar nicht, zwei, drei Jahren, den Douglas ja schon mal bekniet, dass er endlich Kessel rausbringt mit Bodenablauf. Und damals hatte er mir auch schon nicht geglaubt, dass die Leute, die schon Kessel von ihm haben, dann umsteigen würden auf Kessel mit Bodenablauf. Und dann hatte ich ja auch so eine Testvariante bekommen. Und dann ging es relativ schnell, dass ich da super viele Anfragen bekommen habe, wo es die Dinger gibt. Und wenig später war sie dann auch im Shop. Und es ist ja tatsächlich so, Flo, du bist ja auch einer von denen, die dann noch umgestellt haben, glaube ich. Jedenfalls teilweise. Und genauso war es jetzt auch wieder. Ich habe gesagt, es brauchen ganz, ganz viele brew in a bag. Aber es gibt zum Beispiel den Spike, auch diesen Basket, den man nutzen kann. Und ich war ja mit diesem brew bag nie so richtig happy, weil für mich war das immer so ein Gematsche und so weiter. Und so dieses Ausdrücken oder nicht oder baumelt es da so rum. Da war ich immer nicht so ganz happy mit. Aber ich habe dann gesagt, komm, vielleicht hast du mal so irgendwie sowas in Planung. Und dann ist er jetzt auf mich zugekommen vor ein paar Wochen und hat gesagt, er hat jetzt so einen Prototypen, er wird ihn mir mal schicken zum Testen. Und er sieht so ähnlich aus wie der von Spike, ein bisschen anders, hat aber oben auch tatsächlich so einen fetten Edelstahlrand mit einem Tri-Clamp Eingang, sodass du da auch zum Beispiel eine Pipe oder irgendwas zum Rückführen der Würze reinbringen kannst, wenn man das zirkulieren möchte. Und das Ding, was soll ich sagen? Das funktioniert halt. Also es ist einfach ein Edelstahlkorb, der genau in die Töpfe reinpasst, den du auch reinhängen kannst. Also du brauchst dann auch keinen Boden oder sowas mehr unten reinstellen, sondern du kannst den wirklich reinhängen. Und ich finde es auch tatsächlich relativ leicht zu reinigen. Also bei dem Brew Bag war es ja auch oder ist es so, du hast immer so kleine Maschen, so kleine Kanten dann drin und da verhakt sich auch immer was. Bei so einem Basket, den habe ich halt einfach umgedreht und habe den mit der Brause abgespült und dann fällt im Prinzip alles raus, wenn du den nochmal ein paar Mal abklopfst und lässt ihn trocknen. Deswegen fand ich das Ding echt cool. Douglas hat das Ding jetzt wieder zurück. Ich habe zweimal mit gebraut, genau. Douglas hat das Ding jetzt wieder zurück, testet auch nochmal. Aber ich bin immer noch dran, weil er ist immer noch nicht so ganz happy mit dem Teil. Für ihn ist das, ja er ist nicht so ganz zufrieden. Er will natürlich oder er versteht nicht, warum man nicht den Brew Bag mitnehmen sollte oder er versteht nicht, dass die Leute tatsächlich vom Brew Bag vielleicht auch auf den Basket wechseln würden. Oder was ich auch ganz oft bekommen habe, ist, dass sich viele Leute vorstellen könnten von einem Malzrohrsystem, wo sie ein bisschen eingeschränkt sind, wie einem Braumeister, ohne jetzt Speidel auf die Füße zu treten, aber zu so einem flexibleren System wechseln würden, was genauso viel Platz wegnimmt, wo man dann aber noch ein paar Pipings selber machen kann oder ein paar Anschlüsse hat, wo man was weiß ich was mitmachen kann. Und das ist tatsächlich sowas. Ich habe ganz, ganz viele Zuschriften da bekommen und habe immer fleißig Screenshots gemacht und Douglas das weitergeleitet, damit man hoffentlich diesen Basket irgendwann. Ja, das ist glaubbar. Nur, weil ich das Ding will, ist es ja nicht, dass er das in den Shop bringt. Und jetzt testet er auch nochmal und dann wird er nochmal gucken, dass er mit so ein paar kleinen Anpassungen das Ding dann hoffentlich in den Shop bringt. Da bin ich mal gespannt. Und ich glaube auch, der eine oder andere, der es schon gesehen hat bei Instagram auch.
Flo Ich muss sagen, optisch macht so ein Korb ganz einfach mehr her, wie so ein Sack.
Paul Genau, das kommt auch noch dazu.
Flo Definitiv. Und wenn man es eine Weile benutzt hat, dann sieht der Sack nicht mehr ganz so schön aus. Auch das finde ich jetzt persönlich einen Vorteil. Also könnte man auch vorstellen, dass sich das lohnt. Vielleicht hört er ja zu.
Paul Genau.
Flo Schöne Grüße gehen raus.
Paul Flo, du hast zwar dir vorgenommen, dieses Jahr nicht so viel zu shoppen, was Brauhardware angeht, aber bei einem Angebot konntest du nicht Nein sagen.
Flo Ja, richtig. Bei meinen Mini-Unis habe ich dann zugeschlagen. Das ist ehrlich gesagt ein Thema, wo ich schon längere Zeit danach gesucht hatte. Bei den Amis gibt es da immer solche Dinge, aber in Europa bekommt man ja relativ schwer ran. Von daher ist es ganz cool, dass da Brewtools echt qualitativ auch hochwertig geile Sachen, immer geile Sachen, die man an den Start bringt. Konkret geht es um die Cooling Jacket für die Mini-Unis ohne Plus, die man dann halt an den Glykol-Kühler in meinem Fall dran hängen kann und hat dann wirklich die Mini-Unis, würde ich sagen, voll aufgewertet. Ich muss da auch mal ein Bild posten, weil ich es einfach cool finde, wie die 20 Liter Dinger da an der Wand hängen, keinen Platz einnehmen und jetzt eben mit dem Cooling Jacket kann ich da so ziemlich alles mitmachen. Nur das Problem, Paul, ich muss es mitmachen, aber ich will nicht zu sehr trommeln, weil da ist dieses Jahr schon so viel schiefgegangen. Am Wochenende habe ich vor zu brauen und dann werden die beiden Mini-Unis mit Cooling Jacket befüllt mit einem schönen Splitsud. Da freue ich mich drauf, aber wie gesagt.
Paul Das glaubst du erst, wenn die Dinger voll sind.
Flo Genau so sieht es aus. Das heißt, Details dazu kommen noch, weil ich glaube, in Deutschland haben die noch nicht wirklich so viele und die kannst du auch für Keks und so theoretisch nehmen. Muss man mal gucken, wie gut das funktioniert.
Erstes Brett Bier / Hobbybrauer Brett IPAs
Paul Haben wir da auch einen Haken dran und jetzt steigen wir ein ins Thema Brettanomyces und bevor wir aber so richtig tief reingehen, könnt ihr euch an euer erstes Brettbier erinnern? Bene, bei dir natürlich, da gab es sicherlich schon ganz, ganz viele, aber kannst du dich noch daran erinnern, wie das Ganze angefangen hat?
Bene Also ich glaube, das erste Brettbier war eine Orval, ziemlich sicher, aber jetzt Kaufbiere. Und wie gesagt, das erste Gebraute war eine Berliner Weiße.
Paul Ach stimmt, genau. Flo, du, hast du noch Erinnerungen?
Flo Ich habe mir natürlich vorher Gedanken gemacht. Bei mir meine ich, war es ein Stone Enjoy After Brett IPA. Die gab es hier und da mal in so 75cl Flaschen. Die hatte auch schon ein bisschen was auf dem Buckel. Ich müsste jetzt lügen, aber ja, die war auf jeden Fall Enjoy After After und das war halt so eine richtige Funkbombe. Und wenn du sowas vorher in der Form noch nicht getrunken hast, brauchst du die ganze Flasche, um darauf klarzukommen. Das erste Glas war da noch relativ schwer zugänglich, obwohl ich Geuze und Berliner Weiße, also das muss ich dazu sagen, also ich habe es bewusst das Stone gesagt, weil das halt Brett in einer ganz anderen Dimension für mich gezeigt hat. Geuze und Berliner Weiße habe ich ganz sicher vorher schon getrunken, aber das war so dieses Brett-Aha-Erlebnis. Deswegen habe ich das jetzt gebracht. Und das muss so 2017 vermutlich gewesen sein mit dem Stone Beer. Und dann ging es auch nicht mehr lange, dass ich das selbst in die Richtung sozusagen dann viel gebraut habe. Und bei dir?
Paul Ja, ich bin mir nicht so ganz sicher. Also gebraut habe ich, da weiß ich es noch recht gut. Das war auf jeden Fall eine Berliner Weiße. Da kann ich mich deswegen so gut daran erinnern, weil die am Ende wirklich schlimmen Essigstich hatte und dann nicht mehr ganz so lecker war. Aber danach kam dann, glaube ich, schon das Flanders Red, dieses Projekt mit der Brauersportgruppe, was dann ja ganz gut geglückt ist. Ich bin mir nicht ganz sicher. Ich glaube, es war eine Boon Geuze, glaube ich, die ich damals das erste Mal getrunken habe. Ich glaube, es war sogar im Bierbotschafterkurs. Bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, es war da und da habe ich erst mal ganz schön zu tun gehabt. Also das war schon was anderes auf einmal. Da musste man sich erst mal reindrinken, wie du das auch mal beschrieben hast, Flo. Aber mittlerweile natürlich gern im Glas.
Flo Und vielleicht, um auch noch die Brücke zu unserem Staffelbierstil zu schlagen. Ich habe jetzt quasi schon ein Brett IPA, in dem Fall von Stone, gedroppt, dass ich das sehr spannend fand. Habt ihr mal Hobbybrauer-Brett-IPAs gedruckt? Der Bene, denke ich, ganz sicher. Aber Paul, vielleicht kannst du anfangen. Kannst du dich an was erinnern?
Paul Also ich kann mich an… Also so ehrlich muss ich jetzt auch sein. Ich habe selber noch nicht probiert. Ein Brett-IPA hatte ich, glaube ich, noch nicht im Repertoire. Ich habe welche probiert von Hobbybrauern, die ich aber tatsächlich nicht so gut fand. Also da ist mir jetzt auch nichts im Kopf geblieben, wo ich gesagt habe, das war eigentlich mal eine runde, stimmige Sache. Das war immer irgendwie seltsam, muss ich sagen. Bene, du?
Bene Naja, also der Dominik und ich haben ja angefangen mit einem Brett IPA. Wir waren ja Hobbybrauer, bevor er Flücke gemacht hat. Und da haben wir natürlich ein Brett IPA gemacht. Und ich finde, es gibt bei Brett IPA so ein Fenster von ungefähr einem halben Jahr. Und da ist es so richtig geil teilweise, weil halt dann quasi noch nicht der Funk kommt und halt nur die E-Star und die Hopfenumwandlung quasi stattgefunden hat und das Ding halt einfach Bombe schmeckt. Und dann kippt es irgendwann. Also wir hatten auch irgendwie bei Oedipus mal eins. Das war halt auch, da hast du das Frische gehabt irgendwie, genau so sechs Monate alt und dann das eineinhalb Jahre alte. Und das eineinhalb Jahre war halt mega funky, weil ich auch später draufkomme, Hopfen ist somit die größte Komponente für einen Funk. Also weil da wissen wir noch nicht genau, was passiert, aber aus dem Wissen, wenn wir es machen, wissen wir, dass das funky wird. Also und zwar richtig. Und genau, das ist halt so meine Geschichte. Klar, ich habe selber auch eins gebraut, aber auch von anderen. Ich glaube so von Doenekes, so Johannes und sowas. Und genau, ich habe noch eins da. Das mache ich mir später auf. Der Dominik hat ein klassisches IPA mal gebraut. Also quasi so zwölf Gramm pro Liter East Kent Goldings Brett. Und das hat am Anfang so schlimm geschmeckt. Das konntest du nicht trinken. Das war so bitter und harsch mit so einem Hopburn, so richtig grasig. Und dann so nach einem Jahr war das Ding einfach so geil, weil es halt so harzig, fruchtig, super lecker war. Also da sieht man dann wieder, welche unterschiedlichen Effekte unterschiedliche Hopfen haben. Also weil Ami-Hopfen auf der Brett oder halt eben klassische Hopfen, das macht einfach so einen riesen Unterschied.
Flo Zu Brett-IPA muss ich aus meiner Hobbybrauer-Karriere eine Geschichte loswerden. Ich war 2018 Trauzeuge von einem meiner besten Kumpels. Und der geht weit über den Standard-Biertrinker hinaus, natürlich auch von mir gut erzogen, sage ich mal. Brett ist ihm überhaupt gar kein Fremdwort. Der hat auch viele Brett-Biere bei mir getrunken und hat die gemocht, also kauf- und als auch die ersten Hobbybrauer-Versuche. Und er hat mich dann halt gefragt, ob ich nicht nach dem Standesamt so zwei, drei Biere von mir ausschenken kann. So 50, 60 Leute waren das. Und da habe ich gesagt, ja, klar, cool, mache ich, gerne. Habe ich freie Hand? Ja, du hast freie Hand, aber kein Brett. Und da habe ich so gedacht, na ja, komm, das ist ja langweilig. Und dann habe ich halt ein Brett, New England-IPA. Das war relativ frisch mitgebracht. Also war definitiv mehr auf der fruchtigen Seite, aber Brett hat sich da auch schon nicht versteckt. Das war schon präsent. Und das war der Amalgamation II Brett Blend mit fünf Brett-Brux-Stämmen von Yeast Bay. Ich glaube, Fluegge hatte den ja auch in dem einen oder anderen Bier. Und der ist ja so richtig tropisch-fruchtig mit allem, was man so kennt, halt Mango, Ananas, keine Ahnung, Guave, Passionsfrucht. War halt dann super mit den klassischen Hopfen, die man halt in so ein New England-IPA reinballert, harmoniert. Und ich hatte noch ein klassisches Bier dabei und einen Sour, also so einen Kettelsour mit einer Ale Hefe. Bisschen fruchtig, weil da war auch im Sommer war es warm. Und das Brett New England-IPA, das ging weg. Das ging so weg. Der war dann erst mal stinkig, als ich da wirklich dann ein Brett-Bier dabei hatte, weil ich hatte es dann auch hingeschrieben. Aber die Leute, das habe ich dann so gefeiert, weil die Leute das Bier so gefeiert haben, weil es halt relativ frisch war, aber trotzdem diesen Brett-Charakter haben. Und von allem war halt so die Rückmeldung, wo gibt es so was, so ein Bier mit so Geschmacksnuancen. Das hat halt niemand gekannt. Und da waren Craft-Bier-Trinker dabei, die gedacht haben, sie kennen sich gut aus. Und das finde ich auch immer spannend, wenn du dann halt mit so was um die Ecke kommst. Das ist halt dann der große Vorteil eines Hobbybrauers, oder den Vorteil, den man dann ausspielen kann. Gut, genug gequatscht. Dann kommen wir zum ersten Bier, oder? Läuft.
Bierpause #1
Paul Ben hat ja schon was im Glas.
Flo Ich habe die weiße leer gemacht.
Bene Ich habe mir das schon eingeschenkt. Ich habe ein acht Jahre altes Orval. Also 2016 ist es gebraucht worden.
Paul Astrein. Flo, was war das Älteste, was wir im Teaser hatten? 10, oder?
Flo 10 oder 2011. Und ich glaube, am besten fanden wir, glaube ich, so in dem Zeitraum 2016, wenn ich es richtig in Erinnerung habe.
Paul Was er jetzt im Glas hat, da kann ich mich auch daran erinnern.
Flo Ist ganz lecker.
Paul Genau. Und Flo, du machst ja jetzt…
Flo Mal wieder Grüße raus in die Schweiz. Böglibräu.
Paul Der Kerl liefert ab.
Flo Ist ein Session IPA, also ohne Brett im Spiel. Sieht fast filtriert aus. Und auch wieder, enttäuscht nicht. Ist von der Hopfenaromatik eher klassisch, also auch ein bisschen so grasig. Kräuterig, aber auch fruchtig in Kombi. Auch auf jeden Fall modernere Hopfen.
Session. Also perfekt, um dann weiter reinzutauchen. Dann zum Wohl, ihr zwei. Danke, danke. Prost. Ja, aber dann können wir endlich richtig loslegen.
Brett Mythen
Flo Und wir haben uns überlegt, ich glaube, über Brett haben wir Mühe. Wie auch für IPA. Da gibt es für Brett mindestens genauso viele Mythen, die in den Bierkreisen so rumkursieren. Und deswegen haben wir gedacht, wir wischen erst mal feucht durch, dass wir da alle geerdet sind. Und dann starten wir ins eigentliche Thema. Wir haben da ein paar Mythen rausgepickt. Und wahrscheinlich der bekannteste Mythos ist, dass alle Brettanomyces-Biere sauer sind. Was sagst du da dazu?
Bene Also ich sage mal so, wenn man seine Sache richtig macht, dann definitiv nicht. Also Brettanomyces und Sacchomyces sind leicht saurer als quasi Sacchomyces alleine. Wir reden halt von einem pH von ungefähr 4. Das liegt allein an dem Stoffwechsel von Brett. Also wenn man die einfach nur zusammenlaufen lässt und jetzt zum Beispiel Saisonbraut oder sowas, dann kriegt man so eine schöne leichte Tarte halt hin. Also ich sage immer Tarte oder frisch oder wie auch immer. Also es ist nicht. Klar, wenn du einen Stout brauchst mit Brett und das ist so um die 5-6%, dann ist es ein bisschen wässriger als ein normales quasi nur mit Saccharomyces. Also das werden viele, die schon Stouts gebraucht haben, schon kennen. Wenn du einen Stout brauchst, was irgendwie 10-11% hat, dann passiert das nicht, weil Brett dann irgendwie viel langsamer irgendwelche Sachen macht. Also die fermentiert da auch gar nicht mehr so richtig mit, sondern die ist so im Hintergrund häufig. Also so beim Courage Stout oder sowas. Da ist es schon eher weniger da. Aber wenn man jetzt natürlich einfach das Airlock weglässt und dann Brett laufen lässt, dann produziert Brett halt sehr viel Essigsäure, liegt am Stoffwechsel. Da geht es um Redox Balance und sowas und den Custers-Effekt. Da werden wir noch später draufkommen. Und dann wird es natürlich saurer, weil Essigsäure ist viel potenter als Milchsäure. Wenn du dann viel Essigsäure in deinem Bier bekommst, das nimmst du wahr. Also egal wie, weil das kratzt hinten und ist halt die Säurespitze. Und da brauchst du auch nicht viel, dann nimmst du sie wahr. Und was halt dann noch relativ schnell kommt, ist halt, dass es dann nach Nagellackentferner riecht, weil halt Brett Essigsäure auch noch weiter verestert. Und dann irgendwann wird es zu viel, das Gute. Aber nee, also grundsätzlich würde ich sagen, nee, macht es nicht sauer. Es macht das Bier halt so auf einen pH von 4 und das ist in meinen Augen noch nicht sauer.
Paul Alles klar. Dann geht es weiter mit Mythos 2. Brettanomyces sind nur Teil der Mikroflora in Belgien und England.
Bene Auch nein. Also es gab sehr viele Versuche in der letzten Zeit durch Bio-Prospecting, zum Beispiel auch beim Wein, aber halt auch einfach in anderen Dingen quasi Brett zu finden. Und die hat man nicht wirklich gefunden. Man hat sie aber gefunden in Gebäuden, in Fässern. Und die Funde, die man da hatte, waren über Jahre hinweg auch genetisch gleich. Das heißt, wir Menschen domestizieren Brettanomyces. Das bedeutet, wir haben das im Wein, wir haben das im Tequila, wir haben das in Göse. Das war eine Studie von Lucia Oro, Occurrence of Brettanomyces bruxellensis on Grape Berries and in Related Winemaking Cellar. Und die sagt halt so, nee, nee, die ist menschengemacht. Und das ist halt für viele jetzt erstmal so ein Ding, wo gesagt wird so, hä, aber das ist doch eine wilde Hefe. Nee, das ist eine menschengemachte Hefe und die ist vom Menschen auch erzogen. Also wenn ich jetzt an Berliner Weiße denke, die ist ein Teil der Mischkultur. Die ist natürlich sehr stark sozusagen erzogen. Die geht in eine bestimmte Geschmacksrichtung. Genauso aber auch bei Wein da werden Fässer sortiert. Wenn ein Fass scheiße schmeckt, raus damit. Wenn ein Fass gut schmeckt, Flüssigkeit von dem Fass in andere Fässer, wenn die neu sind und so weiter. So selektierst du deine Fässer und deine Geschmäcker vor. Genau, also deswegen grundsätzlich nicht Teil der Mikroflora, sondern Teil der Brauerei und damit halt auch, daher kommt der Göse Eigengeschmack, daher kommen andere Sachen und so weiter. Die können die Fässer auch gut sauber machen, aber dann kommt es halt wo anders her aus der Brauerei. Da hängt es halt in irgendeinem Schlauch drin oder sonst irgendwas.
Wenn wir jetzt aber wilde Brettanomyces finden wollen, dann gehen wir ins Wurzelmaterial und da gibt es Funde. Das nennt sich die Rhizosphäre und da gibt es einen tollen Beitrag von auch einem von Milk the Funk und der heißt Where do the wild Brettanomyces roam? Das ist ein YouTube-Video und das kann ich auch nur empfehlen, aber das hat halt nichts damit zu tun, dass die jetzt im Weinberg irgendwo von dort in den Wein kommen. Natürlich wird in der Wurzel vielleicht auch irgendwo Bretz sein, aber die kommt nicht hoch.
Flo Das ist die ganze romantische Stimmung von diesen Kühlschiffen, wo man das Fenster aufmacht.
Bene Ja gut, was man da halt sagen muss, da gibt es aber in den Kühlschiffen, die viele haben halt ein Holzdach und wenn die halt dann da oben lebt, dann tropft die wieder runter und ist direkt inokuliert. Aber dazu muss er erst mal ankommen und wenn jetzt Vinnie Cirluzo hergeht und diesen Kühlschiffraum erstmal schön mit seinem Lieblings Lambic streicht, dann weißt du Bescheid, woher die dann kommen.
Flo Machen wir weiter mit dem nächsten Mythos. Der Begriff Brettanomyces bezieht sich auf eine einzelne Hefeart, weil wir reden ja eigentlich meistens immer nur von der Brett.
Bene Genau, also auch wieder nein. Brettanomces ist quasi keine Art, sondern eine Gattung oder Genus, wie man so schön sagt. Und Brettanomces bruxillensis wäre jetzt dann eine Art, also eine Spezies. Jede Gattung besitzt mehrere Arten, also Brettanomces bruxillensis, Anomalus etc. Und das kann man so vergleichen mit Obergärig, Untergärig. Da gibt es dann Saacharomyces cerevisiae, Saccharomyces pastorianus und so weiter. Und darunter gibt es dann Stämme oder Strains. Jede Art besitzt dann mehrere Stämme. Also Vergleich wäre jetzt hier zum Beispiel Schneiderhefe oder Kveik. Das sind dann halt, oder halt eine spezielle Kveik, also Hornindal oder sowas. Also sehr viel Vielfalt und Bandbreite in Brettanomyzis.
Paul Mythos 4, davon bin ich tatsächlich auch relativ lang ausgegangen, beziehungsweise liest man das auch oft. Und zwar Brettanomyces ist nur als Secondary Pitch oder als Co-Pitch mit Saccharomyces geeignet, denn oder weil Brettanomyces ernähren sich nur von den langen Zuckerketten, die gewöhnliche Bierhefen eben hinterlassen.
Bene Also das stimmt auch nicht. Ich sag mal so, es gibt Stämme, die besser damit zurechtkommen, allein zu vergären als andere. Hat so ein bisschen mit der Adaption an Nährstoffwelt und Medium zu tun, also ob es jetzt quasi generell eine Bierhefe ist. Also zum Beispiel Wein-Brettanomyces können besser mit Schwefel zurechtkommen, aber dafür schlechter Zucker vergären. Aber Bier-Brettanomyces können das wiederum besser. Also da sieht man wieder die Domestizierung. Grundsätzlich also zu den Nährstoffen. Jede Brettanomyces kann Glucose, viele Sucrose, Fructose und Maltose. Und dann geht es halt noch weiter, weil die können, viele können halt auch noch so Sachen wie Galactose, Mannose und so weiter. Also viele können so richtig viel. Also man sagt nicht ohne Grund, Brett will eat everything. Also da gibt es schon was dran, aber nicht bei jedem Stamm. Also grundsätzlich ist die Bandbreite hier wieder sehr groß. Wenn ich jetzt so Brett-IPAs machen würde, würde ich persönlich empfehlen, quasi so ein Blend zu nehmen wie Amalgamation oder sowas, weil du halt dann ja fünf Stämme hast und die teilweise unterschiedlich halt einfach ticken und dann unterschiedlich halt auch besser das vergären können. Die Tendenz aus der Erfahrung, die wir gemacht haben, so war, dass Bruxellensis der bessere Vergärer ist und Anomalus eher der bessere Biotransformator. Aber ja, also grundsätzlich kann man mit Brett auch einfach nur ein Bier komplett vergären.
Flo Machen wir nahtlos weiter, wobei ich glaube den nächsten Mythos, den haben wir quasi schon beantwortet. Ich lese ihn trotzdem vor, um es nochmal klarzumachen. Brettanomyces sind wilde Hefen und nicht domestiziert, wie zum Beispiel Saccharomyces Cerevisiae.
Bene Genau, also es ist jetzt auch noch nicht vollständig bewiesen, weil das sind immer halt quasi so Teilbereiche von den Studien. Aber vieles deutet darauf hin, dass Brett domestiziert und nicht, wie da oben besprochen, opportun ist. Man sagt quasi zu wilden Hefen, die irgendwo rumfliegen, dass die opportun sind. Die werden durch irgendwas hingestragen und dann machen die ihr Ding und dann sind die wieder weg. Anzeichen. Wir haben Isolate, die im Bierzusammenhang sind, können besser Maltose, aber schlechter Cellobiose essen. Das heißt, sie sind häufiger nicht im Fass und können Maltose essen. Isolate im Weinzusammenhang haben eine höhere Schwefeltoleranz, können kaum Maltose essen, dafür aber besser Cellobiose. Also quasi wieder Zellstoffe vom Fass. Dann hast du mehrere genetisch identische Funde von Brettanomyces über verschiedene Jahrgänge. Also quasi in einer Weinerei über zehn Jahre quasi dieselben Stämme, sowohl im Wein als auch in den Gerätschaften, die quasi also genetisch sehr nah beieinander, wo du sozusagen von Klonen sprichst, die halt eine nachvollziehbare, minimale genetische Veränderung haben. Dann kannst du sagen, ja, das ist die Brett, die da lebt. Und wenn die Brett da lebt, dann ist sie domestiziert. Genau. Und da, wie schon besprochen, also da gibt es zum einen quasi die Studien, kann ich nur empfehlen, Alice Cibrario, Brettanomyces bruxellensis wine isolates show high geographical dispersal and long persistence in cellars, Cibrario. Quasi da geht er so ein bisschen auf die Diversität ein innerhalb von der Weinwelt und dann halt eben noch Colomer quasi, das ist so, also der hat so assessing population diversity.
Paul Flo, ich sehe schon die Show Notes, das wird eine größere Aufgabe für dich diesmal, aber natürlich lernen wir das so.
Flo Die meisten Papers stehen schon auf der Liste dieses Parks.
Paul Hast du schon bereit?
Bene Ich habe mir auch selber Notes geschrieben, weil ich kann mir das natürlich nicht merken, also ich schicke dir den dann weiter.
Paul Alles gut, ja, genau. Aber der Hinweis für euch, die dazuhören, schaut mal rein, wenn ihr da weiterlesen wollt, das packen wir euch natürlich alles in die Show Notes. Und dann kommen wir noch zum letzten Mythos, der sich, glaube ich, hartnäckig hält. Wenn man Brettanomyces einmal in seiner Brauerei hat, dann bekommt man sie nicht mehr los.
Bene Also da sage ich auch klar, nein. Wenn man reinigt, dann tut man das, um genau diese Häfen loszubekommen. Also wenn ich ein sauberes Reinigungsregime habe, dann mache ich ja Brettanomyces platt in dem Moment. Klar, viel kommt daher, dass Brettern einen Biofilm macht, aber herkömmliche Reinigungsmittel zerstören diesen Biofilm. Also da braucht man echt keine Angst zu haben. Wenn man sich mit Reinigung ein bisschen auseinandergesetzt hat und die handelsüblichen Hobbybrauer Reinigungsmittel nimmt und danach reinigt und desinfiziert, sollte man sie auf jeden Fall platt bekommen. Wo ich jetzt nochmal kurz so ein Jein sage, ist, wenn du poröse Materialien einsetzt, also sowas wie Eimer, Dichtungen etc., die würde ich empfehlen zu wechseln oder zu trennen zwischen funky und nicht funky, aber jetzt sowas wie ein Edelstahltank an sich. Ich glaube auch, wenn du die Dichtung offen liegend in PBW legst für einen halben Tag und danach nochmal in Starsan legst, erlebt er auch nichts mehr. Also keine Ahnung. Und wenn du danach noch abkochen willst, meine Güte, mach’s, aber ich habe da nicht so viel Angst. Und dann ist noch der andere Punkt, das ist so mein Ding, also ich brauche ja auch saubere Biere, aber ich braue die, dann stelle ich die in den Kühlschrank und trinke sie innerhalb von vier Wochen. Ich muss nicht abfüllen, ich bin Hobbybrauer. Ich muss keine Haltbarkeit von zwei Jahren garantieren auf meinem Bier. Nee, ich schick dir das und dann erwarte ich, dass du es innerhalb von zwei Monaten trinkst und wenn du dann nicht trinkst und dann sagst, ja, das ist funky geworden, dann sage ich, naja, hallo, kennst du mich?
Paul Ja, das wird aber ganz gerne von dem einen oder anderen Hobbybrauer gemacht, die Biere schön lang aufgehoben und dann werden die nochmal ausgezaubert.
Bene Ja, also dann ist halt nur, ich sage so, ja gut, okay.
Brettanomyces – Einführung
Paul Ja, nein, aber gut, also dann damit, und das ist ja eigentlich jetzt auch eine gute Überleitung für die eigentliche Einführung, denn viele Zuhörer haben genau aus dem Grund und auch aus anderen Gründen so ein bisschen Berührungsängste mit oder vor Brett und das wollen wir mit der Folge natürlich auch versuchen zu ändern. Und dafür müssen wir aber natürlich auch eine kleine Einführung geben, damit wir alle die Bretts, die Brettanomyces besser kennenlernen, besser verstehen. Du hast es schon angerissen, es gibt ja verschiedene Arten und vielleicht kannst du da nochmal ein bisschen genau darauf eingehen, wie viele und was so die grundsätzlichen Eigenschaften dann auch sind.
Bene Genau, also grundsätzlich gibt es fünf Gattungen oder Spezies, das ist Bruxellensis, Anomalus, Custersianus, Nanus und Nardensis. Und dann gibt es quasi noch alte, die ein paar Leute vielleicht noch kennen, das ist B. lambicus zum Beispiel, die wurde reklassifiziert in Bruxellensis und dann noch eine alte Nomenklatur, also es wurde irgendwann, hieß es Klauseni, die wurde umgenannt in Anomalus. Aber hauptsächlich in Bier und Wein gibt es nur Bruxellensis und Anomalus und ganz selten die anderen. Die anderen sind so Bioethanol oder sonst irgendwas meistens. Dann gab es eine große Studie zu den genetischen Familien von Bruxellensis, die war von Aframova und da haben sich sechs Gruppen gebildet, also man macht bei so DNA-Analysen mittlerweile, du machst Full Genome Sequencing und dann schaust du, welche Gruppen sich quasi mit so Markern bilden, die dann verwandt sind. Und da gab es ja auch mal dieses Paper von White Labs, wo es dann quasi diese Bier- und Sarge-Häfen und so weiter gab, die dann in diesem Rad aufgestellt wurden und in Gruppen gebildet wurden. Und da haben die quasi, ich glaube, ungefähr 800 Strains untersucht, also da sieht man schon mal ein bisschen die Vielfalt und die haben definitiv noch nicht alle drin. Da gab es quasi zwei große Weingruppen, das waren je 500 Strains, ach so, nee, doch 1300 Strains, genau. Und eine kleine Weingruppe mit 50 Strains, die Biergruppe, das war eine, die hatte 210 Strains und danach gab es noch Tequila bzw. Bioethanol mit 18 und Kombucha mit 102 Strains. Und da sieht man halt schon, wie sich quasi einfach Brettanomyces halt an diese verschiedenen Umgebungen angepasst hat und dann halt auch klustert quasi sozusagen, also wo man sie findet und so weiter, genau. Das ist so ein bisschen jetzt mal die einfach genetische Sicht auf Brettanomyces, wie sie halt dasteht. Über die Eigenschaften reden wir später, also das ist jetzt erstmal nur, okay, das sind die Gruppen, das ist die Einteilung und man kann sich halt so eine Gruppierung innerhalb der Strains halt sehen.
Paul Genau, jetzt haben wir quasi die Einteilung und die grundsätzlichen Eigenschaften, die Bretthäfen mitbringen bzw. wie wir sie einsetzen können. Kannst du da nochmal ein bisschen drauf eingehen?
Bene Genau, also wenn man jetzt einfach von Brett spricht, da gibt es halt viele verschiedene geschmacksaktive Stoffe, die die produziert. Also der erste, der halt einfällt, ist halt Ester. Da gibt es halt wirklich auch ein mannigfaltiges Bild von Steinfrucht, Ananas, Apfel etc. Aber halt auch einfach so ein tropisches Bouquet etc. Die werden durch verschiedene Esterasen hergestellt, die quasi Brettanomyces besitzt. Dann gibt es Phenole. Das sind so diese typischen Nelke, Pfeffer, die wir ja kennen aus dem Weißbier. Aber Brett hat halt noch eine Besonderheit, die hat halt Vinylphenolreduktase. Damit kann sie quasi diese Nelke, Pfeffer nehmen und nochmal umbauen. Also von 4-VG, 4-Vinylquaicol quasi, also das kennt man vom Weißbier. Dies baut sich dann um in 4-Ethylquaicol. Und das ist dann eher milder und ist halt noch so ein bisschen rauchig und nelkig. Aber da gibt es halt dann noch drei andere Phenole, die dann halt auch in Brettbieren halt vorkommen und ihre Vinylphenol umgewandelte Version. Also die Ethylphenole. Dann gibt es noch wundervolle Sachen wie Biotransformation. Das… Yeah! Biotransformation Ultras oder wie. Nee, aber genau. Da sind in letzter Zeit auch sehr viele Saccharomyces-Hefen rausgekommen. Also Thiolibre, aber halt auch Elysium oder andere Sachen, wo quasi einfach… Oder Terps von Escarpment Labs, die halt quasi verschiedene… Also das machen schon jetzt Häfen, aber da ist halt noch mal dieses… Die Biotransformation noch mal ein bisschen höher gedreht worden für gewisse Stoffe. Und Brettanomyces ist aber da viel, viel besser als jetzt, sag ich mal, Sarkomyces. Also die haben eine Untersuchung direkt rausgefunden, dass es zehnmal so viel Biotransformationsfaktoren hat als jetzt eine Saccharomyces. Und Terpene zum Beispiel. Also da wird zum Beispiel… Also man verwandelt Terpene wie Geraniol in Linalool oder… Also, nee, Geraniol in Citronellol oder Nerol in Linalool und so weiter. Und dann gibt es halt noch zum Beispiel diese Geschichte, dass man dieses Cherry-Pie-Flavor macht. Da gibt es dann quasi von Geraniol in Linalool in Terpeniol. Und dann kommt noch ein bisschen Butyric Acid dazu, also Buttersäure. Und dann wird das Ganze Terpenylbutyrate. Also auf Englisch. Und das ist halt so Kirschgeschmack quasi. Genau, das ist so Biotransformation. Was man jetzt schon so ein bisschen rausgefunden hat, ist, dass sie auch Thiole umwandelt. Aber da weiß man noch nichts genaueres. Da war ich bei… Bei Carneval war man in einem Talk und da hat halt einer quasi so ein GCMS-Ding gezeigt, wo halt quasi auf einmal unbekannte Thiole aufgepoppt sind mit Brett. Quasi. Sehr spannend. Also die hat man noch nicht identifizieren können. Genau. Dann Säure. Also Brett erzeugt Essigsäure wegen der Redox-Balance. Da gehen wir später noch drauf ein. Deswegen halt immer dieser 4er pH. Also ein bisschen Säure erzeugt es, genau. Und dann haben wir noch die Haltbarkeit. Die ist halt eben wesentlich besser mit Bieren mit Brett als bei Saccharomyces-Bieren. Da gibt es verschiedene Sachen. Also zum einen, dass Brettanomyces, Saccharomyces Autolyse-Produkte aufessen kann. Das heißt, wenn du ein Bier hast, was Autolyse machen würde und du hättest Brett quasi da drin, dann würde keine Autolyse stattfinden. Also das geht zu einem gewissen Punkt. Also so ab 30 Jahren stoppt es. Weil dann stirbt auch Brett irgendwann. Aber quasi diese… Man hat ja auch so Wein, Grand Cru untersucht. Und ja, da ist halt auch Brett drin. Und deswegen sind die halt auch 50 Jahre noch gut. Also wenn da nicht Brett drin wäre, wären die auch scheiße. Weil sie halt einfach irgendwann nicht mehr gut schmecken. Aber das ist halt auch so ein Ding. Also viele langhaltbare Biere, da liegt es halt daran, dass halt Brett drin ist. Und dass sie halt einfach so vielfältige Energiequellen haben. Also Brett kann halt immer irgendwie aus irgendwas nochmal so ein Energiepuffer ziehen. So ein NAD+. Und ob es jetzt Esterase ist, ob es jetzt irgendwie Phenole ist. Oder halt, wie gesagt, einfach andere Hefe essen. Oder selbst Alkohol einfach nochmal verstoffwechseln. Und sowas. Also da gibt es immer nochmal so ein kleines Nibbelchen, wo sie halt immer noch ein bisschen Energie herziehen und damit am Leben bleiben. Und wenn so ganz langsam immer mal wieder ein bisschen Sauerstoff kommt, dann läuft es auch alles immer weiter. Also genau. Das ist halt so der Überlebenskünstler Brett.
Flo Traumhafte Eigenschaften, würde ich da sagen. Ich würde auch sagen, ja. Bei Brett, das wird dem einen oder anderen auch schon über den Weg gelaufen sein. Bei gewissen Arten, bei Bruxellensis beispielsweise. Da liest man ja, wenn man sich ein bisschen damit beschäftigt, durchaus mal Brett Bruxellensis. Dann heißt das Ganze Kind Dekkera Bruxellensis. Das hat mich auch am Anfang verwirrt. Ja. Ich habe es lange dann ignoriert, um ehrlich zu sein. Und vielleicht kannst du auch noch ein bisschen Licht ins Dunkel bringen, was es damit auf sich hat.
Bene Das ist eine relativ simple Antwort. Also Dekkera ist die Sporenformende Variante von Brett. Die ist viel, viel seltener und meistens gibt es halt eben Brettanomyces. Viel wurde früher auch als Dekkera also dekliniert, weil sie gedacht haben, ah, die machen Sporen, aber die hatten einfach nur eine andere Morphologie, weil man früher viel über Mikroskope halt einfach Sachen angeguckt hat und dann gesagt hat, ah ja, guck mal, dieses kleine Nüppelchen da, das sind ja Sporen. Und das hat sich halt alles nicht bewahrheitet. Man spricht dann auch von Teleomorph und Nicht-Teleomorph und Anamorph, also asexuell und Telemorph quasi diese Sporenbildner. Und das ist halt mit eben genetischer Analyse viel besser geworden, dass man sagen kann, ah ja, okay, die hat diese Sporenbildenden Eigenschaften und die wird sie ausbringen, wenn sie halt unter bestimmten Umständen halt einfach sind. Genau, also das ist einfach nur Fortpflanzung. Also entweder die Zelle teilt sich und pflanzt sich fort oder sie hat halt noch diese zweite Möglichkeit, dass sie halt Sporen bildet. Die Sporen sind woanders und die können dann wieder eine Zelle sein.
Flo Der eine oder andere Zuhörer erinnert sich jetzt vielleicht ganz dunkel an die Folge mit Mathias Hutzler, wo wir über die Ursprünge der Lagerhefe diskutiert haben. Da hat er auch das mit den Ascosporen so ein bisschen erläutert und dass das genau auch für das Thema Hefejagd so spannend ist. Und ja, die Brett ist da halt am Ende des Tages ähnlich unterwegs wie die Saccharomyces, dass sie unter bestimmten Umständen sich halt auch sexuell vermehren kann. Gute Geschichte.
Bene Genau, dieses sexuelle Mating, da wird auch viel, also bei Saccharomyces wird da viel mit Hybriden gemacht quasi. Also wenn du quasi Hybride siehst, dann sind die halt sexuell erzeugt. Ist halt super, super selten, aber geht.
Paul Bevor wir gleich ein bisschen in die Geschichte so ganz leicht eintauchen, noch ein Punkt und zwar Brett und die Bierstile. Du hast es ja schon erwähnt, also interessant wäre bei welchen Bierstilen spielen die eine Rolle und für welche sensorischen Attribute sind sie eben in den Bierstilen dann auch verantwortlich? Also du hast ja zum Beispiel jetzt schon Stouts, ich hatte eingangs mal die Stock Pale Ale und so weiter erwähnt, das wäre vielleicht auch noch interessant.
Bene Genau, also Berliner Weisse ganz klar, so der Top-Favorit, da wurde es ja auch bewiesen sozusagen, dass quasi Brettanomyces der treibende Geschmacksgeber ist, weil vorher alles schiefgegangen ist mit Versuchen mit Reinzuchthefe, bis dann Methner herausgefunden hat nach, ich glaube sechs Versuchen war es, wo er irgendwelche Faktoren gehabt hatte und dann irgendwann mal auf die Idee gekommen ist, ha, ich packe jetzt auch mal Brett in eins drauf, weil mir reicht es langsam und dann plupp, auf einmal waren alle Ester da, weil er hat halt vorher alles analysiert, die Ester und so weiter, weil die geschmacksgebend waren und dann hat er halt nachgeguckt und er hat halt Brett rein und zack, waren auf einmal die Ester da. Also in der Berliner Weisse sind es auf jeden Fall die Ester, die geschmacksgebend sind. Ähnliches gibt es dann bei Lambic beziehungsweise Wild Ales, ich gruppiere die mal zusammen, weil Wild Ales oft versuchen, einfach Lambic nachzumachen und da geht es quasi darum, da sind es zwei Faktoren oder drei, also das eine sind quasi Ester, die quasi diese fruchtigen Noten ausmachen, das andere sind Phenole, die klar sicher einen Teil vom Funk mit abgeben und der dritte Part sind aber dann Biotransformationen von gealtertem Hopfen und das ist so mit das Haupt Element von Lambic. Wenn du keinen gealterten Hopfen nimmst, dann schmeckt es einfach nicht so wie Lambic. Dann gibt es quasi historische englische Bierstile, also zum Beispiel Stock Pale Ales, Stout und Old Ale und da würde ich sagen, also bei den Pale Ales ist es auch wieder Biotransformation, der den Hauptgeschmack ausmacht von eben dem Hopfen, wenn man mal so ein altes englisches IPA gemacht hat. Beim Stout und Old Ale ist es die lange Haltbarkeit beziehungsweise die ganz schleichende Oxidation quasi, beziehungsweise wenn man halt, sie hatten ja früher diese Vated Porter Sachen, die wurden dann teilweise halt auch sauer und dann gab es dann halt auch wieder dann Ester und so weiter, dann hast du das aber immer vermischt. Es kam halt immer drauf an, welche, also wie hoch der Alkohol war, wie stark die dann auch sauer wurden. Das ist so meine Meinung. Da ist auch dann die Frage, was da noch, also wie viele andere Sachen da noch drin waren. Ob da auch irgendwie Lacto und Zeug drin war quasi. Genau, dann deutsche Porter, da haben wir ähnliche Sachen, also da ist es halt auch, es kommt halt immer drauf an, was für ein Hopfen verwendet wird auch und sowas. Wenn du viel Geraniol mit drin hast, dann kann das schon auch so ein Cherry Pie Flavor machen. Also ich habe schon deutsche Porter gebraut, der dann halt schon ziemlich nach Kirschkuchen geschmeckt hat, hauptsächlich halt auch diese Keaping-Zeit. Ja und dann halt Brett IPA, so moderne Interpretationen von den Stilen halt, wo halt viel Bio-Transformation ist und ist da.
Geschichte
Flo Cooler Rundumschlag, ich glaube, da haben wir nichts hinzuzufügen und wir lassen es uns nicht nehmen oder ich lasse es mir nicht nehmen, weil es so zum Standard von unseren Hauptfolgen mittlerweile dazugehört, dass wir jetzt natürlich einen ganz kurzen in diesem Fall Deep Dive machen in das Thema Geschichte rund um das Thema Brettanomyces. Aber heute wird es im Vergleich zu der ein oder anderen Folge wirklich kurz zu knapp, beziehungsweise ich versuche es, weil wir haben noch einiges auf dem Zettel und wir möchten euch ja für das Brett-Thema insgesamt einen guten Überblick geben. Aber genug gequatscht, tauchen wir ein. Ich glaube, so weit haben wir das Zeitrad noch nie zurückgedreht, wie heute. Nämlich die Gattung Brettanomyces, die ist eng verwandt mit der Saccharomyces und die beiden Evolutionslinien, die haben sich nach heutigem Wissensstand vor circa 200 Millionen Jahren getrennt. Das heißt, ab dieser Gabelung sozusagen haben sich die beiden Gattungen weitestgehend unabhängig voneinander weiterentwickelt und unterscheiden sich deswegen auch unter anderem in ihren Eigenschaften, wie sie Zucker fermentieren oder unterschiedliche Zuckerarten, wie sie mit Stärke umgeben und wie sie letztendlich Ethanol produzieren. Der Paul hat es am Anfang in der Einleitung gesagt, Brett-Biere, die waren irgendwann mal gehypt oder in anderen Worten der letzte Schrei vor circa 120 Jahren. Genau genommen, das sind wir auch in der ersten Folge dieser zweiten Staffel kurz darauf eingegangen, wo wir über die IPAs von London bis Burton philosophiert und diskutiert haben. Und warum war das so? Die Biere waren halt, also insbesondere die Stock-Ales, egal ob es die Stock-Pale-Ales waren oder die Stock-Porter und Stouts, die waren halt vom Geschmack, vom Charakter anders wie andere Bierstile. Und viele haben sich halt gefragt, warum ist das so? An was liegt das? Und ja, deswegen kann man sagen, waren die Biere oder die Brett-Biere, wie man heute weiß, der letzte Schrei. Aber damals gab es natürlich auch schon einige kluge Köpfe, Brauwissenschaftler in dem Fall, die sich damit beschäftigt haben. Zu nennen sind an der Stelle ein Herr Seyfert von 1889, der in der Kalinkin Brauerei in Sankt Petersburg diese langsam agierende Hefe identifiziert hat und auch bei Guinness, was im Wechsel des Jahrhunderts lange Zeit die größte Brauerei der Welt war. Die haben auch 1899 diese Hefe identifiziert, aber die haben so ein bisschen Stillschweigen darüber bewahrt, haben es für sich behalten. Vermutlich auch, komme ich aber gleich dazu, weil es natürlich, die wussten, dass das vermutlich der Grund ist, warum die Biere diesen Charakter nach einer gewissen Zeit entfalten. Deswegen hat es noch ein bisschen gedauert, um genau zu sein, bis 1904, bis der Nachfolger von Emil Christian Hansen, ein Hjelte Clausen, also dem damaligen Direktor des Labors der Carlsberg Brauerei, da eine Veröffentlichung darüber gemacht hat, über diese Hefe. Und als Side-Info, weil es ganz spannend ist, weil Carlsberg bringt man natürlich damals eigentlich nicht und auch heute nicht mit Brett in Verbindung. Die sind auch heute noch da ziemlich aktiv, also die haben das Thema nie wirklich aufgegeben, möchte man sagen, weil so viel Brauereien und Brauinstitute auf der Welt beschäftigen sich heute leider nicht mit diesem Thema. Clausen, wie kam der da drauf? Der hat diese neue Hefe, wenn man so möchte, 1903 aus englischen Bieren, also aus den erwähnten Stock Ales, die diese Sekundärgärung zeigten, isoliert und hat die Hefe, die er da gefunden hat, zuerst der Gattung Torula zugeschrieben, weil diese Hefegattung bekannt ist für eine langsame oder erschwerte alkoholische Gärung. Also es sind einfach nicht so die sehr guten Vergärer und deswegen wurde da am Anfang Brett einfach zu dieser Gruppe hinzuklassifiziert. Aber Klausen, der nannte das Ganze, hat dem Kind dann einen anderen Namen gegeben, der nannte das Ganze Brettanomyces, was griechisch für britischer Pilz, britisch Fungus steht und die gefundene Spezies, der hat er der Einfachheit halber nach sich benannt.
Clausen, Clausenii, haben wir vorhin auch schon mal gesagt, heißt mittlerweile Anomalus, das heißt die Hefe konkret, die er 1903 isoliert hat, über die er 1904 die Veröffentlichung gemacht hat, das war die Brettanomyces Clausenii, die nach wie vor von vielen Hefelaboren auch so genannt wird, wenn er die kauft. Und was auch wichtig zu erwähnen ist und vielleicht auch zu dem Thema beiträgt, dass diese Hefe gehypt war, die Brett wurde dann auch im weiteren Verlauf von Carlsberg sogar patentiert und gilt damit als der erste oder das erste Patent auf einen Mikroorganismus überhaupt. Und was man sich natürlich noch an der Stelle fragen muss, was war das Ziel überhaupt von dem Clausen, warum hat er den ganzen Aufwand betrieben oder Carlsberg an der Stelle, die wollten halt wissenschaftlich untermauern und einfach verstehen und bestätigen, dass diese Hefen oder diese identifizierten Hefen aus den Stock Ales auch letztendlich das Zünglein an der Waage sind, um eben diese charakteristischen Geschmäcker an diesen Bieren auszubilden, weil man wusste zu der damaligen Zeit schon, wo die Reinzucht vom Emil Christian Hansen um die Welt gegangen ist und insbesondere auch unter anderem für die Lagerbier Revolution verantwortlich war und ab dem Zeitpunkt im Lagerbrauen zumindest ganz klar war, das funktioniert nur noch mit Reinkulturen, haben sich eben die Engländer schwer getan, unter anderem wegen ihren Stock Ales und mit dieser Identifikation der Hefe oder dieser Isolierung und bewusster Kombination durch Hauptgärung mit Saccharomayces Reinkulturen gebrauten Bieren, wo man eben diese Brettisolate hinzugegeben hat, um eine Nachgärung zu statten, konnte man dann sozusagen sich die ersten Stock Ales, wenn man so möchte, mit Reinzuchten, einmal Saccharomyces und dann ein Brett dazu nachbilden und kam dann so dem ganzen Rätsel näher, dass das sozusagen, wie gerade erwähnt, das Zünglein an der Waage war. Man wusste damals vermutlich auch, wie wir es in der ersten Folge dieser Staffel erwähnt hatten, dass, der Paul hat es vorhin auch nochmal gesagt, dass die Bretts eben zum Beispiel bei den Pale Ales auch dafür verantwortlich waren, dass das so gute Exportbier waren und nicht, wie man es häufig liest, dass die eben nur zu Tode gestopft wurden, weil ja der Hopfen bekanntermaßen die konservierenden Eigenschaften hat. Nein, die Brett hatte da vielleicht sogar einen größeren Beitrag dazu, weil die eben den Bieren sehr hohe Vergärgrade beschert hat und hat letztendlich dann ungewollten Mikroorganismen gar keine Chance mehr gegeben und das einfach unterstreicht nochmal, dass für den einen oder anderen von Bierstil, dass damals einfach wichtig war, das zu verstehen, wie da die Zusammenhänge sind. Die Frage, die bleibt, Guinness und die Kalinkin Brauerei, die haben ja quasi das Rätsel vorher schon gelöst gehabt, aber wie schon erwähnt, ja, die haben da halt nicht so wirklich drüber geredet oder haben da auch nichts publiziert. Da gibt es einen schönen Beitrag beim, mal wieder, muss man sagen, beim Ron Pattinson auf dem Block. Packen wir euch natürlich selbstverständlich in die Shownotes und der hat es eben sich so erklärt, aufgrund alter Aufzeichnungen, aufgrund der geschichtlichen Aspekte, dass, wenn man jetzt über die Kalinkin Brauerei in St. Petersburg redet, die haben damals ziemlich viel Imperial Stouts aus UK importiert und diese Biere damals im Gegensatz zu heute, die wurden natürlich auch vom Brettcharakter geprägt. Die wollten das natürlich nachbrauen und deswegen war das für die auch wichtig, wie für den Clausen, ein paar Jahre später herauszufinden, wie sie das hinbekommen und als sie es dann eben bezüglich der Hefe identifiziert hatten, ja, da haben sie natürlich nicht unbedingt drüber geredet, weil da hat damals vermutlich jeder da die nächste Cash Cow erwartet, dass die Hefe ihnen dann Umsätze beschert und bei Guinness war es vermutlich ähnlich. Die Guinness Biere um den Jahrhundertwechsel 19. auf 20. Jahrhundert war eigentlich in allen Produkten von Guinness irgendein geagedes Stout mit drin, also die haben da noch große Mengen an Stout gereift und haben das eben verschnitten in all ihren Bieren, um den Charakter ihrer Biere eben so hinzubekommen, wie sie es zur damaligen Zeit wollten und dementsprechend war das für die auch super wichtig und nicht unbedingt etwas, was sie mit anderen Brauereien teilen wollten, ja, aber am Ende, rückblickend muss man sagen, dann war irgendwann das Geheimnis gelüftet, aber trotzdem im 20. Jahrhundert vermutlich auf Grund, ja, weil sich einfach der Geschmack der Biertrinker weltweit geändert hat, vermutlich, weil die ganzen Märkte unter anderem mit Lagerbier, was halt so clean war, wie nie überschwemmt wurde, haben sich halt die Gauben angepasst und insgesamt der Brettcharakter in Bierstilen wie Stock, da war immer weniger gefragt. Vermutlich deswegen, muss man sagen, war dann der Hype irgendwann vorbei und im 20. Jahrhundert hat dann Brett immer weniger eine Rolle gespielt. Bis dann irgendwann die Craft Beer Welle natürlich kam. Da kam Brett wieder aufs Tableau, in das Bewusstsein. Aber am Ende ist es auch heute noch so, für die meisten Bierstile, für die meisten Brauereien, wir haben die Ängste, die Hobbybrauer haben. Am Anfang ja schon thematisiert und so geht es den großen Brauereien natürlich auch. Brett ist kein gern gesehener Gast. Da gibt es nur wenige Brauereien, die sowas freiwillig reinlassen und auch bezüglich der Geschmäcker, die Brett machen kann, verbinden leider die meisten nicht unbedingt mit positiven Noten. Deswegen so der große Hype, auch selbst durch die Craft Beer Welle, kam da nicht. Abschließend, und dann haben wir es auch mal wieder mit dem Geschichtsteil geschafft, ein Thema will ich noch erwähnen, weil es einfach doch ein Kind der Craft Beer Bewegung ist, was mit Brett in Verbindung steht. Und zwar das ist das Thema, was wir vorhin ganz kurz angeschnitten hatten. Das ist das Thema 100% Brett Biere. Die gibt es nämlich noch gar nicht so lange. Die gibt es seit 2004. Da hat der Tom Arthur von Pizzaport / Lost Abbey und auch der Peter Bouckaert, den haben wir auch schon öfters mal erwähnt, der lange Zeit mal bei New Belgium war. Die gelten als die ersten, die 100% Brett Biere auf den Markt gebracht haben. Mo´ Betta Bretter, der ist zum Beispiel auch beim Tonsmeier in American Sour Beers, ein entsprechendes Homebrew Rezept. Könnt ihr euch mal angucken. Und Vinny Cirulzo, der Biene hatten wir vorhin auch schon mal erwähnt, von Russian River. Der hat mit seinem Sanctification auch kurze Zeit später ein 100% mit Brett vergorenes Bier auf den Markt gebracht. Packen wir euch einiges in die Shownotes. Wir vergessen natürlich auch nicht die Dissertation des Brett-Projekts von Chad Yacobsen von The Crooked Strafe. Der hat sicherlich auch dazu beigetragen, dass das ganze Thema rund um 100% Brett-Fermentation in einigen Kreisen, nicht nur Milk-The-Funk, ein bisschen popularisiert wurde.
Bene Ja, es gibt einen tollen Podcast von Guinness. Die sind beim Master Brewers Podcast. Das ist der Chef von der Hefebank. Der redet ein bisschen so aus dem Nähkästchen. Sehr spannend.
Was macht Brett so besonders?
Paul Sehr gut, dann gucken wir uns jetzt mal an, was Brett so besonders macht und gehen da als erstes mal so in den Hefe- oder in den Stoffwechsel. Denn, wie Saccharomyces, ist ja auch Brett-Crab-Tree positiv. Das heißt, produziert Alkohol auch in Anwesenheit von Sauerstoff und hoher Zuckerkonzentration. Aber dennoch unterscheiden die sich natürlich. Kannst du mal einfach erläutern, wie der Stoffwechsel, beziehungsweise auch in Anwesenheit von Sauerstoff, wie die sich da verhalten.
Bene Also, ich kann es versuchen. Weil es ist relativ kompliziert. Also, genau, Crab-Tree-Positiv kennen, glaube ich, vielleicht schon einige. Also, produziert Alkohol, wenn Sauerstoff und Zucker da ist. Bei viel Sauerstoff ist es bei Saccharomyces so, dass die Fermentation gehemmt ist und erhöht auf Wachstum gesetzt wird. Das wird auch der Pasteureffekt genannt. Bei Brettanomyces ist es so, die fermentiert dann präferiert Glucose, produziert Ethanol und Essigsäure. Das ist der Grund, warum man beim Starter aufpassen sollte und den nicht zu lange rühren lassen sollte. Also, was ich mit Starter mache bei Brettanomyces ist, dass ich ihn gar nicht rühre, sondern einfach nur schüttle. Der Grund ist deswegen, also, wenn man jetzt ein Brett-IPA macht, dann ist es ein bisschen trickier, muss ich sagen. Aber bei allem anderen ist die Pitch-Rate von Brettanomyces ziemlich wumpe, muss man einfach so sagen. Weil da gibt es kaum geschmackliche Unterschiede. Das Einzige, was ist, ist, dass manche Effekte früher eintreten, weil eben eine höhere Zellkonzentration dann schon da ist. Aber grundsätzlich passiert alles immer, eigentlich. Die Frage ist nur, wann. Bei den Brett-IPAs brauchst du halt eine hohe Hefeanzahl, weil du ja wirklich auch ein bisschen was machen musst. Aber dann musst du quasi ein bisschen aufpassen. Da würde ich zum Beispiel, also, da gibt es gute Tipps von Richard, wann man wie rühren soll. Ich glaube, erste zwölf Stunden und dann nicht mehr oder so irgendwas. Aber nagelt mich nicht fest. Da kann man das gerne auch noch mal nachgucken. Aber das ist halt quasi das, was passiert. Sobald der Sauerstoff weg ist, passiert dann, was das nennt sich, der Custers-Effekt. Und das ist folgendermaßen, dass Brettanomyces jetzt erst mal ihren Stoffwechsel umbauen müssen und sich auch an aerobe Bedingungen gewöhnen. Und da entsteht sozusagen eine Lag-Phase. Das heißt quasi, wenn man jetzt einfach nur Brettanomyces betrachtet und die Fermentation, also die Fermentationskurve, da wird immer gemessen. Okay, jetzt habe ich Zucker und so viel Alkohol und bei Saccharomyces geht es relativ gerade durch. Die ist dann so durch. Das ist so ein bisschen kurvig quasi. Und bei Brettanomyces ist es so, das geht hoch, dann kommt ein Plateau und dann geht es wieder weiter. Und diese Lag-Phase, das hängt halt mit diesem Custers-Effekt zusammen, dass die das quasi umbauen müssen. Was dahinter steckt, das nennt sich Redox-Balance. Und jetzt wird es kompliziert. Also viele, ich sage es mal so.
Paul Hört sich auf jeden Fall schon mal cool an.
Bene Genau, auf jeden Fall. Also Brett produziert im Vergleich zu Saccharomyces kein Glyzerin. Daher hast du halt auch so ein bisschen ein anderes Mundgefühl, weil wenn du Glyzerin hättest, dann wird auch das Mundgefühl anders sein. Aber Brettanomyces produziert keins. So, daher hat es aber auch Probleme mit der Redox-Balance. Also die Redox-Balance, das ist jetzt eine Theorie, Achtung, das ist kein paper-gesteuertes Wissen, aber das war das Gredo von Richard, als wir immer darüber gesprochen haben, warum hat es denn jetzt Esterase, warum hat es Vinylreduktase und so weiter. Und zwar, seine Theorie ist, dass quasi die Redox-Balance, also dieses fehlende Glyzerin herstellen, der Grund für die ganzen Fähigkeiten von Brettanomyces ist. Also sowohl die erhöhte Esterase-Konzentration als auch die anderen Phenole erzeugen, als auch die ganzen Umbauten von Hopfenstoffen und so weiter, weil du quasi aus diesen Prozessen jeweils einmal ein Nat-Plus erzeugst. Wenn du jetzt quasi so Fermentationsdiagramme vor dir hast, wie quasi Alkohol erzeugt wird, da gibt es dann so ganz viele Stoffe, wo du dann halt quasi von oben nach unten durchgehst. Und was im Endeffekt passiert ist, ganz viele Prozesse oxidieren und dann reduzieren sie wieder irgendwas. Da gibt es dann Pyrivat und bla bla bla, lauter Zeug, was quasi irgendwann dazu führt, dass aus dem ganzen Zucker dann einmal Alkohol und CO2 raushüpft. Da entsteht bei Sacchomyces auch Glyzerin. Und das fehlt und das ist halt eben verantwortlich für den Custers-Effekt und verantwortlich dafür, dass halt eben diese Redox-Balance irgendwie erschaffen werden muss. Und wie auch immer, mit Essigsäure bauen und so weiter, das ist gerade egal, aber Hauptsache, also das ist dieser, diese kleine Baustein, der halt im Endeffekt erzeugt werden muss. Und bei der Glyzerin-Produktion entsteht NAD+. Und wenn du quasi, also was das ist dann, wenn du es wieder reduzierst, dann ist es NAD(H). Also quasi, das geht hin und her. Das sind so diese Energiestoffe, die halt hin und her geschoben werden. Genau. Und beim Erstellen von Essigsäure bleibt auch eine Nat-Plus über. Deswegen, wenn es Sauerstoff hat, macht es Essigsäure, weil das im Endeffekt wieder dieser Ersatz für dieses Glyzerin ist. Also, wenn dann Essigsäure-Produktion wegfällt, als Nat-Plus-Erzeuger muss es andere Sachen finden, wie zum Beispiel Phenole, etc. Die sind alle langsamer und deswegen muss halt erstmal dieser Stoffwechsel angekurbelt werden, damit dann diese Lag Phase überwunden wird, damit genügend Energie vorhanden ist, in den Zellen, dass quasi wieder Alkohol erzeugt wird. Das ist der ganze Nährstoff- Batzen. Da kommt natürlich noch viel drum herum, dass halt quasi verschiedene Enzyme außerhalb sind, die dann das Verstoffwechseln von anderen Produkten möglich macht. Aber der Grundstoffwechsel, da geht es ja jetzt erstmal darum, okay, ich habe Zucker und mache Alkohol draus. Weil das ist so der Hauptstoffwechsel jeder Hefezelle, also sowohl Saccharomyces, als auch Brettanomyces und Brettanomyces hat aber halt dann noch so viel außenrum, die dann quasi verschiedene Nährstoffe und beziehungsweise verschiedene Metaboliten, also wie jetzt diese Cellobiose und so weiter, machen können. Aber da sind dann meistens extrazelluläre Enzyme dafür zuständig, dass daraus wieder Zucker wird. Aber der Zucker-Alkohol-Metabolismus, der ist immer geprägt von dieser Redox-Balance quasi.
Flo Ist ja einfach.
Paul Ja, das ist ja genau mein Ding. Das interessiert mich ja echt. Ich habe mir hier schon Notizen gemacht. Da werde ich noch mal recherchieren. Und jetzt haben wir uns den Hauptstoffwechsel angeguckt. Aber für den Stoffwechsel von Hefen ist ja neben Zucker auch Stickstoff relevant. Und bei unseren normalen Hefen, die wir so kennen, kann der Stickstoff in Form von Aminosäuren, FAN, verstoffwechselt werden. Und bei Brett sieht es wahrscheinlich wieder ein bisschen anders aus.
Bene Genau. Also FAN steht ja für Free Amino Nitrogen und sind ja im Endeffekt nichts anderes als klein gehackte Proteine. Also richtig, richtig klein. Und dann sind die irgendwann Phan. Also wenn man quasi ein Getreide übermodifiziert, ist extrem viel Phan drin. Und dann ist es sozusagen ein heißes Malz. Also da geht es auf einmal ab wie Zäpfchen. Jetzt hast du quasi bei Brett, die können auch FAN nehmen. Aber die können auch noch andere Nährstoffe nehmen. Unter anderem Nitrat. Nitrat hat immer eine schlechte Presse. Das ist so bei, okay, ja, hier wird gespritzt, gedüngt und so weiter. Schön Nitrat drauf. Dann läuft das Ganze. So diese ganze Guana-Kram und so. Einfach drauf damit. Nitratbelastung auf unseren Feldern. Für Brett ist das ganz gut. Weil, also nicht jeder Brett, aber sehr viele, können quasi Nitrat als Nährstoff aufnehmen und dann damit weitermachen. Und sind dann damit quasi von den Nährstoffen, die halt Saccharomyces wegnimmt, weil sie eben viel schneller ist, einfach auch unabhängig. Weil wenn du quasi Nitrat noch in deiner Würze hast, das kann Saccharomyces nicht aufnehmen. Auch Lactobacillus. Und damit hat Brett nochmal einen anderen Nährstoffpuffer, den sie einfach aufnehmen kann. Wir haben zum Beispiel, also ich glaube, Richard hat mal gemeint, so ja, wir haben halt mal irgendwie Organic gegen nicht-organik Hopfen getestet. Mit Brett. Und die nicht-organik waren schneller. Weil die eben mit Nitrat düngen dürfen. Und so Sachen halt. Genau. Also es gibt halt so ganz viele verschiedene Nährstoffe, die halt eben Brett kann und halt alle anderen nicht. Des Weiteren gibt es auch noch andere, die halt vollkommen abstrus sind, weil also Richard hat halt mal irgendwie so eine Nährstofftabelle gemacht, wo sie halt mal hergegangen sind und halt wirklich alles durchprobiert haben. Unter anderem ist es so, dass Koji halt ja so Glutamin macht. Also wenn du Koji auf irgendwas drauflässt, dann machen die so also Glutamin und Glutamat sind halt so Aminosäuren, die halt im Endeffekt auch in deinem Mund halt Umami erzeugen. Aber die sind auch gut für Brett. Also wenn du ein Koji-Bier machst mit Brett, dann geht Brett vollkommen durch die Decke. Also ein Kumpel hat mich auch gefragt, so hey, ich habe ein Koji-Bier gemacht, das hat voll den Pellicel. Ja, das liegt halt daran, dass halt Brett einfach vollkommen abgeht. Also die rastet einfach aus quasi. Die haben glaube ich ein zehnfach höheres Wachstum oder so was. Oder sechsfach höheres Wachstum gehabt mit diesen Koji-Aminosäuren quasi. Das sind so Sachen, also den Nährstoffbedarf weiß man noch nicht so hundertprozentig. Da gibt es halt jetzt ganz viele so Theorien und halt eben auch Untersuchungen. Weil das ist auch nicht so ganz so einfach, so Wachstumssachen bei eben so einem komplizierten Genus halt festzustellen. Du kannst halt auch nur auf verschiedene Spezies beziehungsweise Strains halt runterbrechen eigentlich sogar. Aber grundsätzlich können wir schon diese zwei Sachen sagen. Die sind auch in den Colomer Papers und so. Also zumindest das Nitrate-Ding.
Paul Gehen wir mal in Richtung Aromen, in Richtung Funk. Die Brettstämme, die man so für Bierfermentation einsetzt, hast du finde ja auch gesagt, sind grundsätzlich POF-Positiv, also Phenolic Off-Flavor, ist vorhanden. Das ist auch wichtig für das Thema Funk. Wenn wir uns da jetzt nochmal die Definition oder eine Definition angucken, dann ist es ja die Harmonie von Fehlaromen und Fehlgerüchen, die normalerweise auf die in Brett- und Mixed Fermentations verwendeten Zutaten zurückzuführen sind. Und dann eben dieses einzigartige Geschmacksprofil erzeugen. Und vielleicht einfach mal wie, oder kannst du erläutern, wie diese Umwandlungsprozesse von diesen wilden Aromen, die viele ja als stallartig, animalisch, Pferdedecke, erdig, ledrig und so weiter beschreiben, wie das vonstattengeht?
Bene Genau, also dazu muss ich auch noch mal kurz sagen, also es ist ja auch immer so eine Sache, wenn du von Funk redest, ist es bei Brettbieren häufig einfach nur die Balance aus Phenolen und eben so Aged Hop Flavors und Estern. Wenn zum Beispiel bei Berliner Weiße sind die Ester einfach mehr als die Phenole. Die Phenole sind da, aber die Ester sind so viel, dass sie das Wahrnehmungsspektrum übernehmen. Also das heißt quasi, überall sind diese ganzen Stoffe da, aber sie werden halt übertönt von anderen Stoffen. Und das macht es halt einfach also aus, quasi in den Brettbieren, diese Balance zwischen Phenolen oder halt eben Funky Aged Hop Flavor und Ester und andere fruchtige Aromen, die quasi über diese Hopfentransformation dann kommen können. Genau, aber jetzt noch mal kurz zu den Phenolen. Also genau, wie du schon gesagt hast, POF+, sagt man immer, also P-O-F+, Phenolic of Flavor Positive. Die Basis davon sind Vinylphenole. Da gibt es ein Gen, was die aktiviert. Das ist das PAD1-Gen. Das kann man untersuchen, wenn das aktiv und ausgeprägt ist, sind die ganzen Erzeugen, die quasi 4-VG zum Beispiel, also die ganzen Nelke und so weiter. Da gibt es aber noch andere. Also wir haben klar, 4-Vinylguaicol, das sind die Nelke. Dann haben wir 4-Vinylphenol, das ist dann quasi medizinisch, verbandkasten, muffig so ein bisschen. Und dann noch 4-Vinylcatechol, das ist plastikbitterrauchig. So, das hört sich jetzt erstmal alles nicht so geil an, weil wenn die quasi erzeugt werden, dann ist es nicht so lecker. Aber wenn du quasi dann die dann umwandelst, wieder mit dieser Vinylphenolreduktase, die quasi nur ein Brettanomyces ist, dann werden das noch mal andere Phenole. Also zum Beispiel 4-Vinylphenol wird zu 4- Ethylphenol, das ist dann schon wieder Bauernhof, Pferdedecke, würzig, rauchig. Klar, wenn es dann höher wird, wird es dann auch wieder medizinisch und verbandkastenmuffig, aber halt softer quasi. Die ist dann nicht so heftig. Dann dasselbe halt auch mit 4-VG, also 4-Vinylguacol, wird dann zu 4-Ethylguacol. Das ist dann rauchig, würzig, Nelke, auch viel softer. Und auch 4-Ethylcatechol, das ist dann auch Bauernhof, ein bisschen medizinisch. Aber das ist auch alles immer so eine Frage, wenn du quasi je nach Ihr kennt es ja von Fehlgeschmäckern. Wenn du da die halt relativ hoch dosierst, dann wird fast jeder Stoff, egal welchen du nimmst, irgendwann unangenehm. Also irgendwann ist es dann so, oh Gott, es ist so superpenetrant in der Nase oder sowas, weißt du. Und es gibt halt auch Stoffe, die mit sehr, sehr wenig dann auf einmal ganz unangenehm werden, aber Phenole, so wie die, in denen Konzentrationen hergestellt werden von Brett, sind häufig, ich sag mal, angenehm-isch. Das ist halt dann so eine Gewöhnungssache, je nachdem, wie du dran gewöhnt bist. Aber grundsätzlich sind sie schon, kannst du sie schon, wenn jetzt noch andere Sachen dazu sind, auch anders einordnen als Verbandskasten, sag ich mal. Also das ist so meine Meinung, genau. Das ist eine Komponente vom Funk von Brettanomyces. Die andere Komponente sind Aged Hops, bei Lambic und so weiter eingesetzt. Allein, wenn du schon einen Aged Hop riechst, also in dieser Phase, über die er geht quasi, also klar, wenn der richtig lang geaged ist, dann riecht er nicht mehr nach viel, aber dazwischen kommt halt alles Mögliche. Käse, Füße, Parmesan, also alles. Und der ist halt wirklich essentiell. Also ich habe mal persönlich einen Versuch gemacht und wollte halt irgendwie in meinen Cider Lambic Aromen reinbekommen, habe Lambic Drags reingeschmissen, nichts passiert, habe dann mal einfach Hopfen gekocht und den rein. Ja, da ist ein bisschen was passiert, aber nicht wirklich was und dann habe ich einfach drei Monate lang Aged Hops, Dry Hopped mit Brett. Ja, da war was da. Sagen wir es mal so. Also das Ding hat einfach knallhart wie eine Geuze gerochen. Und das ist halt so eine Sache. Ja, okay, wir wissen noch nicht genau, warum das so ist, aber wir wissen, dass halt Brettanomyces so eine sehr, sehr hohe Biotransformation auf eben Hopfen hat quasi. Und dass da Dinge freigesetzt werden, sowohl organische Säuren, als auch andere Sachen, ganz klar. Da ist auch jeder Hopfen unterschiedlich. Also da werden ganz unterschiedliche Sachen freigesetzt. Ja, also es ist ein Glücksspiel, weil wir halt einfach noch nicht wissen, was passiert. Muss man ganz einfach sagen. Und wir kennen halt auch, und Hopfen sind so komplex allein, wie viele Geschmacksstoffe da drin sind. Und wenn du dann jetzt noch dir vorstellst, okay, jetzt kommt da noch ein Mikroorganismus, der dir alles auseinander nimmt und umbaut, dann wird das Ding halt einfach unberechenbar. Das heißt, da kann dir von dem schlimmsten Käsesstinker bis hin zu der tollsten Fruchtbombe alles passieren.
Paul Aber das ist ja auch irgendwie das Coole, ne?
Bene Absolut, genau. Wäre ja langweilig, wäre nett, ne? Und das Lustige ist, es ist ja auch unterschiedlich in sechs Monatsabständen. Das ist ja auch das Coole.
Paul Und eine Komponente, die Phenole, es ist ja in Zwischenzeit, oder in Zwischenzeit, wurden ja auch POF-negative Brettstämme identifiziert. Und gerade für unseren Staffelbierstil IPA hat das ja wahrscheinlich schon Potenzial, oder siehst du da auch noch andere Möglichkeiten?
Bene Ja, also ich persönlich, als Fan von Brett, wäre es cool, aber ich weiß, dass ganz andere Hefen eingesetzt werden in Zukunft. Und auch schon, die werden schon in Amerika. Du hast Terps, du hast Thiolibre, du hast Elysium, du hast alles mögliche andere. Das sind teilweise genetisch manipulierte, teilweise einfach nur durch Mating erzeugte Stränge, die einfach eine viel höhere Biotransformation haben. Und die ist viel kontrollierter. Du hast halt eine viel kontrolliertere Ausprägung, die in irgendeine Richtung geht. Und kannst halt damit konzeptionell quasi Dinge erzeugen. Also Thiolibre zum Beispiel mit diesem Phantasm Souvenir-Blanc-Stoffen quasi oder sowas allein. Das ist relativ eine simple Gleichung. Du schmeißt das Zeug rein, mittlerweile weiß man einfach, was passiert. Auch allein schon Thiolibre, wenn du sie nimmst und nur Malz und Saat hopst. Bumm, hast du auf einmal voll die Fruchtbombe. Und du denkst dir nur so, ich habe gerade ein Lager gebraut, habe eine andere Hefe genommen und es riecht nach Maracuja. Also, sorry, da brauche ich keine Brett. Weißt du, was ich meine?
Paul Das ist ja auch genau das, was man will. Gerade haben wir ja noch darüber gesprochen, dass das natürlich das Coole ist bei Brett, dass er auch so ein bisschen unberechenbar ist. Das ist für die Leute, die gerne damit brauen, die gerne einsetzen und vielleicht in diese Wundertüte dann mal reingucken, reinriechen, reinschmecken, das cool finden. Aber für die Biotransformationskiste ist es natürlich cool, wenn du das steuern kannst und dann auch relativ schnell auch die Aromen erzeugen kannst, die du die Aromen erzeugen kannst, die du dann noch haben willst in einem New England IPA oder so.
Bene Genau, es geht ja um einen kommerziellen Erfolg und der kommerzielle Erfolg ist dann gegeben, wenn du einen nachvollziehbaren Prozess erzeugen kannst und dann eine große Masse absetzen kannst. Du kannst in meinen Augen Brett und auch andere Sauerbiere, alles was funky ist, ist nicht auf einer kommerziellen Schiene so einfach machbar. Es ist ein Nischenprodukt. Das ist so ein bisschen wie wenn du Naturwein mit normalem Wein vergleichst. Es sind kleine Mengen, kleine Hektaranzahlen. Es geht einfach darum, man macht ein anderes Produkt mit einer anderen Wertigkeit, mit einer anderen Liebe zum Detail, mit einem anderen Anspruch an Lagerzeiten, also du Ausschuss auch einfach in einer gut geölten IPA Brauerei wird nicht mehr viel weggeschüttet. Selbst bei einer gut geölten Funkbude schüttest du zehn bis zwanzig Prozent weg.
Flo Definitiv unterschiedliche Welten. Es ist die Zeit, wir müssen auch mal über das Thema Pellicle kurz noch sprechen. Vorhin ist es zumindest einmal schon gefallen. Dem, dem der Begriff noch nicht sagt, kann ich nur empfehlen für alle Instagram-Leute, einfach mal Hashtag Pellicle-Porn suchen. Da findet ihr sehr schöne Bilder. Und was ist damit gemeint? Also Brett kann wie ein paar andere, also Brett kann wie auch einige Bakterien, die für mischfermentierte Biere eingesetzt werden, also einen Biofilm bilden, einen sogenannten Pellicle, der dann eben auf der Bieroberfläche entsteht. Und Bene, wir hatten es da ausgetauscht, die Studienlage, was man darüber weiß, das ist alles noch nicht so richtig eindeutig. Man weiß zumindest, man hat es noch nicht ganz verstanden, aber vielleicht kannst du trotzdem ja so ein bisschen erläutern, was dein Wissenstand ist über das Thema.
Bene Aus Erfahrungswerten ist es so, ein Pellicle wird von Brett meistens dann gebildet, wenn Sauerstoff da ist. Also das kann man schon mal so sagen, weil ich fermentiere fast alle meine Biere relativ geschlossen. Also ich gucke nie rein, ich probiere nie, ich mache die ziemlich zu und ich habe ich habe Berliner Weiße abgefüllt ohne Pellicle. Also da war nichts drauf. Aber dann macht es in der Flasche trotzdem Pellicle oder sowas. Also das kann auch trotzdem passieren. Die Sache ist, sobald Sauerstoff drankommt, kann diese Hefe quasi einen Biofilm machen. Für mich ist es so ein bisschen ein Indikator, ob mein Airlock jetzt ausgelaufen ist oder irgendwas. Also ich versuche, den Sauerstoff halt penibel wegzuhalten bei Sauerbieren, einfach wegen dem Essig. Wenn du natürlich jetzt ein Fass hast, dann entsteht Mikrooxidation. Je besser das Fass ist, desto weniger entsteht quasi. Also du hast dann wirklich nur so einen ganz sanften Austausch. Aber klar hast du dann Pellicle. Ist jetzt nichts Schlimmes. Also ganz viele von tollen Bieren haben keinen Essigstich und haben trotzdem Pellicle. Für mich als Hobbybrauer ist es einfach so, die kleine Menge an Bier, die ich habe, wenn da Sauerstoff reinkommt, passiert relativ schnell relativ viel. Wenn du jetzt natürlich diese obere kleine Schicht, die du beim Fass hast, wenn du jetzt bis fast ganz oben hin gefüllt hast, das ist ja nicht viel an Oberfläche. Wenn du da ein Pellicle drauf hast, das sieht einfach schön aus, aber grundsätzlich macht es nichts kaputt. Wenn du da mit dem Winnie-Nail ab und zu mal was ziehst, kein Problem bei den 250 Litern. Aber genau, also der Pellicle, der entsteht halt einfach, der wirft halt Blasen auch teilweise und so, macht echt ganz schöne Landschaften. Gewisse Bakterien machen unterschiedliche oder gewisse Mikroorganismen machen unterschiedliche Pellicles. Ich hätte jetzt gesagt, bei Brettanomyces ist es ganz häufig so, dass der weiß und pudrig ist. Das ist der häufigste Pellicle überhaupt, das ist so leicht weiß und ein bisschen pudrig. Übrigens kleiner Tipp, es gibt bei Milk the Funk, gab es sehr häufig die Frage, is it Mold? Weil, also Schimmel unterscheidest du immer dadurch von einem Pellicle, wenn es Fädchen hat, ist es Schimmel. Wenn es keine Fädchen hat, ist es kein Schimmel, dann ist es ein Pellicle. Egal, wie wild der aussieht, ob der jetzt irgendwelche Wellenformen hat, ob der dick ist oder so, aber dann ist es erst mal kein Schimmel. Außer er hat Sporen und Härchen und wenn er Härchen hat, dann ist es Schimmel. Ja, aber die krasseren Pellicles, die kommen von Bakterien, muss ich sagen. Wenn du Acetobakter oder andere Sachen hast, die dann richtig Haut und es gibt ja dann die ganzen Scobys und so was, die dann wirklich, also Scobys sind erforscht, aber das sind halt andere Sachen, weil die halt wirklich ein dicker, angreifbarer Biofilm sind, wo ganz viele Dinge passieren da drin. Und bei dem Pellicle, das sind halt, man weiß es halt nicht so genau, weil es halt einfach auch uninteressant irgendwie ist für die Für die ganze Forschung, weil viele sagen so, ja, was soll ich das denn jetzt erforschen, also weil, ich meine, wenn du Nährstoffe von Brettanomyces erforscht, klar, Bioethanol, ja, gib ihm, weil die brauchen halt Organismen, die halt irgendwie noch den letzten Scheiß dann rausquetschen, der irgendwie in dieser Masse dann drin ist und da ist Brett super. Oder halt, keine Ahnung, Sauerbier, klar, das existiert, da wollen die Leute wissen, warum die Geschmäcker da sind, aber halt eben nicht, warum ist da jetzt ein Pellicle da, das sind so, also es sind halt Probleme, die halt nicht wirklich Benefit haben, außer dass, okay, jetzt weiß ich, warum dieser weiße Kram da ist.
Flo Wie sieht es mit deinen Erfahrungen aus, bezüglich Pellicle-Bildung in der Flasche, hattest du das mal? Ja. Und hast du da vielleicht einen Tipp, was man tun kann, dass das nicht passiert, weil das sind ja auch Gushing-Quellen potenziell?
Bene Also grundsätzlich würde ich persönlich sagen, also in meiner Erfahrung ist das nicht die Gushing-Quelle, hätte ich jetzt gesagt, sondern eher quasi generell die Trubstoffe, die halt entstehen und sich unten einfach sammeln und einfach zu hoher Karbonisierung. Je älter ein Bier wird, desto weniger, also so besser ist es integriert, so meine Meinung. Wenn du natürlich Bodensatz hast und sehr viel Kohlensäure, dann geht es irgendwann einfach immer hoch, also so zehn Gramm pro Liter, dann ist es einfach, mach es sehr kalt, lass es drei, vier Tage im Kühlschrank stehen und dann mach es erst auf. Aber es ist ja auch immer, das hält sich im Rahmen, also es gibt auch Gründe, warum die Leute degorgieren beim Champagner, also das ist so meine Meinung, aber jetzt verhindern und der Gegendruck abfüllen, aber es wäre halt auch doof, du willst ja die zweite Gärung und für die zweite Gärung hast du Sauerstoff und dann ist es halt einfach nur, wie schnell baut deine Mischkultur den Pellicle. Also ich habe es regelmäßig, obwohl ich zum Beispiel, also meinen Cider fülle ich mit frischer Hefegabe ab, aber ich habe trotzdem meistens einen kleinen Pellicle oben.
Flo Und man liest ja in dem Kontext und ich habe auch selber die Erfahrungen gemacht, je nachdem wie man die Flaschen positioniert, also ich habe am Anfang so gute deutsche Logik, meine Flaschen immer vertikal also stehend in dem Fall reifen lassen und da hatte ich hier und da mal, ich konnte mich nicht erschließen, wann das passiert, aber häufiger mal eben eine Pellicle Bildung und je nachdem wie stark der ausgeprägt war, wenn ich die Flaschen zu früh geöffnet hatte, da habe ich schon den Eindruck gehabt, dass das zumindest in meinen Versuchen vielleicht auch was dann, dass das eher die Flaschen sind, die dann gushen und ich habe dann irgendwann umgestellt auf liegende Lagerung, weil findet man vom Pierre Tilquin, glaube ich, bei Milk the Funk, irgendwo steht das im Wiki, dass er sagte
Bene Ja, kann ich mir vorstellen, du hast eine größere Oberfläche, da muss ich erst mal ein Pellicle bilden komplett, weil das muss ja allumschließend erstmal sein und je kleiner die Oberfläche, desto eher kann sich das quasi da einmal rüber bilden. Klingt für mich plausibel, war für mich nie so ein Issue, muss ich ehrlich sagen, also ich habe eher das Problem, dass ich häufig am Randbereich bin mit der Karbonisierung und dann weiß ich einfach auch schon, okay, also wenn du also wenn du die Champagnerflasche ausreizt, sagen wir es mal so, dann ist es immer schwer, diese Sachen generell schon mitzunehmen, weil also wenn ich halt ankomme und habe irgendwie so mein Fantom Level karbonisiertes Bier, dann weiß ich einfach schon, okay, wenn ich das jetzt nehme und nicht vorher in die Tiefkühltruhe packe und irgendwie auf zwei Grad runterkühle oder so, dann mache ich das auf und es ist an der Decke, weil einfach so viel Kohlensäure drin ist. Ich stehe da auch voll drauf, weil es halt so ein Champagner-Level häufig hat, aber es ist halt die Hölle zum Transportieren. Also einfach, sobald es schüttelt, hast du Spaß.
Flo Ja, wollte gerade sagen, no risk, no fun.
Bene Und was halt auch ist, je klarer ein Bier ist, desto weniger guscht es. Das ist ja das, warum sie beim Champagner rütteln, weil du brauchst ja immer diese Nucleation-Sites, um diese Schaum…
Flo …die sich dann entbindet.
Bene …die sich entbindet und wenn das Ding natürlich total trüb ist, dann macht es halt wuff.
Flo Nee, das macht Sinn, ja. Bevor wir zum nächsten Bier kommen, lass uns nochmal kurz das Thema Mundgefühl anschneiden. Du hast es vorhin schon mal gedroppt, dass es mit Glyceriden zusammenhängt und dass Brett das eben nicht produziert. Kann man da sein Rezept irgendwie anpassen, um das so ein bisschen gegen zu kompensieren? Gibt es da Ansätze aus deiner Sicht?
Bene Also finde ich schon. Also die Sache ist halt, bei Brett-Bieren oder generell Bier mit Brett, hast du halt einfach verschiedene Faktoren, die dagegenwirken. Also das eine ist, das ist meine Meinung, so eine sehr hohe Kohlensäure. So ab sieben Gramm machst du quasi ein moussierendes Mundgefühl. Das ist ja ähnlich wie beim Champagner, das rollt dann so über deine Zunge drüber, danach verschwindet es wieder. Aber dieses Gefühl, wenn du viel Kohlensäure in deinem Mund hast, das füllt quasi, also das macht ein volles Mundgefühl. Das ist so das eine. Das andere sind Tannine. Also wenn du Sauerbiere machst und so weiter, dann hast du über Holz, über Wein, über irgendwelche Sachen, auch über Hopfen teilweise, also den alten Hopfen und sowas, hast du Tannine oder eine Textursache, die halt einfach dein Mundgefühl verändert. Also es ist halt dann einfach nicht mehr so lasch oder so wässrig, weil du Tannine auf einmal hast. Die schmecken anders, aber die überlagern sozusagen das wässrige Mundgefühl. Ja, was noch? Also klar, du kannst natürlich auch mit Haferflocken oder sonstigem dagegen gehen. Da muss man, glaube ich, ein bisschen aufpassen mit Bakterien, weil sobald du halt eben proteolytische Aktivität hast, hast du halt auch zum Beispiel mit Proteinen halt auch einfach keinen Spaß, weil die sind halt dann weg. Also sowas wie ein Lactobacillus, der proteolytische Aktivitäten hat, relativ hohe, der macht dir halt auch einfach das Mundgefühl über die Proteine noch kaputt. Da hängst du halt teilweise dann mit doppelter Geschichte dann noch drin quasi. Kein Glycerin und kein Protein, ergo schwierig. Genau, aber grundsätzlich ist es ja auch, ich sage mal so, du kannst auch den Nachteil zum Vorteil nutzen, weil wenn du erfrischende Biere willst, dann ist es teilweise auch schön, wenn die flott runtergehen. Da kommt halt dann Säure ins Spiel, weil Sauerbiere, die funktionieren halt anders vom Mundgefühl her. Da brauchst du nicht das Glycerin, sondern da ist das Erste, was du schmeckst, die Säure. Und die macht halt schon viele Dinge in deinem Kopf auch, wo du dann auch nicht mehr sagst, na ja, es war wässrig.
Nee, es war sauer. Weißt du, also das ist halt auch so ein Punkt, wo du sagst so, ja, also ist es sofort verschwunden aus deiner Palette? Ja, aber es war ja auch sauer. Und dann ist es halt auch so, die Säure hängt ein bisschen nach. Also das sind so ein bisschen andere Sachen einfach. Aber ja, wie gesagt, das wären so meine Tipps, wo du halt gucken kannst.
Bierpause #2
Paul Ich gucke auf die Uhr. Ihr macht euch jetzt ein Bier auf, würde ich sagen.
Bene Ja.
Paul Guckt euch mal den Schaum an.
Bene Ja, geil. Ja, mein Schaum steht immer noch. Ich habe mir das vor einer Weile eingeschickt. Genau, das ist jetzt ein fünf Jahre altes Traditional English IPA mit Brett. Nur mit Anomalus. Und zwölf Gramm pro Liter EKG.
Paul Ja, cheers. Flo, du, was hast du schönes?
Flo Cheers. Ich habe ausnahmsweise mal ein Bier von mir, das habe ich vorhin gefunden. Ich wusste gar nicht, dass ich da noch was davon habe. Das habe ich im Januar 2020 gebraut, logischerweise. Nice. Und das ist ein 100% Brett Dark Ale, habe ich das genannt. Aged on Sour Cherries and Cognac Chips. 8% ist auch von Yee Space, so ein Brett Brux Blend. Hopfen aus eigener Ernte von 2019.
Paul Das waren noch Zeiten, Flo.
Flo Das waren noch Zeiten, ja. Und der Schaum hat mich gerade überrascht. Der sieht auf jeden Fall nice aus. Und halt ja schwarz für die Nacht. Geil.
Paul Ja, sieht cool aus.
Flo Und da war halt die Idee, so ein bisschen Cherry Pie mit den Sour Kirschen zu verbinden in Kombination mit den Röst- und Schokoladenaromen letztendlich.
Paul Und zufrieden auch.
Flo Aber das eigene Hopfen ist, habe ich da natürlich jetzt keine Geraniol-Bombe gehabt. Das wäre natürlich sicherlich noch mal förderlich gewesen.
Bene Ja, bei der Geraniol-Bombe musst du halt auch gucken. Also ich finde zum Beispiel, ich habe dann auch ja überlegt, kann man dann irgendwie Ami-Hopfen nehmen, weil die haben teilweise mehr Geraniol. Aber das Problem ist, die haben auch alles mögliche andere. Das heißt, du willst halt eigentlich einen Hopfen, der halt einfach schon von der Grundaromatik halt passt. Und da ist halt Brewers Gold perfekt, weil der ist an sich ein guter Stout-Hopfen, weil der halt einfach hauptsächlich nach Rose und Erdig ist halt. Und das war halt dann einfach so. Also für mich ist das der Brett-Stout-Hopfen persönlich, weil der macht halt so richtig geil dieses Cherry Pie und ist auch ein leckerer Stout-Hopfen an sich.
Flo Das war damals schon gut, gut verbaut in der Käte. Ja, das fand ich auch.
Bene Das war schon sehr cool, ja.
Flo Aber das hier ist auch nicht schlecht. Hat jetzt aber durch die Lagerungszeit schon eine spürbare Säure. Also jetzt gar nicht negativ, macht es auch irgendwie erfrischend für die 8%. Also er hat mich jetzt auch an die Käte eben in gewisser Art und Weise erinnert. Aber ja, hilft nichts. Wir haben noch ein bisschen was vor uns und die Uhr ist schon relativ weit fortgeschritten. Ich hoffe, ihr erkennt noch.
Brettanomyces ist eine Aromabombe
Flo Deswegen gehen wir in den nächsten Interview-Blog rein. Und zwar wollen wir uns noch so ein bisschen mit dieser sehr, sehr potenten Eigenschaft von Brett befassen, auf die wir schon eingegangen sind. Nämlich, dass Brett eine richtige Aroma-Bombe ist und insgesamt sehr viel unterschiedliche Aromen ins Bier reinbringen kann. Das haben wir heute schon gehört und gelernt. Manche sind definitiv positiv, manche sind positiv unter bestimmten Schwellwerten und manche sind für viele zumindest eher negativ und vielleicht sogar ungewollt. Und das Ganze hängt natürlich auch noch davon ab, welche Brett-Art oder welchen Brett-Stamm ich letztendlich einsetze. Aus der Berliner-Weiße-Ecke kennen wir ja eher das Thema Brett Anomalus oder Brett C für Clausenii, was häufig in diese Citrus-Bienen-artige Aromatik geht und da ein schönes fruchtiges Bouquet macht. Und aus der Brett-Brux-Ecke oder, Bene, du hast vorhin gesagt, für viele Hobbybrauer auch nach wie vor Brett Lambicus, einer der bekanntesten Stämme aus der Brett-Brux-Ecke, der dann häufig und je nachdem mit welchem Rezept und welchen Hopfen ich das kombiniere, dieses schöne, wie man im Englischen sagt, Cherry-Pie-Aroma, Kirschkuchen-Aroma für viele, Schwarzwälder Kirsch, in so ein vor allem dunkles Bier reinzaubern kann. Warum ist das so? Haben wir eigentlich auch schon erwähnt. Brett ist einfach ein Powerhouse, was die Aromen angeht und wenn man es mit Saccharomyces-Vergleichsstämmen in Relation setzt, wie es viele Papers gemacht haben, dann kommt man da an der einen oder anderen Stelle bei einem Faktor 40 raus, was die Brett mehr an Aromakomponenten, auch von den guten, die wir haben wollen, liefern kann. Aber am Ende bleibt das Thema, um nochmal die Brücke zum einen, Eingangszitat zu schlagen und wie wir es an der einen oder anderen Stelle haben schon durchblicken lassen, Brett macht nicht unbedingt immer das, was man möchte, beziehungsweise man muss die sehr gut kennen, man muss alle Bedingungen gut verstanden haben und das Ganze ist vielleicht ein bisschen schwieriger am Ende, immer das rauszubekommen, was man ursprünglich wollte und dementsprechend wollen wir jetzt noch so ein bisschen aufbauen und auf das, was wir schon diskutiert haben, über die unterschiedlichen Aromengruppen nochmal reden und wie man die auch vielleicht als Brauer besser beeinflussen kann, wenn man sie besser versteht. Und beginnen möchten wir mit dem Thema Funky Aromen oder auch aus der Gattung jetzt als erstes die Ethylphenole, also die von Brett weiter umgebauten Phenole, wie wir sie beispielsweise kennen aus dem Weizenbier. Und da wäre letztendlich die Einstiegsfrage, Bene, was kann man da machen oder was muss der Hobbybrauer machen, damit bezüglich Ethylphenolproduktion das geschieht, was man haben möchte oder geht es überhaupt?
Bene Also das ist nicht temperaturabhängig, das passiert einfach, das heißt man kann nicht einfach jetzt okay, Fermentationstemperatur irgendwie sagen, okay mehr, weniger und so weiter oder Pitchrate, komplett egal, es ist hauptsächlich die Vorstoffe, also klar, Ferularast und so weiter kannst du ja machen, das wissen wir, weil der Vorstoff zum Beispiel für 4-Ethyl-Guaiacol ist 4-Vinyl-Guaiacol und das ist dann halt natürlich das ganz normale 4-VG, da gibt es halt Studien, wie man das beeinflussen kann von der positiven Hefe und so weiter. Grundsätzlich muss ich dazu sagen, ist halt so, dass häufig der Anker aber nicht unbedingt jetzt eine Ferularast ist, sondern der Anker ist häufig die Esterbalance und die Auswahl der Hefe, die macht einen größeren Unterschied als jetzt die Ferularast oder das Ganze, weil wenn du quasi eine Hefe hast, die jetzt wie ein Berliner Weiße-Stamm, das kann übrigens auch Brux sein, weil wir hatten ungefähr halb-halb Brux und Anomalus, wo wir die isoliert haben, aber die sind grundsätzlich zahmer einfach und die machen halt weniger Phenole. Warum? Keine Ahnung, aber ich glaube, es gibt halt immer so eine Ausdrucksweise von dem Gen, das halt diese Phenole macht und manche sind stärker aktiv und manche weniger, aber grundsätzlich hätte ich gesagt, das ist so eher der größere Hebel, was natürlich noch reinspielt ist, wie paire ich diese Hefe, also wie verbinde ich die, mache ich das Ganze mit einer phenolischen Hefe dazu oder sage ich, ich nehme eine normale Saccharomyces dazu, also irgendwie eine englische Hefe oder irgendwas, da hast du natürlich auch Sachen. Also wenn die normale Saccharomyces schon im normalen Gärvorgang halt auch Phenole erzeugt, dann werden die natürlich zu Vinylphenolen umgebaut, weil was da ist, wird umgebaut. Wenn ich aber jetzt eine normale Saccharomyces nehme, in dem Fall halt irgendwie eine englische, dann sind die nicht da, das heißt quasi, die sind schon weniger. Also kann ich dann hergehen und habe halt dann im Ende auch weniger Phenole, als wenn ich die jetzt mit einer Hefeweizen oder Saison oder belgischen Hefe kombiniere.
Paul Nächstes Thema, ich würde jetzt auch mit Blick auf die Zeit, wir haben uns natürlich noch auf die Fahne geschrieben, Biotransformation. Das Gute ist, wir haben auch schon an ganz, ganz vielen Stellen angerissen, warum Brett so gut ist für die Biotransformation und auch im Hinblick auf diese GMO-Hefen gesagt, dass sie vielleicht ein bisschen unberechenbarer ist, aber auf jeden Fall eine Aromabombe ist, deswegen hier auch nochmal angesprochen. Sie bringt zum Beispiel einfach mehr Beta-Glucosidase ein, kann damit also Monoterpenalkohole oder Aushopfenölen aus Früchten, die man vielleicht hinzugibt, freisetzen und sensorisch wahrnehmbar machen. Das Interessante ist aber auch, was wir auch schon angerissen haben, was du auch schon erklärt hast, ganz am Anfang meine ich, Biene, dieses Cherry-Pie-Aroma, wie das entsteht. Und vielleicht hier nochmal die Frage, wie kann ich es im Rezept steuern, damit es tatsächlich entsteht. Ihr habt es jetzt, als der Flo sein Bierchen aufgemacht hat, auch schon mal angerissen, Thema Geraniol. Und die Brücke auch zu Käte, also von Flügge das Bier, das legendäre Bier fast schon. Einfach vielleicht noch so ein, zwei Tipps, wie kann man das steuern, sodass man das dann auch hinkriegt.
Bene Genau, also ich meine es natürlich immer so ein bisschen, ein Brett ist halt eine Katze, wie du schon sagst, aber grundsätzlich, wie ich es eigentlich immer hingekriegt habe, war Brewers Gold, sowohl im Whirlpool, als auch eine ordentliche Hopfung, dass genügend Geraniol übrig bleibt. Und dann halt, ja, am besten irgendwie ein Blend, wir haben am Anfang Brett Lambicus benutzt, weil die dafür bekannt war, aber Amalgamation und andere Sachen haben das auch hingekriegt. Grundsätzlich einfach, Brewers Gold hat einen hohen Geraniol-Anteil, der wird halt eben, wie gesagt, in Linalool umgewandelt, mit der Beta-Glucosidase, dann in Terpeniol und dann mit ein bisschen Butyric Acid wird das Ganze dann halt einfach zu Kirscharoma oder Cherry-Pie-Aroma. Und genau, das ist eigentlich schon wirklich alles. Grundsätzlich zu der Biotransformation, am Anfang auch erwähnt, dass eigentlich halt auch Anomalus ein bisschen der bessere Biotransformator ist, aber grundsätzlich haben das alle, meistens ist es ein bisschen die Geschwindigkeit bzw. was halt umgewandelt wird. Wenn du halt einen Blend hast, hast du halt eine höhere Chance, dass mehr umgewandelt wird, weil jeder einzelne Stamm wieder andere Eigenschaften nochmal ein bisschen mitnimmt. Es ist halt sehr vielfältig, was umgewandelt wird. Und man weiß bisweilen halt von natürlich ein paar Pfaden, aber eben noch lang nicht alles.
Flo Dann kommen wir zu den Ethyl-Estern, ich glaube, die haben wir heute noch gar nicht angeschnitten. Darunter versteht man Alkohol plus Fettsäuren und ist auch ein weiteres schönes Beispiel, welche Magie Brett entfalten kann und was aus gewissen Stoffen entstehen kann. Und ist vielleicht auch gerade für das Thema Brett-IPA, um da die Brücke zum Staffelbier-Stil in gewisser Weise zu schlagen, ja auch ganz interessant, weil die Ethyl-Ester sind in der Regel tropisch fruchtig und dementsprechend kann man sich’s ja auch gut vorstellen, dass das ganz gut eine Synergie zu den modernen Hopfenaromen schaffen kann.
Aber um das ein bisschen besser zu verstehen, ich hatte es gerade gesagt, Fettsäuren plus Alkohol. Vielleicht können wir da als Einstieg kurz erläutern, mit welchen Fettsäuren es wir zu tun haben und welche tollen Geschmacksaromen die so mitbringen.
Bene Also ich weiß jetzt gar nicht, ob ich es als Fettsäuren bezeichnen würde. Ich würde die Brücke machen mit Alkohol und organischer und anorganischer Säure gibt’s dann quasi. Also du hast sowas wie Ethyl-Lactat, Ethyl-Acetat, aber dann natürlich auch die Ethyl-Ester von Buttersäure, von Caprylischer Säure, von was hat man noch? Also es gibt so ein paar Säuren. Zucchini-Acid ist dann Bernstein-Säure, glaube ich, auf Deutsch. Das sind alles so, also es gibt natürlich noch viel mehr, aber das sind meistens die flavoraktiven Säuren, also Ethyl-Ester, die du halt in Brettbieren hinbekommst. Die klassischsten und damit auch die, die am meisten erforscht sind, sind Ethyl-Lactat und Ethyl-Acetat. Das sind halt die Ethyl-Ester von Essigsäure bzw. Milchsäure und Essigsäure und Milchsäure sind ja bekanntlich die größten Säurebestandteile vom Lambic, aber auch vom Berliner Weiße. Und da weiß man halt, dass es eine Esterase gibt, also Esterase ist quasi was, was eben diese Ester erzeugt, die quasi einfach Milchsäure nimmt und Alkohol und baut dann Ethyl-Lactat quasi sozusagen. Und das ist halt das, wo es auch überhaupt nur eine Forschung darüber gibt, weil der ganze Rest ist einfach nicht erforscht. Man weiß, dass Brett das erzeugt, warum und welche Esterasen dafür verantwortlich sind, keine Ahnung. Und also das ist echt krass, weil die zwei Studien, die es dazu gibt, die sind aus 1984. Das ist der Methner in Deutsch und das ist irgendein anderer Hannebambel, der halt quasi irgendwie Sachen halt auf Lambic-Ebene angeguckt hat, irgendein Belgier. Und du denkst dir halt nur so, ich hab mir halt nur gedacht, so geil, dann schreibe ich in meinem Buch so ein Kapitel, wo ich dann ganz viele Studien referenziere, die dann sagen, hier übrigens und da ist die Esterase. Nee, nee, kann ich nicht. Ich kann einfach nur sagen, so ja, es ist erzeugt. Wir wissen, dass es das ist, weil wir wissen, dass die Stoffe dabei rumkommen, wenn Brett dazu kommt. Aber was das macht, keine Ahnung. Und wie der Funktionsmechanismus ist, auch keine Ahnung. Also da gibt es halt dann so Sachen, die haben dann halt bestimmte Temperaturen durchgefahren und so weiter. Ja, dann ist dann halt schneller der Ester gekommen. Aber das ist halt einfach auch mit Aktivität von Reaktionen, das kannst du jetzt nicht sagen, dass jetzt quasi die Temperatur dafür jetzt total verantwortlich ist, dass es mehr Ester dann gibt. Weil du musst ja auch Langzeitstudie dann geben. Es gibt dann, was herausgefunden haben ist, dass es ein Äquilibrium gibt, wo dann einfach auch Brett keine weiteren Ester mehr macht, wo das dann halt so bleibt. Aber das war es dann auch. Was wir jetzt aber auch wissen, anhand von Sachen, die wir ausprobiert haben bei Milky Funk und so weiter, ist, dass es halt gewisse Vorstoffe gibt, die halt natürlich geile, so richtig geile Ester erzeugen. Wie zum Beispiel Caprylische Säure oder Isovaleriansäure oder sowas. Das sind halt, also wenn du die an sich riechst, sind die schrecklich. Also die riechen schlimm, in hoher Konzentration. Aber wenn der Ester davon rumkommt, ist das Ding halt mega geil, weil es super tropisch riecht. Aber das ist halt sowas, also zum Beispiel Buchweizen hat Caprylische Säure. Das heißt, wenn ich jetzt ein Brett-IPA mache, packe ich einfach 20% Buchweizen rein und irgendwann kommt halt bei Brett dann halt auch die Note von dem Buchweizen raus, die dann auf einmal tropisch wird. Genau, also solche Dinge weiß man dann halt. Du hast halt gewisse Vorstoffe, die du halt rhetorisch reingeben kannst, die halt dann das machen. Aber da ist dann halt immer die Frage, wie kriegst du die mit einem natürlichen Stoff rein, sozusagen. Also das sind halt dann so Sachen. Bernsteinsäure ist übrigens auch was ganz Spannendes. Das hat einen relativ niedrigen Threshold und der Geruch von der Bernsteinsäure, die Ethylester, ist weinartig. Ich habe halt die Daten vom Methner nochmal so durchgegangen und habe halt Thresholds dagegen gehalten. Also quasi ab wann man den Stoff riecht. Und in einem Beispiel war quasi dieser Bernsteinsäure, die Ethylester, relativ hoch. Und ich glaube, es war sogar Willner. Und das kann halt auch noch mit so ein Punkt sein, warum das auf einmal so weinartig riecht. Weil halt der Ester halt auch noch mit dabei ist. Das kann man jetzt danach abschließend klären. Das ist immer schwierig, weil du hast immer so eine Ester-Kombination. Du hast Ethylaktat, Ethylacetat und dann nochmal die Bernsteinsäure, die Ethylester und so was. Auch nochmal Caprilat und so. All das in Kombination ergibt dann den Geruch, den du riechst.
Flo Ich weiß nicht, ob du das beantworten kannst, aber du hast ja auch das Buchweizenbeispiel gerade gebracht. Wenn man jetzt ein Brett-IPA macht und gleichzeitig haben wir vorhin gesagt, Thema Maskierung, dass eben mit der Reifedau bei so einem Brett-IPA irgendwann die Phenole die Überhand gewinnen. Und bei einem Jüngeren eher die Ester dominanter sind, weil die halt die Phenole, obwohl sie da sind, in irgendeiner Art und Weise maskieren. Auf welchen Zeithorizonten spielt sich die Umwandlung von den eher unangenehmen Ausgangsstoffen für die Ester? Du hast ja gesagt Caprylsäure beispielsweise oder Isovaleriansäure. Wie bekommt man das zusammen mit auf der einen Seite bei so einem Brett-IPA? Alterung macht weniger die fruchtigen Noten, weil die Phenole mehr durchbekommen. Und auf der anderen Seite will ich natürlich die fruchtigen Ester haben. Wie passen da die Zeitskalen zueinander? Wie muss man sich das vorstellen?
Bene Da kann ich nur aus Erfahrungswerten sprechen von den Bieren, die ich kenne. Und es ist einfach so, dass ab sechs Wochen einfach die Umwandlung in dem Maße, also die Esterasen so gut gestartet sind, dass du nach sechs Wochen eigentlich schon davon sprechen kannst, dass die die Oberhand haben. Und dass quasi ab ungefähr zwölf Monaten in dem Falle in meinen Augen nicht die Phenole höher geworden sind, weil die Phenole bleiben relativ gleich, sondern dass Hopfenstoffe einfach so umgewandelt wurden, dass du da irgendwelche funky Verbindungen raus hast, dass das Ding auf einmal funky wird. Und da bin ich halt ungefähr ab zwölf Monaten soweit. Das kann früher, später sein. Das ist abhängig davon, was halt passiert. Aber grundsätzlich ist das erstmal das, wo ich das Ganze sehe. Es hängt halt immer vom System ab. Klar, wenn du vielleicht ein paar mehr Nährstoffe hast, dann kann es schneller sein und so weiter. Aber grundsätzlich hätte ich gesagt zwölf Monate. Und man kann es sehr gut sehen, dass das halt quasi bei manchen Bierstilen einfach überhaupt nicht passiert ist. Zum Beispiel bei der Berliner Weiße. Da ist die Brett, die macht Phenole. Die hat ja auch Weizen und alles. Ist ja alles da. Macht auch Phenole. Riecht man ja auch teilweise. Und dann macht es halt auch Ester. Aber es ist kein Hopfen drin. Das heißt, eine Berliner Weiße wird einfach nicht so schnell funky. Also wenn ich eine Berliner Weiße von mir probiere, eine 2017er Märzenweise, die ich habe. Die ist jetzt fast sechs, sieben Jahre alt. Ja, natürlich hat die so einen leichten Funk. Aber das ist kein Vergleich mit einem Brett-IPA oder mit einem Orval. Und da ist dann einfach kein Hopfen drin. Und dann, wenn ich dieselben Häfen aufnehme. Also ich nehme halt auch teilweise einfach Berliner Bretts, um halt, ja keine Ahnung, halt so ein Saison mit einer Berliner Brett irgendwie auf Quitte oder so habe ich jetzt erst gebraut. Ja, und das wird irgendwann funky. Das wird nach einem Jahr funky, weil da habe ich halt irgendwie 30, 40 IBU-Hopfen drin. Der Hopfen ist für mich das kritische Element. Und da ist es genauso wie mit den Estern. Keine Ahnung, warum. Und Richard sagt auch, keine Ahnung, warum. Aber es ist so. Also der sagt auch, ja, der Hopfen ist, das passiert da. Also da keine Ahnung, was da passiert. Wir wissen es nicht, aber es passiert.
Flo Ja, es muss ja auch noch ein paar Rätsel geben. Ja, das stimmt auch, bitte.
Paul Dann machen wir langsam den Sack zu. Aber für die Hobbybrauer da draußen, und da hören ja hoffentlich zahlreich welche zu. Und ich hoffe auch immer noch. Wir haben ja gesagt, Brett ist wie eine Katze. Du hast es auch gerade nochmal gesagt, Späne. Jetzt geht es um vielleicht nochmal so die Steuerung der Katze. Man kann ihr ja quasi vorschlagen, was sie machen könnte. Und welche Tipps gibt es da? Also Reinigung hast du gesagt, macht euch nicht so einen Kopf. Das macht ordentlich sauber. Ich kann mich noch daran erinnern, da haben wir, glaube ich, auch bei der letzten HBCon, wir zwei darüber gesprochen. Aber vielleicht so grundsätzlich auch für Einsteiger, Fermentationsstrategien, welche Stämme sind so klassisch und woher kriege ich die oder wo kann ich die herbeziehen? Vielleicht so etwas in die Richtung, wer sich jetzt wirklich mal ranwagen will.
Bene Ja, also ich finde so ein Klassiker, mit dem du immer ganz gut anfangen kannst, ist so ein Orval, finde ich. Das ist so archetypisch. Und man kann so richtig schön so ein bisschen durch die Bank schmecken, was passiert mit dieser Brett halt auch. An einem hopfigen, simplen Beispiel gibt es ja einschlägige Klonrezepte. Und man kann es halt auch wirklich so machen, wenn man die Maische ganz gut im Griff hat und alles drum und dran, dass man das Ding halt auf zwei Plate runterbekommt ohne die Brett und dann die Brett draufhaut. Und dann hat das quasi genügend Potenzial, vor allem wenn man es in Champagnerflaschen hat, dass das Ding halt quasi fast bis auf null geht und deine Kohlensäure passt. Also das kann man schon so machen. Dann hat man quasi wirklich Brett nur beim Abfüllen. Und dann nimmst du halt irgendeinen alten Eimer, den du hast und haust halt ein Weilbrett rein und die macht dann ihr Ding. Das ist dann so das Simpelste, um das Ganze mal zu starten, wo du halt wirklich nur diesen einen Eimer hast und der ist jetzt kontaminiert und so weiter. Aber wie gesagt, also grundsätzlich würde ich halt gucken, macht halt irgendwie halbwegs separates Equipment, nehmt halt irgendwelche alten Plastikdinger quasi für die Brettsachen. Heißseite braucht ihr euch ja überhaupt keine Sorgen machen. Es geht ja wirklich nur um die Kaltseite in dem Moment. Du kannst auch staggered pitchen, das macht auch überhaupt kein Problem. Also vergärst ein Bier komplett runter und dann machst du es in einen separaten Tank, Equipment, Eimer, am besten irgendwie ein Plastikcarboy, wo halt wenig Luft oben ist an der Kante. Das ist halt besser in meinen Augen. Und dann pitchst du Brett. Dann lässt du das Ding runtervergären und dann mit einem Eimer abfüllen mit Karbonisierung oder sowas. Dann bist du wirklich so, dann kannst du sagen, ich stelle das auch woanders hin, wenn du halt ein bisschen paranoid bist und dann ist das woanders und dann kannst du damit einfach mal anfangen. Das war auch ganz lang die Methode, die Vinicius Cilurzo zum Beispiel gemacht hat. Der hat immer vorher ein Bier runtervergoren, hat es dann in einen anderen Raum gepackt und dann hat er da erst alles mögliche funky draufgemacht. Und der hat ja, also ich meine einen Freund von Cantillion und macht auch ganz gute Sachen und so. Das ist schon, also das hat Hand und Fuß, wenn man das so macht. Das kann man auf jeden Fall so machen. Du kannst auch, also zum Beispiel, der Dominik hatte eher Angst vor Milchsäuren als vor Brett quasi, weil da kannst du halt auch, da kannst du dir ganz schön den Sud verhauen. Und wenn du das hast, dann kannst du auch Kettel sauern. Also wir haben auch eine Kettel sauerweise gemacht, weil ob du jetzt quasi die Milchsäure vorher herstellst oder danach, ist jetzt, sag ich mal, nicht so massiv unterschiedlich. Klar, du hast nochmal so einen Nährstoffaustausch zwischen Brett und Lacto, den gibt’s. Die machen noch Sachen miteinander, aber grundsätzlich dieselben Äste entstehen schon auch. Jetzt nochmal kurz zu der Steuerung von den Geschmäckern. Da wollte ich nochmal kurz drauf eingehen. Also du hast in meinen Augen, Funk und nicht-Funk sind zwei Dinge. Also wie du die steuern kannst, ist zum einen quasi den Hefestamm auszuwählen, der halt nicht so funky ist. Wenn du grundsätzlich quasi so ein Berliner weißes Brett ist halt nicht so funky wie jetzt so eine Orval. Der andere Punkt ist Hopfengabe. Je weniger Hopfen, desto weniger funky, in meinen Augen. Dann gibt’s auch einfach einen Unterschied zwischen amerikanischen und nicht amerikanischen Hopfen, weil wenn du traditionelle Hopfen nimmst, die sind angenehmer vom Funk, den sie erzeugen, als amerikanische Hopfen. Die werden teilweise penetrant, können aber auch ganz schöne Überraschungen sein. Das ist ein anderes Thema. Also der Fabian von den Berlinern Hobbybrauern, der macht teilweise richtig krasse Sachen mit Ami-Hopfen und Brett, aber das ist nochmal so ein bisschen eine andere Schiene. Aber das ist halt unberechenbarer. Da kann dir echt ein ganz schöner Stinker teilweise bei rumkommen. Ja, und dann halt eben sauer, nicht-sauer ist halt auch nochmal ein großer Unterschied, finde ich. Also du gehst halt bei nicht-sauer häufig eigentlich auch eher eigentlich auf den Funk zu quasi. Weil du es halt willst, eine Saison mit einem Brett oder so, da willst du halt sowas wie ein Orval. Weil halt da auch einfach nicht so viele Ester erzeugt werden wie beim Sauerbier. Weil Sauerbier wird immer zwangsläufig viel mehr Ester sein. Und immer fruchtiger sein als eine Saison mit Brett.
Bier des Monats
Paul Und damit sind wir wahrscheinlich noch lange nicht am Ende des Themas, aber auf jeden Fall am Ende der Folge. Und bevor wir Feierabend machen, gibt es natürlich noch… Das Bier des Monats Benedikt, du darfst gern anfangen, wenn du irgendwas so auf Lager hast, wo du sagst, das kannst du empfehlen. Darf natürlich auch ein Hobbybier sein, darf auch ein selbstgebrautes sein. Hast du irgendwas, was du so in letzter Zeit getrunken hast, wo du sagst, boah, das hat mich richtig umgehauen?
Bene Ja, es war halt ein Antidot. Dominik kam mal drunter und wir haben Antidot getrunken. Das ist auch schwierig, da jetzt einfach nur einen Namen drauf zu geben, weil das ist immer so eine Amalgamation aus Bier, Cider, Wein mit bitteren Geschmacksrichtungen. Da kommt Angelika-Wurz rein, da kommt eine gewisse Grut dazu und es ist sauer und im guten Weinfass ausgebaut. Also das sind super, super spannende Aromen. Also ich habe jetzt auch wieder gerade so einen Cider gemacht mit halt eben Enzianwurzel und sowas und Rosenblüten und Hibiskus und so. Also du kannst halt da so richtig cool spielen in dieser, wie soll ich sagen, Amaro-Cocktail-Welt so ein bisschen. Das ist im Moment so ein Spielbereich, den ich sehr, sehr gerne mag.
Paul Flo, kannst du da mithalten?
Flo Also ich hatte auch ein Antidot vor ein paar Tagen, von daher ein bisschen, ja, das war auch überragend. Mein Bier des Monats oder Bier-Erlebnis, Paul, du weißt es, ich war ja bei diesem Lambic-Workshop, der vom Belgoshop ausgerichtet wurde, wo der Uli Kremer, aka H.ertie, wieder so ein bisschen zwei Tage dann ein ziemlich cooles Programm runtergerissen hat. Der Raph von Bokke, der hätte eigentlich auch da sein sollen, der war da aber nur relativ kurz zum Abendessen. Das hat aber gereicht, weil er da seine 101% Geuze-Tasting vorbeigebracht hat, was wir dann am zweiten Tag gemacht haben. Das fand ich schon mega cool. Also da muss man sich so vorstellen, am Ende hat man acht Gläser vor sich. Die ersten vier Gläser sind einjährige Lambics von unterschiedlichen Brauereien, also Lindemann, De Troch, Girardin. Und das vierte war dann schon, wenn man so möchte, unterschiedliche Würzen, die der Bocke bezieht von den gleichen Brauereien, aber halt in seinen Fässern und dann auch ein einjähriges Lambic. Und daraus wurden dann vier unterschiedliche Geuzen mit den gleichen Bestandteilen, aber zu unterschiedlichen Anteilen verblendet von ihm. Und das gab es dann und du konntest dann halt eben schön vergleichen, welcher Göse welche Basis prozentual die Überhand hatte und was das mit der Göse gemacht hat. Also sie waren alle vier sehr gut, noch relativ jung, okay, aber das ist halt, wann hast du sowas? Das war unglaublich spannend. Da nimmst du unglaublich viel mit und der Kopf beginnt gleich auch anzurattern und virtuell stellst du da dann quasi schon 20 Gärfässer daheim hin, um sowas dann irgendwann mal selber zu haben. Also das war schon mega cool, muss ich sagen.
Bene Ja, das habe ich bei meinem ersten, also bei meinem zweiten Carneval habe ich das auch gemacht. Das ist so bombastisch. Da verstehst du das erste Mal, wie Lambic Blending geht. Also wirklich so. Richtig, ja. Weil vorher denkst du dir so, ja, ja, dann machst du halt zusammen und so, und dann verstehst du, ah, nee, nee, der hat Hausgeschmack, der hat den anderen Hausgeschmack und dann weißt du, in welche Richtung du marschierst. Also so, naja, irgendwas fruchtig, also irgendwas so, ne, so IPA-mäßiges Blenden, da blendest du viel de Troch rein, weil die halt so citrus-mäßig sind, die sind so super frisch. Dann hast du halt Girardin, der halt eher so erdig und richtig bitter auch teilweise und halt kräftig ist, und die sind halt so Gegensätze, die du halt dann irgendwie anders einsetzt. Das ist ein krasses Erlebnis, ja.
Flo Schon alleine auch die Säurepalette, sage ich mal. Wie du es gerade gesagt hast, der eine hat eher so die Zitronensäure und der andere geht aber vielleicht eher in Richtung Milchsäure und schon alleine, wenn man das paired und austariert, da passieren spannende Dinge, ja. Und dann versteht man auch, ja, was so ein Steak hat, auch da leistet, ja, und dass man halt auch einfach viele Bestandteile braucht, um eine komplexe Göse hinbekommen zu können.
Bene Ja, absolut.
Flo Das wird in Erinnerung bleiben. Paul, jetzt frage ich an dich, jetzt hast du uns beide gehört, kannst du mithalten?
Paul Ich bleibe einfach mal ein bisschen, wie soll ich es nennen, ich bleibe mal ein bisschen bodenständiger. Und zwar habe ich ein Hobbybrauerbier vor zwei Wochen gekriegt. Das war nicht sauer und das hatte auch keinen Funk. Sollte es auch nicht haben, es war ein Münchner Dunkel. Und der Clou daran war, dass das mit einem wesentlichen Anteil, ich kann es jetzt nicht genau sagen, ich glaube so um die 30, 40 Prozent, aber da lehne ich mich jetzt ein bisschen aus dem Fenster, mit Malz aus grünen Linsen gebraut wurde, die selber hergestellt wurden. Oder das Malz wurde selber hergestellt. Und das war, also ich hatte erst mal, ich habe das gehört und dann wurde die Flasche aufgemacht und dann habe ich gesagt, okay, wie soll das jetzt schmecken? Aber er hatte sogar noch eine gestopfte Version dabei, komme ich gleich zu. Und das war wirklich abgefahren, weil der Geruch war, ich dachte jetzt kommt mir irgendwie so ein DMS entgegen oder jetzt kriege ich hier so ein Gemüsebeet angeboten. Aber es war gar nicht so, sondern es war eher nussig, es war brotig. Es hat perfekt in dieses Münchner Dunkel gepasst. Also das hat mich echt erstaunt. Nur schon vom Riechen war es, als wenn die Aromen von so einem harmlosen und gut gemachten Münchner Dunkel noch mal unterstützt werden. Und auch die Drinkability war richtig, richtig cool. Also das hat richtig Spaß gemacht, mal davon abgesehen, dass das Münchner Dunkel an sich natürlich auch gut war. Also wenn die Basis da nicht passt, dann kannst du Linsen reinschmeißen, wie du willst. Aber das war richtig cool. Und dann, was ich mir überhaupt nicht vorstellen konnte, hat er das Ding noch gestopft mitgebracht. Und ich bin mir jetzt nicht mehr hundertprozentig sicher, was es für ein Hopfen war. Aber es war dann noch mal so mit vier, fünf Gramm pro Liter gestopft, wo ich auch gedacht habe, wie soll das jetzt noch funktionieren dazu. Und auch das hat wieder wunderbar gepasst. Und Flo, bei dir hat der Kopf da gearbeitet, natürlich in ganz anderen Dimensionen, aber bei mir auch wieder. Nicht unbedingt, was das Selberherstellen oder das Selbermälzen oder so angeht, aber diese Aromenpalette und diese Kombinationsmöglichkeiten, die sich dann bei so klassischen Bierstilen immer noch ergeben. Das ist wirklich, wirklich abgefahren. Und da habe ich auch wieder gesehen, uns Hobbybrauer, denen fällt halt immer noch irgendwas ein, was man irgendwie noch on top bringen kann. Immer noch so ein Sahnehäubchen und noch die Kirsche drauf und noch ein i-Tüpfelchen, so ungefähr. Wirklich spannendes Bier gewesen. Ist vom Matthias Pflug aus Wiesbaden, Brauamt Moosbach, so sagt ihr was.
Flo Ja, ich hatte schon vermutet, ja.
Paul Eigentlich absoluter Belgien-Fan. Und ich habe für dich auf jeden Fall ein Fläschchen rausgeholt. Du wirst demnächst ein kleines Paket kriegen. Und da ist auch mindestens mal die normale, sage ich mal, die normale Version wird mit drin sein.
Flo Mega cool, da freue ich mich.
Paul Da kriegst du was. Der hat nämlich wieder ganz, ganz viel gebraut in letzter Zeit und wartet ja immer ganz, ganz geduldig seine Reifezeiten ab, bevor er die Biere rausgibt. Deswegen musst du dich noch ein bisschen gedulden. Aber dann geht es los. Ja, genau. Das war mein Bier des Monats, definitiv.
Flo Ja, mega cool. Also das kann der auf jeden Fall mithalten. Das ist echt richtig cool.
Bene Ich finde es auch spannend. Also dieses selber mälzen, selber rösten und sowas. Es gibt noch mal so viele Möglichkeiten. Also da, ich glaube, da kommen wir gar nicht dahinter häufig, weil das ist halt so viel Aufwand.
Paul Ja, seid gespannt. Und du, Bene, gerne auch. Wir haben da was in der Pipeline, eine Folge. Sehr gut, sehr gut. Zum selber mälzen, genau. Aber bevor wir uns jetzt hier wirklich endgültig verquatschen, dann machen wir einen Sack zu. Bene, vielen, vielen Dank für diese coole Folge, für diese ganzen Einblicke. Danke, dass du unser Gast warst. Und ich glaube, da konnten ganz, ganz viele, die sich schon mit dem Thema beschäftigt haben, heute noch einiges lernen. Und die, die es sich noch nicht reingetraut haben, trauen sich vielleicht jetzt umso mehr daran, dann doch mal in die Brettrichtung anzubieten. Flo, dir wäre es ja auch eine Herzensangelegenheit, wenn wir da draußen noch ein paar Leute fangen.
Flo Ja, auf jeden Fall. Ich hoffe, dass die Folge einen Beitrag dazu liefert. Ja, auch Bene, danke von meiner Seite nochmal. War richtig cool. Cooler Rundumschlag um das ganze Thema. Und wir hatten es ja angeteasert, wo der ein oder andere gedacht hatte, oh, jetzt machen die eine zweite Staffel über IPA. Da ist doch alles schon 35 Mal gesagt. Ich glaube, wir haben heute erneut bewiesen, dass man da durchaus ein bisschen Geschick, ein bisschen auch Sachen out of the box da mit ins Spiel bringen kann, die irgendwie was damit zu tun haben, aber eine andere Dimension hinzufügen.
Bene Auf jeden Fall.
Flo War wieder richtig cool.
Bene Da möchte ich auch noch eine Sache sagen. Also ich habe noch nie Pliny the Elder getrunken, aber ich habe vom H.ertie den Pliny the Elder Geuzeblend getrunken. Und das war das krasseste Bier ever. Also wenn wir schon bei IPA sind. The King of IPA ist aber Hertie-Style. Krasse Nummer.
Paul Perfekter Abschluss in diesem Sinne. Macht’s gut. Bis zur nächsten Folge.
Bene Ciao, ciao.
Literaturverzeichnis
[1] Tyrawa, C. Demystifying Brettanomyces in Beer. YouTube, https://www.youtube.com/watch?v=IudVmYyWXss.
[2] Brett Science Update | Summer Webinar Series #3. YouTube, https://www.youtube.com/watch?v=NyGbnDMDn0Q&t=3136s.
[3] Oro, L., et al. „Occurrence of Brettanomyces bruxellensis on Grape Berries and in Related Winemaking Cellar.“ PubMed, 2019, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30899251/.
[4] Where do the Wild Brettanomyces Roam?. Sui Generis Brewing, 2022, https://suigenerisbrewing.com/index.php/2022/07/07/where-do-wild-brettanomyces-live/.
[5] Cibrario, A., et al. „Brettanomyces bruxellensis Wine Isolates Show High Geographical Dispersal and Long Persistence in Cellars.“ PubMed, 2019, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31851678/.
[6] Colomer, M., et al. „Assessing Population Diversity of Brettanomyces Yeast Species and Identification of Strains for Brewing Applications.“ Frontiers in Microbiology, 2020, https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fmicb.2020.00637/full.
[7] Guinard, M., American Sour Beers: Innovative Techniques for Mixed Fermentations. Brewers Publications, 2014. ISBN: 978-1938469114.
[8] The Guinness Yeast. Masters Brewers Podcast, Folge 187, https://www.masterbrewerspodcast.com/187.
[9] Yakobsen, C. Brett Project. Brettanomyces Blog, https://brettanomyces.wordpress.com/.
[10] Escarpment Labs. Elysium, https://escarpmentlabs.com/products/elysium.
[11] Escarpment Labs. Thiol Libre, https://escarpmentlabs.com/products/thiol-libre.
[12] Escarpment Labs. Terps, https://escarpmentlabs.com/products/terps.
[13] Brettanomyces – Milk the Funk Wiki. https://www.milkthefunk.com/wiki/Brettanomyces.
[14] Gallone, B., et al. „New Genome Assemblies Reveal Patterns of Domestication and Adaptation Across Brettanomyces (Dekkera) Species.“ BMC Genomics, 2020, https://bmcgenomics.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12864-020-6595-z.
[15] Brettanomyces Misconceptions. Red Rock Brewing Blog, 2018, https://redrockbrewing.com/craftybeergirls/2018/07/09/brettanomyces-misconceptions/.
[16] Steensels, J., et al. „Brettanomyces Yeasts—From Spoilage Organisms to Valuable Contributors to Industrial Fermentations.“ PubMed, 2015, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25916511/.
[17] Escarpment Labs. „How to Choose a Brett Strain for Beer.“ Escarpment Labs Blog, https://escarpmentlabs.com/blogs/resources/how-to-choose-a-brett-strain-for-beer.
[18] Janish, S. „Geraniol-Reiche Hopfen.“ Scott Janish Blog, https://scottjanish.com/hop-oils-and-acid-rankings/.
[19] Veresterung in Sauerbieren. Sour Beer Blog, https://www.sourbeerblog.com/understanding-esterification/.
[20] Smith, J., et al. „Identification of a Second PAD1 in Brettanomyces bruxellensis LAMAP2480.“ SpringerLink, 2016, https://link.springer.com/article/10.1007/s10482-016-0793-3.
[21] Pattinson, R. „When was Brettanomyces Discovered?“ Barclay Perkins Blog, 2013, http://barclayperkins.blogspot.com/2013/06/when-was-brettanomyces-discovererd.html.
[22] O’Sullivan, M. G., & Morrissey, R. F. „Beverage Spoilage Yeast Detection Methods and Control Technologies: A Review of Brettanomyces.“ ScienceDirect, https://www.sciencedirect.com/topics/agricultural-and-biological-sciences/brettanomyces. ery
[22] TAP1 Helle Weisse – Schneider Weisse (schneider-weisse.de)
Hinterlasse einen Kommentar